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Inshallah - Worte im Sand - Roman

Inshallah - Worte im Sand - Roman

Titel: Inshallah - Worte im Sand - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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ein Plastiktablett. Wir gingen durch einen langen, blitzblanken Raum mit gefliestem Fußboden und hielten vor einem Glastresen, in dem diverse warme Gerichte standen. Ich kannte keines davon. Mein Magen knurrte vor Hunger und Nervosität.
    Shiaraqa hielt der Frau hinter dem Tresen sein Tablett hin und ließ sich etwas auftun. Dann zeigte er meinem Bruder und mir die Gerichte. »Das sind Hamburger. Sie sind aus Rindfleisch und werden zwischen zwei Brötchenhälften gelegt.« Bei dem Gericht, das sich in der nächsten großen Pfanne befand, winkte er ab. »Esst das lieber nicht. Man nennt es ›Tender Lions‹, aber es ist Schweinefleisch.« Er fuhr fort. »Die Erbsen sind gut. Das ist Kartoffelbrei. Ich nehme auch Huhn. Die Amerikaner in Farah sind versessen darauf. Es schmeckt köstlich.«
    Ich sah meinen Bruder fragend an, dann hob ich das Tablett und bat Shiaraqa, mir Huhn auftun zu lassen.Captain Mindy sagte etwas. »Sie weist darauf hin, dass es nebenan noch mehr Speisen gibt.« Shiaraqa nickte zu einem Durchgang in der Mittelwand des großen Raums. Najib zeigte auf Huhn und Kartoffeln, wobei er den Kopf gesenkt hielt, als könnte man ihm das Essen verweigern.
    Captain Mindy bat uns, ihr zu den Tischen zu folgen. Sobald wir den bogenförmigen Durchgang durchschritten hatten, blieben mein Bruder und ich wie angewurzelt stehen. Man hatte uns zwar gesagt, dass wir so viel essen durften, wie wir wollten, aber ich hatte nicht mit solchen Bergen gerechnet.
    Auf einem Tisch in der Mitte des Flurs türmte sich eine Obstpyramide. Apfelsinen, Äpfel, Melonen und Bananen, alle wunderbar reif und ohne jeden Makel oder Wurm. An den Wänden standen Körbe mit verschiedenen Brotsorten.
    Zu guter Letzt betraten wir einen großen Raum, in dem viele Amerikaner an Tischen saßen, aßen und redeten. Hoch oben in einer Ecke hing ein Fernseher, vier Mal so groß wie der in der Krankenstation. Gerade war der amerikanische Präsident zu sehen. Auf diesem Bildschirm war er überlebensgroß. Als Nächstes wurden zwei Männer eingeblendet, die an einem Tisch miteinander diskutierten. Und die ganze Zeit schnurrten am unteren Bildschirmrand Wörter und Zahlen vorbei.
    Najib tippte mir auf die Schulter und ich wandte mich von dem riesigen Bildschirm ab. Captain Mindy zeigte lächelnd auf ein weiteres Buffet. Dort liefen Amerikaner hin und her, die sich Fleisch, Tomatenscheiben, Salat und ihr komisches Brot holten.
    Erneut wies Captain Mindy einladend auf das Buffet.Ich hatte zwar schon mehr als genug auf dem Teller, wollte aber nicht undankbar sein.
    »Das ist Schinken. Auch Schweinefleisch«, sagte Shiaraqa. Er hinderte Captain Mindy daran, mir etwas davon aufzutun, und sie machte ihm Platz. »Das ist gebratenes Rindfleisch«, sagte er und legte es mit einer Plastikzange auf eine Scheibe Brot. Dann tat er mit einer zweiten Plastikzange Salat und mit einer dritten eine Tomatenscheibe hinzu. Zuletzt legte er noch eine Scheibe Brot oben darauf und grinste. »Die Amerikaner nennen das Sandwich.«
    »Sandwich«, flüsterte ich. Najib stellte sich auch eines zusammen. Dann holten wir Getränke aus einem Kühlschrank und setzten uns an einen Tisch neben einem Glastresen, der etwas enthielt, das Captain Mindy ›Pastete‹ nannte.
    Nun musste ich Mund und Zähne testen. Die anderen aßen rasch alles auf, aber ich ließ mir Zeit und nahm das Sandwich wie Captain Mindy in die Hand. Dann biss ich ein Stück ab. Ich musste vorsichtig sein, weil meine Zähne noch etwas wund waren, aber es klappte! Meine Vorderzähne trennten einen Happen ab und ich konnte kauen. Das Sandwich war kalt, aber die Zutaten passten gut zusammen. Ich versuchte, aus der Dose zu trinken, und behielt die Limonade im Mund, ohne den Kopf zurücklehnen zu müssen. Ich konnte essen und trinken wie alle anderen. Niemand starrte mich an wie früher, als ich wie ein Vogel hatte picken müssen. In diesem überfüllten Saal fiel ich niemandem auf.
    Nur Captain Mindy machte irgendwann eine Bemerkung. »Sie sagt, dass du sehr gut isst. Das freut sie«, erklärte Shiaraqa.
    Wir aßen schweigend weiter in der lauten ›Chow Hall‹ und als mein Teller leer war, war ich pappsatt. Die Limonade – nicht so süß wie unser Zam Zam, aber sprudeliger – ließ mich fast platzen.
    Schließlich sah Captain Mindy auf die Uhr und meinte, es sei Zeit zum Aufbruch. Sie führte uns durch die Doppeltür. Auf der anderen Seite standen zwei Tonnen, fast so groß wie ich, in denen große Plastiksäcke

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