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Inselzauber

Inselzauber

Titel: Inselzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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sein, schließlich bin ich froh, dass wir uns wieder vertragen haben und ich Nele überreden konnte, den Verlagstermin in Hamburg wahrzunehmen. Am Abend des »Friedensangebots« ist sie noch mit zu mir gekommen, und wir haben uns ausgesprochen. Dank des Gesprächs mit Birgit Stade konnte ich Nele schnell klarmachen, dass ich ihren Ärger verstehe. Sie selbst war wiederum im Laufe des Tages zu der Einsicht gekommen, dass ich zwar in der Wahl meiner Mittel nicht unbedingt feinfühlig gewesen war, dass aber letztlich allein die Tatsache zählte, dass ich ihr eine Freude hatte machen wollen.
    Um 11.00 Uhr erreicht unser Zug Hamburg-Altona, und nach der Ankunft setzen wir uns in ein Taxi. Zuerst liefere ich Nele mitsamt ihrer riesigen Zeichenmappe beim Sternenreiter Verlag ab, der sich in Bahnhofsnähe befindet.
    Hoffentlich läuft alles gut, denke ich, während ich meiner Freundin Glück wünsche und ihr zum Abschied zuwinke. Dann nimmt der Wagen Kurs auf das Tropenkrankenhaus in St. Pauli. Dank Vero weiß ich, wohin ich zu gehen habe, und muss mich gar nicht erst lange an der Pförtnerloge aufhalten. Im vierten Stock werde ich von dem typischen beißenden Krankenhausgeruch eingeholt und hoffe, dass Bea nicht mehr allzu lange hierbleiben muss.
    »Da bist du ja, mein Liebling«, höre ich auch schon die dünne Stimme meiner Tante, die tief aus den weißen Kissen zu kommen scheint.
    Als ich sie zwischen den Daunen entdecke, bin ich erschrocken zu sehen, was die Krankheit mit ihr gemacht hat. Sie wirkt schmal und abgezehrt, und unter ihrer Sonnenbräune schimmert ein ungesunder grau-olivenfarbener Ton, der eindeutig davon zeugt, dass es meiner Tante wirklich nicht gutgeht. Ihre Augen haben jeglichen Glanz verloren, und es zerreißt mir das Herz, mit anzusehen, wie hilflos sie an irgendwelchen Kanülen und Schläuchen hängt – offensichtlich bekommt sie Infusionen.
    »Hallo, Bea«, sage ich so gutgelaunt es eben geht und streichle ihr übers Gesicht. »Was machst du denn für Sachen?«, frage ich, während ich Vero zunicke.
    Nach den Schatten unter ihren Augen, der zerknitterten Kleidung und dem Dutt, aus dem mehrere wirre Haarsträhnen hervorlugen, zu urteilen, hat sie die meiste Zeit an Beas Seite verbracht. Ich schließe Vero in die Arme und gebe ihr einen Kuss auf die Wange.
    »Danke, dass du die ganze Zeit bei ihr warst«, flüstere ich ihr ins Ohr, in der Hoffnung, dass Bea es nicht hört.
    »Schon gut, mein Kind, das ist doch selbstverständlich«, antwortet sie, und damit wenden wir beide uns wieder der Patientin zu, die uns aufmerksam mustert.
    »Na, na, nun tut mal nicht so, als ob ich gleich sterben müsste«, sagt Bea, wobei sie sich verschluckt.
    Sofort ist Vero an ihrer Seite und reicht ihr ein Glas Wasser – die beiden sind ein eingespieltes Team! Ich ziehe den zweiten Besucherstuhl ans Bett und schaue meine Tante an. Wie gut es tut, sie zu sehen! Und wie froh ich bin, dass sie wieder hier ist, auch wenn sie das Schlimmste offenbar immer noch nicht überstanden hat.
    »Wie lange wollen die Ärzte dich denn hier noch festhalten?«, erkundige ich mich. »Du kannst es sicher kaum erwarten, aus dem Bett zu hüpfen und in deine heißgeliebte Bücherkoje zu kommen, oder?«
    Bei der Erwähnung der Buchhandlung wechseln die beiden Freundinnen bedeutungsvolle Blicke.
    Ich bin irritiert. »Ihr guckt beide so geheimnisvoll. Gibt es irgendetwas, was ich wissen müsste?«, frage ich unsicher und sehe Vero eindringlich an. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, ist Geheimniskrämerei! Steht es etwa schlechter um meine Tante, als die beiden mir sagen wollen?
    »Mit dem Aufstehen und der Bücherkoje wird es so schnell nichts«, klärt Bea mich auf und sieht mich traurig an. Bei diesen Worten rutscht mir das Herz eine Etage tiefer, und ich habe Angst davor, was meine Tante mir jetzt sagen wird. »Die Ärzte wollen mich noch ungefähr zwei Wochen zur Beobachtung hierbehalten, weil sie immer noch nicht genau wissen, um welche Art Infektion und um welchen Erreger es sich genau handelt. Aber auch nach meiner Entlassung wird es noch eine Weile dauern, bis ich wieder stehen und laufen kann. Der blöde Egel hat sich tief in mein rechtes Bein gegraben, und bevor die Wunde nicht komplett verheilt ist, brauche ich gar nicht darüber nachzudenken, den ganzen Tag in der Buchhandlung zu stehen.«
    Beunruhigt von dieser Information, starre ich auf die kalte, kahle Krankenzimmerwand, die lediglich ein kleiner, leicht vergilbter Druck

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