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Inshallah - Worte im Sand - Roman

Inshallah - Worte im Sand - Roman

Titel: Inshallah - Worte im Sand - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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nur zu mir: »Du wirst wunderschön sein.«
    Wäre dieser Moment doch nie zu Ende gegangen.

Als ich nach einer schlaflosen Nacht aufstand, lag die längste Woche meines Lebens endlich hinter mir. Nachdem sich alle verabschiedet und mir gute Wünsche mit auf den Weg gegeben hatten – sogar Malehkah –, fuhren Baba und ich im weißen Toyota nach Farah. Es war nicht nur das erste Mal, dass ich An Daral verließ, es war auch meine erste Autofahrt. Wegen des Polstersitzes kam ich mir vor wie in einem kleinen Wohnzimmer. Während der Fahrt auf der holperigen Straße hielt ich das Bündel mit Naan, das Malehkah mir vor der Abfahrt gegeben hatte, klammerte mich an den Haltegriff und versuchte, mich gegen die Schlaglöcher zu wappnen. Die Vibrationen des Motors waren deutlich zu spüren.
    Baba lächelte mich an. »Keine Sorge. Wenn wir in der Wüste sind, wird die Straße besser. Dann zeige ich dir, wie schnell der Toyota deines Vaters fahren kann!« Er schlug mitten auf das Lenkrad und die Hupe ertönte. »Gib deinem Baba etwas Naan. Dieses Abenteuer macht mich schon jetzt hungrig.«
    Ich wollte ihm ein Stück reichen, aber er schüttelte den Kopf. Dann knurrte er gespielt grimmig, beugte sich vor und biss in den großen Fladen, den ich ihm entreißen musste. Lachend sagte er mit vollem Mund: »Tashakor.«
    »Gern geschehen«, erwiderte ich kichernd.
    Im offenen Gelände, das wir nach kurzer Zeit erreichten, wurde die Straße tatsächlich besser. Die Welt jenseits der Berge, die An Daral umgaben, hatte ich noch nie gesehen. Kahles, graues Land, so weit das Auge reichte. Baba-jan gab Gas und summte eine alte Melodie. Er blickte mich kurz an und wandte sich wieder ab. Dann sah er mich noch einmal an. Er holte tief Luft, presste die Lippen zusammen und atmete durch die Nase aus. Schließlich sagte er: »Wir werden zwar diese Amerikanerin ertragen müssen, aber ich bin froh, dass sich die Möglichkeit zu dieser Operation bietet, Zulaikha. Du …« Er verstummte und kratzte Dreck vom Lenkrad. »Du siehst deiner Mutter noch ähnlicher als Zeynab. Nach der Operation wirst du ihr wie aus dem Gesicht geschnitten sein. Du bist eine gute Tochter. Ich werde immer für dich sorgen. Hab keine Angst.«
    Ich hatte meine Furcht bisher unterdrückt, aber vor Baba-jan konnte ich sie nicht verbergen. Hoffentlich wusste er auch, wie glücklich seine Worte mich machten.
    Ich betrachtete durch das Fenster die Hügellandschaft. Das ständige Auf und Ab lullte mich ein und meine Augenlider wurden schwer. Das Rumpeln des Autos, der weiche Sitz und die Gegenwart meines Vaters gaben mir ein sicheres Gefühl. Ich fühlte mich geborgen und müde.
    Baba-jan weckte mich, als wir Farah erreichten. Ich staunte über die vielen Läden auf beiden Seiten der Asphaltstraße, die alles Mögliche anboten – darunter auch Waren, die es in An Daral nicht gab. Wir kamen sogar an einem Buchladen vorbei. Das hätte Meena gefallen. Gemäßder Wegbeschreibung Hajji Abdullahs bogen wir nach einem Kontrollpunkt der Polizei auf die zur amerikanischen Basis führende Holperpiste ab.
    »Wir sind gleich da, Zulaikha!« Baba klatschte grinsend auf das Lenkrad. »Es dauert nicht mehr lange.«
    Ich war genauso aufgeregt. Bald würde ich wie alle anderen lächeln können. Baba bemerkte mein Grinsen. Er lachte und drückte meine Schulter.
    Aber nach einer Weile wurde er unruhig. »Wo ist denn bloß diese Basis?«, fragte er und starrte durch die Windschutzscheibe. »Wir sollten beim Kontrollpunkt hinter dem Basar links abbiegen. Hajji Abdullah hat gemeint, man könne die Basis nicht verfehlen.«
    Wir fuhren am Friedhof vorbei, der von unzähligen Steinhaufen von der Länge eines Menschen bedeckt war. Wenn es sich bei den Verstorbenen um Säuglinge oder Kinder handelte, waren die Haufen entsprechend kürzer. Dann erreichen wir ein weites, schlammiges Feld, auf dem Treibstoff aus Tanklastern in Fässer umgefüllt wurde. Man hatte Hunderte, vielleicht sogar Tausende dieser Fässer aufgestapelt. Ein Mann pumpte mit der Hand Treibstoff von einem Fass in ein anderes und rauchte dabei eine Zigarette.
    »Sieh dir den Dummkopf an.« Baba schüttelte den Kopf. »Überall Gas und Öl und er raucht. Irgendwann wird hier alles explodieren.«
    Mein Vater klang gereizt und ich faltete die Hände fest im Schoß. Baba war ein wunderbarer Mensch, aber wenn er sich aufregte, konnte er jähzornig werden. Ich bat Allah im Stillen, dass auch dieser letzte Abschnitt der Fahrt glatt über die Bühne

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