Inshallah - Worte im Sand - Roman
Familie dann von dir denken?« Malehkah stöhnte, als sie auf den Fußboden sank und sich gegen eine Toshak lehnte. »Das Essen ist fertig. Wir können uns kurz ausruhen.«
Zeynab sackte auf das kleine Sofa, das Hajji Abdullah für die heutige Feier gebracht hatte. Vor dem Spalt unter der Tür lagen feuchte Lappen, damit kein Sand hereinkam, und das Wohnzimmer war so sauber, wie es das Wetter zuließ. Draußen heulte der Wind. Dann wurde er von dem Weinen eines der Jungen übertönt.
»Schau nach, was los ist, Zulaikha. Und danach holst du die Pistazien.« Seufzend reichte sie mir die Paprikaschoten, die ich gekauft hatte. Dann wischte sie sich über die Stirn und rieb ihre geschwollenen Fußknöchel.
»Bale, Mada.«
Die Jungen saßen auf dem Fußboden des Hauptzimmers. Sie hatten alle Soldaten aufgebaut und stritten darum, wer mit welchen spielen durfte. Ich versuchte erst gar nicht, mit ihnen zu diskutieren, sondern holte das einzige Gute, das die Fahrt nach Farah gebracht hatte, aus meiner im Nebenraum stehenden Truhe. »Hier, Khalid.« Ich gab ihm eines der Spielzeugautos.
Er machte große Augen. »Toll! Echtes Metall, genauwie Babas Auto!« Khalid stellte es auf den Fußboden und schob es herum. Er ahmte mit den Lippen ein Motorengeräusch nach. Mit meinem Mund ging so etwas nicht.
»Gern geschehen«, flüsterte ich.
Habibs Unterlippe bebte, aber bevor er losheulen konnte, reichte ich auch ihm sein Auto. Er strahlte mich an und ahmte seinen Bruder nach. Gut, dass ich ihnen nicht gleich alle Geschenke gegeben hatte.
»Das hast du gut gemacht.« Zeynab war mir ins Haus gefolgt.
»Du darfst bei dieser Hitze nicht über den Hof laufen. Du ruinierst dein Make-up!«, rief ich beim Betreten der Küche. »Ich finde die Pistazien auch allein.«
Als ich mit der Schüssel in den Hauptraum zurückkehrte, nahm Zeynab mich in die Arme. »Danke, dass du so nett bist und bei allem hilfst. Ich …« Sie fächerte sich Luft zu.
Ich drückte Zeynab fest an mich. »Du bist meine Schwester. Ich würde alles für dich tun.«
Sie ergriff meine Hand. »Ich kann nicht glauben, dass ich heute die letzte Nacht zu Hause verbringe. Ich werde dich so sehr vermissen«, sagte sie. »Ich verspreche dir, dass du mich jederzeit in meinem neuen Haus besuchen kannst. Und ich werde dich hier besuchen … und … und außerdem kannst du Malehkah entkommen, wenn du mich ab und zu besuchst. Ich weiß, dass …«
Da ertönte draußen Malehkahs schrille Stimme. »Raus da, Mädchen!«
»Ich liebe dich«, flüsterte ich Zeynab ins Ohr.
Wir gingen Hand in Hand zum Wohnzimmer. Dort mussten wir uns hinsetzen. »Wir feiern heute Abend,dass morgen die Hochzeit stattfindet«, sagte Malehkah. »Aber wir müssen Zeynabs zukünftigen Verwandten vor allem zeigen, dass sie aus einer guten Familie stammt. Alles, was ihr an diesem Abend und auch morgen tut, wird etwas über euren Vater aussagen. Du wirst das Essen servieren, Zulaikha. Du darfst nur etwas sagen, wenn du gefragt wirst, und fasst dich so kurz wie möglich.« Sie wandte sich an Zeynab. »Du darfst nicht zu traurig wirken, weil sie sonst glauben könnten, dass du nicht in ihre Familie aufgenommen werden möchtest. Du solltest aber auch nicht zu glücklich wirken, weil du sonst den Anschein erwecken könntest, undankbar zu sein und uns zu hassen. Später werden wir singen und tanzen, aber ihr beiden macht nicht mit.« Zeynab und ich nickten wie üblich, um der Frau unseres Vaters unsere Zustimmung zu zeigen. »Und noch eines …« Da hörten wir draußen fröhliche, kichernde Stimmen. Im nächsten Moment wurde gegen die Hoftür gepocht.
Zeynab japste. Sie riss die Augen weit auf und erhob sich. Ich sprang auf und half Malehkah auf die Beine. »Vergiss nicht«, sagte sie zu Zeynab, als sie schließlich stand. »Setz dich auf das Sofa und sei nett und freundlich.« Dann seufzte sie, zog ihr Kleid gerade und murmelte: »Bringen wir die Sache hinter uns.«
Meine Schwester nickte und leckte sich über die Lippen. Plötzlich fiel ihr der dicke, rote Lippenstift ein. Sie atmete einmal tief ein und wieder aus. Dann nickte sie Malehkah zu, die mir befahl, den Gästen zu öffnen. Ich trat aus dem Wohnzimmer in den schmalen Gang, der Besuchern, die hier eintraten, den Blick auf das restliche Grundstück verwehrte.
Schon wurde noch einmal an die Tür geklopft und eine Frau rief: »Salaaaaaaam.«
Ich glättete Haare und Kleid, dann entriegelte ich die Tür und zog sie auf. Ein Dutzend Frauen, alle mit
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