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Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Titel: Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Parmy Olson
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schrieb er dazu noch: »Nachricht an Interpol: LECKT MICH AM ARSCH.«
    Trotzdem waren viele bei Anonymous argwöhnisch gegenüber Sabu. Warum waren alle anderen Gründer von LulzSec geschnappt worden, während der großspurige Anführer, von dem alle wussten, dass er in New York wohnte und puerto-ricanischer Abkunft war, noch immer frei herumlief? Einen starken Verdacht hegte auch der Hacker Mike »Virus« Nieves, mit dem Sabu bei LulzSec zusammengearbeitet hatte. Am 16. August, einen Tag nach Sabus zweitem Gerichtstermin, bei dem er in die Zusammenarbeit mit dem FBI eingewilligt hatte, beschuldigte Virus Sabu öffentlich als Spitzel. Der Wortwechsel entspann sich, als Sabu mit der vagen Beschuldigung an Virus herantrat, ein Freund von Virus sei ein Informant. Virus durchschaute diese Taktik sofort – viele Denunzianten in der Hackerszene verhielten sich so: Wurde man von jemandem als Spitzel verdächtigt, schwärzte man ihn selbst als Verräter an. Der lange und im weiteren Verlauf sehr feindselige Chat der beiden ereignete sich zwei Wochen nach Jake Davis’ erstem Gerichtstermin.
    »Was Topiary angeht«, schrieb Virus, »den hast du doch selbst verpfiffen. Das ist so offensichtlich, Sabu.« »Pass lieber auf dein verdammtes Mundwerk auf. Ich habe niemanden verpfiffen«, entgegnete Sabu. »Und schon gar nicht meinen eigenen Jungen.« Virus glaubte kein Wort. »Ich rieche so was sieben Meilen gegen den Wind«, schrieb er und fügte, um das Maß voll zu machen, noch an: »›AntiSec‹, das ist doch ein Witz.« »Für einen Witz stiftet es aber deutlich mehr Verwirrung als noch vor zehn Jahren«, gab Sabu zurück. »Du begreifst ja nicht einmal, wofür AntiSec eigentlich einmal stand«, meinte Virus. »Du kontrollierst keine White Hats. Bloß beschissene ausländische .govs.« »Damit hatte ich tatsächlich zu tun«, antwortete Sabu. »Ist aber ein Riesenunterschied, Mann. Ich sitze nicht bloß rum und bediene automatisierte Tools. Ich bin schon seit Mitte bis Ende der Neunziger ein erfahrener Sicherheitsexperte.« »Du bist ein zweitklassiger Black Hat, der sich hat kaufen lassen«, schoss Virus zurück. »Dein Freund bin ich die längste Zeit gewesen. Du bist mir viel zu zwielichtig, und ich bin zu alt für solche kindische Scheiße. Deine lahmarschige AntiSec-Bewegung greift doch alles Mögliche an.«
    In Wirklichkeit fiel Sabu seinen AntiSec-Anhängern nur allzu oft in den Arm, wenn sie »alles Mögliche« angreifen wollten. Dem FBI nutzte Sabus Kultstatus insofern, als es jedem Hacker nachspürte, der seinem Mentor in der Hoffnung auf einen anerkennenden Klaps auf die Schulter eine Schwachstelle im Netz präsentierte. An manchen Tagen passierte das zwei Dutzend Mal, und in jedem Fall rief Sabu das FBI auf den Plan. Bis August 2011 hatte er dem FBI in einhundertfünfzig Fällen geholfen, von Hackern aufs Korn genommene Schwachstellen im Netz auszubessern oder zumindest den Schaden einzugrenzen. Während der Folgemonate trug er dem Vernehmen nach dazu bei, dreihundert Regierungsstellen und Privatunternehmen vor möglichen Angriffen von Anonymous zu warnen und ihnen so Gelegenheit zu geben, die Schwachstellen ihrer Netzwerke zu beheben.
    Zum Ende des Streits mit Sabu bemerkte Virus ganz pragmatisch: »Offen gesagt ist es mir ziemlich egal, wenn du den Feds dabei hilfst, die Schweinerei aufzuputzen, die du selbst angerichtet hast, und deine sogenannten ›Freunde‹ hinter Gitter bringst«, meinte er. »Das ist ja nur menschlich.« »Alter!«, sagte Sabu. »Ich kann dir nur raten, so was nicht noch einmal zu sagen.« »Sonst?« »Treffen wir uns in Manhattan und klären das mal Auge in Auge.« »Ich kenne deine Taktik und passe gut auf, dass du deine Finger nicht an mein Zeug legen kannst«, antwortete Virus. »Bruder, du kennst mich ja noch schlechter als die Feds«, meinte Sabu in Anspielung an seinen Arbeitgeber. »Aber im Ernst.«
    Eine ganze Weile stritten die beiden darüber, wie verletzend das Wort Spitzel war, bis Sabu schließlich meinte: »Du redest da einen Haufen Scheiße, als hättest du persönlich was gegen mich. Ich habe dir doch vom ersten Moment, als ich dich traf, meine ganze Zuneigung gegeben.« »Deine Zuneigung kann mir gestohlen bleiben«, sagte Virus schlussendlich. »So was wie ›Zuneigung‹ gibt’s im Internet nicht.« Das war vielleicht die übergeordnete Wahrheit. Sabu mochte ein ausgezeichneter Rooter sein, der Schwächen im Netz aufspüren und ausnutzen konnte, aber seine größten

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