Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition)

Titel: Inside Anonymous: Aus dem Innenleben des globalen Cyber-Aufstands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Parmy Olson
Vom Netzwerk:
Hacker – Sup_g – zu ködern. Der Angriff hatte sich gegen Stratfor gerichtet, einen Spionagedienstleister in Austin, der sein Geld mit einem Mitteilungsblatt für seine Kunden verdiente, zu denen auch das Heimatschutzministerium der USA zählte. Am 6. Dezember wandte sich Sup_g wegen der Stratfor-Sache auf einem privaten IRC-Kanal aufgeregt an Sabu. »Yo, bist du da? Ich arbeite an diesem neuen Ziel«, schrieb er. »Yo«, antwortete Sabu. »Ich bin da.« Sup_g fügte einen Link zur Administratorseite von Stratfor.com ein und erklärte, so käme man an die Kreditkartendaten, von denen er glaubte, dass er sie entschlüsseln konnte.
    Sabu benachrichtigte seine Aufpasser vom FBI. Die Attacke auf Stratfor hatten Sup_g und seine Hackergenossen inzwischen lulzxmas getauft und als Meilenstein für Anonymous und AntiSec bezeichnet. Eine Woche später versuchte Sup_g etwa acht Stunden lang, ins Netzwerk der Firma zu gelangen, und am folgenden Tag, dem 14. Dezember, berichtet er einem anderen Hacker, er sei nun auf Stratfors E-Mails aus. »Wir sind im Geschäft, Baby«, meinte er. »Jetzt werden wir uns mal ihre [E-Mail-]Spools reinziehen … Ich glaube, wenn sie das mitkriegen, dann werden sie einfach aufgeben.« Das FBI sah – offenbar hilflos – zu, während die Hacker bei Stratfor 60.000 Kreditkartennummern, die Daten von 860.000 Kunden, E-Mails von Angestellten und Finanzdaten sowie 2,7 Millionen vertrauliche E-Mails erbeuteten. Auf Geheiß des FBI riet Sabu der Crew, alles auf einem Server in New York zu deponieren.
    An Heiligabend defaceten die Hacker die Website von Stratfor und veröffentlichten die Kreditkartendaten von 30.000 Stratfor-Kunden; sie erklärten, sie hätten damit 1 Million Dollar für Wohltätigkeitsorganisationen gespendet, und wiesen dafür sogar Belege vor. Das FBI konnte später bestätigen, dass mithilfe der Kreditkarten widerrechtliche Buchungen in Höhe von mindestens 700.000 Dollar angewiesen worden waren. Stratfor konnte daraufhin den Kunden nichts mehr für das überaus wichtige Mitteilungsblatt in Rechnung stellen und erlitt durch den Einbruch in sein Netz einen Schaden in Höhe von 2 Millionen Dollar.
    Sabu hätte den Angriff wahrscheinlich nicht verhindern können, aber er half dem FBI dabei, den dafür verantwortlichen Hacker Sup_g zu identifizieren – er bestätigte nämlich, dass Sup_g auch unter einem anderen Nickname agierte: anarchaos. Am 26. Dezember sprach Sabu ihn online an und trug dabei in seiner Rolle als nach wie vor geächteter Hacker vielleicht sogar ein wenig zu dick auf. »Yo yo«, meinte er. »Ich höre, die Zeitungen sind wieder voll von uns. Ihr Wichser werdet mich noch auffliegen lassen. HAHAHAHA.« »Kumpel, die Sache ist wirklich riesig«, antwortete Sup_g. »Wenn sie mich schnappen, anarchaos, dann musst du zu meinen Ehren Chaos und Verwüstung anrichten«, schrieb Sabu, ließ unauffällig Sup_gs anderen Nickname, anachaos, einfließen und fügte zur Abrundung noch ein Herz – <3 – an. »So soll es sein«, meinte Sup_g, der keine Ahnung hatte, dass er gerade selbst den Kopf in die Schlinge gesteckt hatte.
    Im Verlauf der folgenden Monate ging das FBI die Protokolle sämtlicher Chats auf Sabus Computer durch, bei denen Sup_g beteiligt gewesen war, fügte alle verfügbaren persönlichen Informationen zusammen und machte sich ein Bild davon, wer dieser Hacker wirklich war. So stieß man auf den siebenundzwanzigjährigen Jeremy Hammond, einen Politaktivisten und erklärten Freeganer mit Dreadlocks aus Chicago; die ihn alsbald observierenden Beamten meldeten, dass er sich Nahrung aus Mülltonnen holte. Seine Mutter verriet den Reportern später, Hammond sei ein Computergenie, das es einfach nicht lassen konnte, »Amerika an der Nase herumzuführen«.
    Das FBI hatte neben Hammond mit seinen Dreadlocks vermutlich ein größeres Ziel im Visier – Julian Assange. Als die Hacker in den erbeuteten E-Mails von Stratfor herumstöberten, fiel ihnen auf, dass es darin häufig um WikiLeaks ging. Da lag es nahe, die Mails an die Whistleblower-Organisation weiterzugeben, die sich ohnehin besser auf das Geschäft der Verbreitung von derlei Informationen verstand. Möglicherweise – erwiesen ist das nicht – wartete das FBI ab, was nun passieren würde; vielleicht ergab sich aus dem Hack bei Stratfor ja die Gelegenheit, weitere belastende Informationen über Assange zu gewinnen, um endlich seine Auslieferung an die Vereinigten Staaten zu erwirken. Später bestritt das FBI

Weitere Kostenlose Bücher