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Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Titel: Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Parmy Olson
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auf dem AOL Instant Messenger (AIM) hatte. Viele Menschen hatten irgendwann einmal einen AIM-Account eröffnet, und so brauchte man nur den Nickname und die IP-Adresse einzugeben und erhielt einen wirklichen Namen und eine Adresse. M_nerva, so stellte sich heraus, war ein Achtzehnjähriger aus Hamilton im Bundesstaat Ohio namens Marshall Webb. Die Crew wollte diese Information aber bis auf weiteres für sich behalten.
    Sabu, selbst ein älterer Hacker, war nach diesem Verrat noch paranoider als zuvor. Topiary indessen fühlte sich in seinen Befürchtungen bestätigt. Ihm war klar gewesen, dass irgendwann jemand plaudern würde, wenn Sabu immer mehr Leute bei #pure-elite einlud, und so war es dann auch gekommen. Er ritt auf dieser Tatsache aber nicht herum. Wenn er Sabu darauf ansprach, dann ließ sich dieser nicht lange auf das Thema ein. Er hatte nichts dazu zu sagen. Stattdessen machte sich Sabu daran, die Sicherheit der erweiterten Gruppe dadurch zu erhöhen, dass er sie in vier verschiedene Chatrooms aufteilte. Es gab einen Kernkanal, dem nun fünfzehn eingeladene Teilnehmer angehörten, dann #pure-elite, dazu einen Chatroom namens upper_deck für die vertrauenswürdigsten Unterstützer, lower_deck, kitten_core und family. Abhängig von ihrer Vertrauenswürdigkeit konnten die Mitglieder innerhalb der Hierarchie aufsteigen. Neuron und Storm beispielsweise wurden nach einer Weile ins upper_deck eingeladen; von dort wurden sie nach und nach näher an den Hauptkanal der sechs Kernmitglieder von LulzSec – Sabu, Topiary, Kayla, Tflow, AVunit und Pwnsauce – herangeführt.
    Für den Druck auf die Gruppe war nicht nur das enorme Interesse der Medien verantwortlich; praktisch täglich stieß Topiary auf Hacker mit militärischen IP-Adressen, die versuchten, das IRC-Netzwerk von LulzSec und seine Nutzer zu schädigen. Schon kursierten Gerüchte, hinter LulzSec steckten dieselben Leute, die HBGary angegriffen hätten. Feindliche Hacker stellten Dateien mit Einzelheiten über jedes Mitglied ins Netz; das meiste stimmte nicht, aber manches war doch erschreckend nah an der Wahrheit. Anstatt nach möglichen Zielen zu suchen, mussten sich die Leute von LulzSec vermehrt um ihre eigene Sicherheit kümmern.
    Kayla schlug vor, eine große Kampagne der gezielten Falschinformation aufzuziehen. Dazu sollte eine Pastebin-Datei erstellt werden, aus der hervorging, dass Adrian Lamo Eigentümer der Domain LulzSec.com sei; dazu kämen dann Einzelheiten über andere Jesterfags mit der Behauptung, auch sie gehörten zu LulzSec; dann sollte das Ganze als Spam überall verteilt werden. Es war eine klassische Social-Engineering-Taktik, und manchmal hatte diese auch Erfolg. »Behaupten wir doch, dass LulzSec im Grunde die CIA ist«, schlug Trollpoll vor. Das war zwar unverschämt, aber vielen würde es einleuchten, dass die CIA für Cyberangriffe auf den Iran oder Libyen freiberufliche Hacker anheuerte, und sie würden ihre eigenen Verschwörungstheorien dazu entwickeln.
    Topiary und Kayla verfassten gemeinsam den Text »Die Kriminellen von LulzSec« eines fiktiven Sozialmanipulators namens Jux, der behauptete, er sei in den Privatkanal der Gruppe eingeladen worden. »Ich glaube, die werden von der CIA unterstützt oder sind von ihr angeheuert.« Jux behauptete außerdem, Lamo sei ein wichtiges Mitglied der Gruppe, zusammen mit einem Pakistani namens Parr0t, einem Franzosen namens Stephen und einem ungenannten Hacker aus den Niederlanden. Der Text wurde 40.000 Mal angeklickt, vom berüchtigten Hacker Kevin Mitnick als Retweet weiterverbreitet und in ein paar Techblogs als Gerücht erwähnt.
    Als dann Adrian Chen von Gawker über Twitter versuchte, Kontakt zu LulzSec aufzunehmen, um etwas über die Gruppe herauszufinden, war die Verbitterung über seine Enthüllungsgeschichte über das #HQ Log noch so frisch, dass man sich entschloss, ihn seinerseits mit einer separaten Falschinformationskampagne zu bedenken. Man lud ihn in einen neutralen IRC-Kanal ein, wo sich Sabu als übergelaufenes Ex-Mitglied der zweiten Garde von LulzSec ausgab, das etwas loswerden wollte. Die Crew gab sich große Mühe, Chen an der Nase herumzuführen, erstellte gefälschte Logs, vorgebliche Webattacken gegen die Schule der vorgeblichen Person und dazu falsche Datenarchive als Beweis für den Journalisten. Dann setzte Sabu Chen die Geschichte vor, LulzSec sei ein Werkzeug der chinesischen Regierung im Cyberkrieg gegen die Vereinigten Staaten, Kayla arbeite für Peking

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