Inshallah - Worte im Sand - Roman
Zulaikha. Wie kann ich in eine solche Familie einheiraten?«
Ich wünschte, sie müsste es nicht tun. Ich wünschte, alles könnte beim Alten bleiben.
Ich wischte Zeynab Tränen von den Wangen. »Jeder Sieg entspringt der Geduld; sie ist das Zeichen für Gottes Huld«, sagte ich.
Zeynab rang sich ein schwaches Lächeln ab. »Das hat Mada-jan immer gesagt.«
»Ja. Und sie hatte recht. Vielleicht sollten wir besser das Obst und die Süßigkeiten holen, wieder ins Wohnzimmer gehen und wie Malehkah sein.«
Zeynab lachte leise. »Immer stinksauer, meinst du?«
Ich umarmte sie. »Nein. Lächelnd und zuckersüß. Wir sollten ihnen weismachen, dass wir sie mögen. Dann sind sie vielleicht etwas netter.«
»Ich werde es versuchen.« Zeynab holte tief Luft.
Wir trugen alles so leise wie möglich aus der Küche, damit Khalid und Habib nicht aufwachten. Dann gingen wir zurück, um die Feier meiner Schwester zu retten.
Als wir eintraten, wurde gerade laut gelacht. Gulzoma erzählte lebhaft weiter. Sie klatschte in die Hände und kugelte fast auf ihrem Platz. »Plötzlich stand alles Kopf. Amerikanische Jets schossen am Himmel dahin und bombardierten alles.« Sie spreizte die Finger und ließ eine Hand wie ein Flugzeug durch die Luft sausen. »Die Taliban waren auf der Flucht. Und ob ihr es glaubt oder nicht: Dieser kleine Kerl, dieser junge Taliban, kam wieder angekrochen und bat meinen Mann um Arbeit.« Sie lachte so schallend und tief, dass ihr ganzer Körper bebte. Die anderen Frauen schüttelten den Kopf. »Oh, ja … es ist wahr!«, rief sie zwischen ihren Lachsalven. »Er bat meinen Mann, beim Bau der amerikanischen Basis in Farah helfen zu dürfen. Ah, sehr schön. Bananen!«
Zeynab setzte sich wieder auf das Sofa und ich stellte Obst und Süßigkeiten vor den anderen auf das Tuch, wobei ich darauf achtete, das Gulzoma das beste Obst vor der Nase hatte.
»Was hat Hajji Abdullah zu ihm gesagt?«, fragte Malehkah.
Gulzoma riss die Hände hoch und ließ eine Bananenschale durch die Luft fliegen. »Ihr denkt sicher, dass mein Mann den kleinen Taliban in die Wüste geschickt hätte. Aber er ist viel gerissener. Er hat ihn angestellt, damit er mittags das Essen an die anderen Arbeiter austeilt.« Sie verstummte, legte die Hände in den Schoß und ließ ihren Blick durch das Zimmer schweifen. Dann stieß sie hervor: »Am Ende hat er den Taliban bei den Amerikanern angeschwärzt, die ihn zum Verhör mitgenommen haben.«
»Wa-wa! Gulzoma!«, rief Jamila.
Als sich die dicke Dame umsah und Beifall, Klatschen und Lachen genussvoll zur Kenntnis nahm, schien ihr Lächeln endlich echt zu sein. »Als die Amerikaner ihn holten, hat er gezittert und fast geheult.«
»Ein weinender Mann, Großmutter?«, fragte ein kleines Mädchen.
»Die Taliban waren keine Männer.« Gulzoma beugte sich vor, ihre Stimme wurde leiser. »Mein Mann hat erzählt, dass er den Taliban nie wiedergesehen hat.«
»Dann ist mein Bruder Hajji Abdullah ein Held!«, rief Jamila.
Ich mochte das Gerede über die Taliban nicht. Ich glättete den Daster Khan und stellte ein paar Schüsseln richtig hin.
»Was ist denn, Zulaikha? Hat dir meine Geschichte nicht gefallen?«, fragte Gulzoma.
Malehkah lächelte, aber ihr Blick war immer noch kalt. Ich musste die passende Antwort geben. Ich sah meine Schwester an, die ihr Kleid im Schoß raffte.
»Er hat stellvertretend für meinen Vater mit den Amerikanern gesprochen. Wegen meiner Operation.« Ich war überrascht, dass ich laut gesprochen hatte. Ich riskierte einen Blick auf Malehkah, die mich anstarrte, und ballte die Fäuste. Wenn ich jetzt alles noch schlimmer machte, würde Malehkah mich nach der Hochzeit zu ewig langer Putzerei verdonnern.
Niemand sprach und Gulzoma glotzte mich an. »Was hast du da gesagt, Zulaikha?«
Ich schluckte und bedeckte meinen Mund. Ich musste weiterreden. »Jamila-jan hat gesagt, Hajji Abdullah sei ein Held. Das finde ich auch. Ich bin ihm sehr dankbar, denn er hat sich bei den Amerikanern für mich eingesetzt. Ihr Hubschrauber konnte nicht nach Farah fliegen und wegen der Hochzeit blieb keine Zeit für die Reise nach Kandahar zum Arzt. Aber sie hätten ihn …«, ich wedelte mit einer Hand vor meinem Mund, »… fast operiert. Und dafür schulde ich Hajji Abdullah ebenso viel Dank wie den Amerikanern.« Alle starrten mich schweigend an. Ich hatte sicher zu viel geredet. Ich blinzelte und hielt die heißen Tränen der Scham zurück. »Bitte bestell ihm meinen Dank.« Als die
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