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Inshallah - Worte im Sand - Roman

Inshallah - Worte im Sand - Roman

Titel: Inshallah - Worte im Sand - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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gehen mochte. Ich wollte nicht, dass an diesem Tag, von dem ich so lange geträumthatte, etwas schief lief. Baba hielt das Lenkrad so fest, dass seine Hände bebten.
    Die Holperpiste führte uns in Niederungen, wo die Bewohner Farahs alles abgeladen zu haben schienen, was sie nicht mehr brauchten oder verbrennen konnten. Überall summten Fliegen und trotz der Hitze schloss Baba die Belüftung, denn der Fäulnisgestank war unerträglich. »Falls die Basis wirklich hier draußen ist, sollten sich die Amerikaner nach einem neuen Standort umsehen«, murmelte er.
    Wir kamen an Feldern mit Backsteinresten und Bergen von Metallschrott vorbei. Scherben glitzerten in der Sonne. Die Gegend war so einsam und bedrückend, dass ich an diesem wunderbaren Tag von einer ganz unangebrachten Traurigkeit erfüllt wurde.
    Dann ging es einen Hügel hinauf. Der Motor des Toyotas heulte, und als wir die Kuppe erreichten, entdeckten wir die große Basis in der Ferne.
    »Na, endlich«, sagte Baba.
    Die amerikanische Basis war im Quadrat angelegt. Ihre weißen Wälle waren höher als unsere Grundstücksmauer. An jeder Ecke stand ein Wachturm und in der Mitte eines Walls befand sich ein großes rotes Tor. Beim Näherkommen erkannten wir, dass man die Basis in einigem Abstand mit Stacheldraht umzäunt hatte. Gleich dahinter hatten die Amerikaner einen tiefen Graben ausgehoben.
    »Sieh mal, Baba«, zeigte ich ihm. »Die afghanische und die amerikanische Flagge.« Es war bestimmt ein gutes Zeichen, dass die zwei Flaggen in der Basis nebeneinander an hohen Masten wehten. Mir wurde wieder etwas leichter ums Herz.
    »Sei still, Zulaikha. Wir müssen jetzt ernst bleiben.« Baba verengte die Augen, als er auf den zum Tor führenden Weg abbog. »Du schweigst jetzt und tust, was ich sage.«
    »Bale, Baba.«
    Wir fuhren am Klingendrahtzaun vorbei und erreichten ein Tor, vor dem uns afghanische Wächter in grauen Uniformen anhielten. Einer trat an Babas Fenster.
    »Salaam. Wie kann ich helfen?« Der Wächter hatte einen starken Paschtunenakzent, war nicht viel älter als Najib und trug ein Gewehr über der Schulter.
    »Wir …« Baba versagte fast die Stimme. Er leckte seine trockenen Lippen und begann von vorn: »Wir haben einen Termin mit der Ärztin. Sie war in An Daral und hat gesagt, sie könne meiner Tochter helfen.« Ich wandte mich ab, als der Wächter mich betrachten wollte. »Hajji Abdullah, der Ingenieur, hat gestern mit den Amerikanern über die Sache geredet«, fügte Baba hastig hinzu.
    Der Wächter nickte lächelnd und richtete sich auf. Er zückte ein kleines Funkgerät. »Dolmetscher, Dolmetscher. Hier spricht der Vorposten.«
    Nach einem kurzen Knistern antwortete ein Mann: »Bitte sprechen Sie.«
    Der Wächter schilderte unser Anliegen.
    »Warten Sie kurz. Ich frage nach«, lautete die Antwort.
    Der Wächter mit dem Funkgerät winkte einen Kameraden zu sich. Dann bückte er sich wieder zu meinem Vater. »Sie dürfen sicher hinein, aber Ihr Auto muss hierbleiben.«
    Baba sah mit großen Augen zur Basis.
    Der Wächter mit dem Funkgerät lachte. »Ja, der Weg ist weit. Tut mir leid, aber ich habe meine Anweisungen.«
    Baba parkte den Toyota und wir stiegen aus. Dann warteten wir eine Weile in der heißen Sonne. Baba sah zum Mann mit dem Funkgerät, der nur mit den Schultern zuckte.
    Endlich meldete sich jemand. »Sie sollen kommen. Sagen Sie ihnen, dass die Ärztin unterwegs ist«, verkündete der Mann am anderen Ende der Verbindung. »Und dass sich die Amerikaner sehr über den Besuch freuen.«
    »Bale«, erwiderte der Wächter mit dem Funkgerät.
    »Ich habe verstanden«, sagte Baba.
    Der Wächter lachte leise und bat einen Kameraden, die Stacheldrahtsperre zu entfernen. Dann winkte er uns hinein. »Willkommen im Lager Farah.«
    Der Weg zur Basis führte durch eine lange, schmale Gasse, die auf beiden Seiten von Klingendraht gesäumt war. Als der Wind auffrischte, bedeckte ich mein Gesicht und kniff zum Schutz vor dem Sand die Augen zusammen.
    Mein Vater seufzte, dann leckte er sich die Lippen. »Bleib dicht bei mir. Und rede nur, wenn ich dich darum bitte.« Ich hätte ihm gern gesagt, dass mir der Fußmarsch nichts ausmachte und dass alles in Ordnung war. Um ein normales Gesicht zu bekommen, wäre ich sogar zu Fuß von An Daral bis hierher gelaufen.
    Da verhakte sich mein Tschador im Draht und wurde mir vom Kopf gerissen. Baba wollte helfen, aber ich kam ihm zuvor. Leider zog ich so kräftig, dass mein liebstes Tuch kaputtging. Von

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