Inshallah - Worte im Sand - Roman
Chance, endlich normal auszusehen, irgendwann eine glückliche Braut zu sein und meinen Ehemann im Spiegel anzulächeln, wie es meine Schwester bei ihrer Hochzeit getan hatte.
Mein Traum schien in Erfüllung zu gehen.
Schließlich kehrte Captain Mindy mit Shiaraqa zurück. »Sie sagt, dass der Arzt bereit ist.«
Ich folgte ihnen durch den Flur. Mein Bruder berührte mich von hinten sanft an der linken Schulter. Ich drehte mich zu ihm um. Er beugte sich zu mir hinab und flüsterte: »Ich werde für dich beten, Zulaikha. Du bist eine gute Schwester.« Dann drückte er meine Schulter.
Captain Mindy ergriff meine rechte Hand. Sie lächelte mich an. »Du brauchst keine Angst zu haben.« Shiaraqa übersetzte; in seinem Dari klang ihre Herzlichkeit durch. »Du wirst nichts spüren und wenn du erwachst, werden wir alle bei dir sein.«
Ich betrat einen kühlen Raum. In der Mitte stand ein Tisch mit vielen Lampen darüber. Doktor Amura trug eine grüne Uniform, an seinem Hals hing eine kleine Maske.
Ich wurde gebeten, mich hinter einem Vorhang auszuziehen und ein komisches Kleid anzulegen, das hinten zugebunden wurde. Ich achtete darauf, dass niemand meinen Rücken sehen konnte. Captain Mindy schien zu ahnen, was mich beunruhigte, denn sie drückte das Kleid hinten zu, während ich mich auf den Tisch legte. Ich fror, hatte Angst und kam mir in diesem Stofffetzen lächerlich vor. Aber wenn das der Preis dafür war, dass die Amerikaner meinen Mund richteten, würde ich es ertragen.
Ich sah mich nach Najib um, der hinten im Raum neben Shiaraqa stand. Eine Amerikanerin, die die gleicheblau-grüne Kleidung wie der Arzt trug, drückte mich sanft auf den Tisch. Shiaraqa sagte, ich sollte tief durchatmen, mich hinlegen und entspannen. Glaubten sie wirklich, dass ich mich jetzt entspannen konnte?
Danach ging alles sehr schnell. Man tupfte eine Stelle auf meinem Arm mit einem kalten, feuchten Tuch ab. Shiaraqa kündigte einen kleinen Stich an und ich japste, als man mir eine Nadel in den Arm stach. Captain Mindy sagte etwas auf Englisch. Ich verstand sie nicht, aber ihre Worte klangen beruhigend. Sie atmete langsam ein und aus und ich folgte ihrem Beispiel.
Man legte mir eine Plastikmaske auf das Gesicht. Shiaraqa bat mich auf Wunsch von Doktor Akamura noch einmal, tief durchzuatmen und einzuschlafen. Also atmete ich tief durch. Ich versuchte, mich zu entspannen. Wie sollte ich einschlafen? Ich war doch viel zu aufgeregt!
Der Raum hatte sich verändert. Das grelle Licht über dem Tisch war aus. Mir war nicht mehr so kalt. Die junge Amerikanerin, die neben mir gestanden hatte, war gerade gegangen.
Ich ließ meine Zunge im trockenen Mund kreisen und zuckte bei dem metallischen Geschmack zusammen. Ich spürte einen leisen Schmerz in Zähnen und Lippen. War ich schon operiert worden? Nein, das konnte nicht sein. Ich hatte mich doch gerade erst auf den Tisch gelegt. Aber die Kanüle … Sie steckte nicht mehr in meinem Arm. Und mein Mund.
Ich tastete behutsam nach meiner Oberlippe. Meine Lippe. Ich berührte sie. Kein hässlicher Spalt mehr. Keine schiefen Zähne. Meine Lippe.
»Najib?« Das Sprechen tat weh, aber er beugte sich sofort über mich und lächelte breit.
»Salaam«, sagte er und schob meine Hand sanft aus meinem Gesicht. »Wie fühlst du dich?«
»Müde.« Ich wollte mich aufrichten, aber sofort schwirrte mir der Kopf und ich ließ mich wieder sinken. »Schwindelig.« Meine Worte klangen immer noch so komisch wie früher, als ich nicht richtig hatte sprechen können. Aber auf eine andere Art.
Dann war mein Bruder weg und Captain Mindy standneben mir. Sie sagte etwas freundlich Beruhigendes auf Englisch und verschwand auch.
Schließlich stemmte ich mich auf den Unterarmen hoch. Ich ahnte dunkel, dass Zeit vergangen war.
Als Najib das sah, sprang er vom Stuhl auf und lief zu mir. »Bist du jetzt richtig wach?«
»Habe ich geschlafen?«
Er nickte. »Du bist mehrmals erwacht und gleich wieder eingeschlafen.«
Ich kniff die Augen zu und schlug sie wieder auf, um klar sehen zu können. Ich glaubte kurz, ich würde träumen. Andererseits kam mir alles sehr wirklich vor, auch das Pochen in meiner Lippe.
»Die Operation war erfolgreich.« Najib lächelte. Dann nahm er einen Spiegel von einem Tisch und gab ihn mir. »Na los, schau dich an. Du wirst es nicht glauben. Allah Akbar! Gott ist groß.«
Ich holte tief Luft und hob den Spiegel. Ich mochte kaum hinsehen. Tränen verschleierten meinen Blick. »Mein Mund
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