Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)
dann googelte er danach: Fachbegriffe wie virtuelle Maschine, Hackermethoden wie SQL-Injection, verschiedene Angriffsvektoren und Fachterminologie aus der Programmierung. Wenn er damit nicht weiterkam, bekam er von ihnen eine kurze Zusammenfassung.
In kurzer Zeit gab es elf Unterstützer in #pure-elite, von denen er lernen konnte, plus die ursprünglichen sechs. Sabu war immer noch dafür zuständig, neue Ziele aufzuspüren, Kayla wusste alles darüber, wie man sich absicherte. AVunit und Tflow waren immer noch die Experten in Sachen Infrastruktur. Aus Sabus Sicht waren die Unterstützer nicht dazu da, um ihm etwas beizubringen – für ihn wurden sie von ihm und LulzSec ausgebildet. Sabu hielt alle in der äußeren Gruppe für Schüler, und er vertraute Topiary an, er hoffe, dies sei der Beginn einer neuen Anti-Sicherheits-Bewegung, eines neuen AntiSec. Die letzten Schlagzeilen über AntiSec hatte es zu Jahrtausendbeginn gegeben, als das Internet von ein paar Hundert fähigen Hackern aufgemischt wurde, im Gegensatz zu den Tausenden internetaffinen Leuten, die heute Anonymous bildeten.
Inzwischen hatten Kayla und die anderen nach bekannten Websites mit Sicherheitslücken gesucht und Hunderte davon gefunden. Aber in jedem Fall musste erst überprüft werden, ob sich die Sicherheitslücke ausnutzen ließ, um Zugang zum Netzwerk zu bekommen, und ob man dadurch überhaupt an interessante Informationen gelangte. All das brauchte Zeit, und oft wurden diese Aufgaben niemandem zugewiesen, sondern eben von demjenigen erledigt, der es gerade einrichten konnte. Meistens meldete sich jemand freiwillig für die Überprüfung einer Sicherheitslücke. LulzSec hatte nun eine Auswahl an größeren potenziellen Zielen, als es PBS oder Fox gewesen waren. Manche davon hatten Webadressen, die auf .mil oder .gov endeten. Die Auswahl der möglichen Ziele richtete sich nicht nach einem bestimmten Prinzip oder Thema. Wenn Hacker eine hochkarätige Organisation fanden, die vielversprechend wirkte, visierten sie sie an und suchten dann im Nachhinein nach einer Rechtfertigung. Topiary kannte Sabus Vorliebe dafür, die Bedeutung eines Zieles ein wenig aufzubauschen, und war sich daher nicht sicher, was ein Angriff auf diese Websites tatsächlich bedeutete.
Zu den neuen Unterstützern gehörten Hacker wie Neuron, ein umgänglicher Mann der Tat; Storm, der geheimnisvoll wirkte, aber sehr viel wusste; Joepie91, der bekannte und äußerst redegewandte Betreiber der Website AnonNews.net; M_nerva, ein etwas zurückhaltender, aber aufmerksamer junger Hacker; und Trollpoll, ein überzeugter Anti-White-Hat-Aktivist. In den Spitzenzeiten von LulzSec waren sowohl das Kern- als auch das Unterstützerteam einen Großteil des Tages und manchmal auch die ganze Nacht über in #pure-elite oder online. Manche waren begabte Programmierer, die nebenbei noch neue Skripte für das ganze Team schrieben. Pwnsauce arbeitete beispielsweise an einem völlig neuen Verschlüsselungsverfahren.
Am Ende hatte Topiary keinen seiner Bekannten in #pure-elite eingeladen. Kayla hatte zwar ein paar Freunde vorgeschlagen, aber Sabu war auch bei ihnen nicht bereit gewesen, sie hineinzulassen. Topiary zufolge waren etwa 90 Prozent der Hacker, die es in #pure-elite schafften, Freunde oder Bekannte von Sabu aus dem Untergrund. Der Chatroom #pure-elite war ein geheimes Kommandozentrum, zu dem man nur auf Einladung Zutritt hatte. Dennoch zog sich das Gründerteam gelegentlich in einen noch geheimeren Kernkanal zurück, um über Neuzugänge zu sprechen, über Feinde und ganz selten auch einmal über ihre Strategie.
Die Atmosphäre in #pure-elite war oft überschwenglich, wenn das Team den neuesten Angriff und die daraus folgende Aufmerksamkeit der Medien feierte. Als M_nerva den Raum betrat, schien ihm das zum ersten Mal aufzufallen. »’ne Menge Nachrichten«, sagte er am Abend des 31. Mai. Topiary zeigte ihm ein Foto von der Titelseite der Marketplace-Rubrik des Wall Street Journal . Die Titelstory trug die Überschrift »Hacker weiten Angriffe aus« und den Untertitel »Es kann fast jeden treffen«. Darunter waren das Cartoonbild der Nyan Cat, das sie auf die PBS-Webseite hochgeladen hatten, und der LulzSec-Mann mit dem Monokel abgebildet. Über dem Regenbogen, der aus dem Hintern der Katze austrat, während sie durchs Weltall flog, stand das Internetmem: »All your base are belong to LulzSec« (»Alle eure Stützpunkt sind gehören LulzSec«). Es war eine höchst surreale
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