Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)
hatten.
Bei der Dresdner Bank fanden wir das Schließfach des Unternehmers. Und darin sämtliche Unterlagen zu den ausländischen Schwarzgeldkonten. Der kleine grüne Drumbo hat der Bundesrepublik Deutschland in der Schlussabrechnung eine Steuernachzahlung im hohen sechsstelligen Bereich beschert. Man hatte in dem Haus wirklich an alles gedacht, nur eben nicht an Drumbo, den kleinen Sparelefanten.
Auch eine andere Erfahrung war uns oft sehr von Nutzen: Bei Hausdurchsuchungen, die ins Stocken geraten waren, half es häufig, nach den Reisepässen zu fragen. Da wir in vielen Wohnungen zwar unzählige Urlaubsfotos von den exotischsten und teuersten Urlaubsparadiesen der Welt bestaunen konnten – man wollte schließlich vorzeigen, wo man schon war – selten aber die gut versteckten Schließfächer, genügte es manchmal, den Reisepass sehen zu wollen. Die Erfahrung lehrte uns, dass der vorsichtige Bürger seine wichtigsten Dokumente im Tresor aufbewahrte. Fahrzeugscheine, Rentenunterlagen, Reisepässe – Schmuck, Gold, Tafelpapiere und Sparbücher. Nach ihren Reisepässen gefragt, standen die Leute in der Regel wie ferngesteuert auf und gingen zielgerichtet in eine bestimmte Richtung. Manche machten plötzlich erschrocken kehrt, drehten sich ruckartig um und behaupteten, dass sie nicht wüssten, wo sie ihre Pässe hätten. In den meisten Fällen wussten wir da aber schon, in welchem Hausteil wir nach dem Tresor suchen mussten, was in manchen größeren Gebäuden schon ein beträchtlicher Vorteil war. Andere marschierten geradewegs zu ihren gut verborgenen Panzerschränken und bemerkten viel zu spät, dass sie einen fatalen Fehler begangen hatten.
Am eindrucksvollsten war jedoch, was wir bei einer einfachen Rentnerin erleben durften, die es alleine ihrem raffgierigen Neffen zu verdanken hatte, dass wir überhaupt bei ihr in der Küche saßen.
Die lieben Verwandten
Ein Betriebsprüfer machte uns auf eine Werbeagentur im Spessart aufmerksam. Bei der Sichtung der Bücher konnte der aufmerksame Kollege einige Geldeingänge nicht nachvollziehen und bat uns, die Sache einmal von unserer Seite aus zu beleuchten. Und so sahen auch wir uns die Buchhaltungsunterlagen dieses Familienunternehmens an. Es wurde in der Tat schnell deutlich, dass es in der Vergangenheit zu ein paar fragwürdigen Geldeingängen gekommen war und zwar immer dann, wenn es in der Agentur galt, Investitionen zu tätigen. Mal handelte es sich um eine komplette neue Computeranlage, mal wurden teure Farbkopierer angeschafft oder aufwendige Umbauarbeiten an dem Bürogebäude vorgenommen.
Aus der Sicht eines Steuerfahnders ist es immer verdächtig, wenn unverhofft Gelder auftauchen, weil es an irgendeiner Stelle eng geworden ist. Ein Handwerker beispielsweise, der nach Abzug aller Kosten einen Jahresgewinn von 20 000 Mark errechnet hatte, aber ohne Probleme 150 000 flüssig machen konnte, um neue Maschinen zu kaufen, löst bei einer aufmerksamen Buchprüfung schnell Alarm aus. Auf Nachfrage hörten wir dann oft Geschichten über Spielbank- oder Lottogewinne – oder, wie in dem Fall der Werbeagentur: das bewährte Verwandtendarlehen. Der Mann hatte einen Gewinn von 10 000 Mark pro Jahr angegeben, für die Investitionen in Höhe von 100 000 Mark war jedoch kein Darlehensvertrag zu finden. Das Geschäft war im Laufe der Jahre gewachsen – die Buchhaltung indes war leider stehen geblieben. Es stellte sich also die große Frage: Wo kam das Geld her? Und so gab der Mann an, den Betrag von seiner Tante bekommen zu haben.
Bei solchen Geschichten verspürte ich sofort Bauchschmerzen, weil ich wusste, dass sie nicht gut ausgehen konnten. Ich gab dem Werbekaufmann die Möglichkeit, seine Version noch einmal zu überdenken, andernfalls müsse er damit rechnen, dass nun auch seine Tante Schwierigkeiten bekommt. Aber er blieb dabei – das Geld stamme von seiner Tante. Die bekam nur zehn Minuten später Besuch von der Steuerfahndung Frankfurt. Die freundliche Frau in der Kittelschürze tat mir schon leid, als sie uns die Tür aufmachte. Was hier bevorstand, war nicht fair. Ein ungleicher Kampf. Wir waren es gewohnt, mit hoch intelligenten Anwälten und arroganten Konzernbossen zu streiten – diese arme Frau, die uns in ihrer heimeligen Küche auch noch Kaffee kochte, hatte indes dem berühmten Wolf im Schafspelz Einlass gewährt.
Natürlich hatte der Neffe ihr eingebläut, auf Nachfragen zu behaupten, sie hätte ihm das Geld geliehen und das tat die brave Frau auch.
Weitere Kostenlose Bücher