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Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Titel: Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wehrheim , Michael Gösele
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erschlichenen Provisionen in Höhe von 3,6 Millionen Mark hat er dem Fiskus naturgemäß nichts gesagt. Und der Physiker Robert V.? Der spielte nicht nur mit seiner Gesundheit Vabanque – er pokerte auch den Finanzbehörden gegenüber hoch und hatte über die Jahre hinweg gar keine Steuerklärung abgegeben.
    Ende 1990 erging schließlich das Urteil: Der Geschäftsführer P. wurde zu fünf Jahren Haft, der Physiker V. zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. In der Urteilsbegründung lenkte der vorsitzende Richter den Fokus auf die eindeutig erwiesene und unzweifelhafte Steuerhinterziehung der beiden Männer. Das Urteil erinnerte fast ein wenig an Al Capone, der auch von der Steuerfahndung zur Strecke gebracht worden war. So etwas funktioniert also auch in Deutschland.
    Nach dem starken Erdbeben in Japan im März 2011 und der anschließenden Nuklearkatastrophe muss man sich mehr denn je fragen, ob die beiden Hauptangeklagten tatsächlich die Tragweite ihrer illegalen Geschäfte überblickt haben. Wenn man sieht – wie im Fall von Japan, das in seiner Geschichte schon zwei Atombombenexplosionen über sich ergehen lassen musste –, welche verheerenden Folgen aus einer nuklearen Verseuchung entstehen können, ist es umso unbegreiflicher, wie man als Geschäftsmann für ein paar Millionen Mark eine Gefährdung des Weltfriedens bewusst in Kauf nehmen kann. Pakistan war dank der Hilfe aus Hessen in der Lage, die Atombombe zu bauen, und die beiden AAT-Mitarbeiter hatten bis zur Verhandlung buchstäblich allen Grund zu strahlen. Ob das bis heute anhält?
    Der Selbstbedienungsladen
    In der Coop-Affäre, die wir fast zeitgleich zu den Nuklear-Exporten der AAT steuerstrafrechtlich zu bearbeiten hatten, erging es der Steuerfahndung ganz anders. Die Coop-Affäre gilt bis heute als einer der größten Wirtschaftskrimis des Landes und hielt auch die Steuerfahndungsstelle Frankfurt am Main jahrelang in Atem.
    Es war eine beispiellose Unternehmung: Der Vorstand unter der Führung eines ehemaligen Gewerkschaftsfunktionärs versuchte ab Anfang der 80er-Jahre, den großen deutschen Konzern Coop in einer partisanenähnlichen Aktion einzunehmen und sich das Vermögen von Coop unter den Nagel zu reißen, indem er begann, sämtliche Aktien der Coop AG dem eigenen Besitz zuzuführen.
    Die Coop war 1974 auf Betreiben der Gewerkschaften und der BfG-Bank aus mehr als 100 Einzelunternehmen zusammengeführt worden und hatte sich in der Folgezeit zu einem gigantischen Großkonzern entwickelt. Schon in dieser Phase war es zu merkwürdigen Verschleierungsversuchen durch den Gewerkschaftskonzern gekommen, der seine Beteiligungen zum Teil hinter merkwürdigen Handelsgesellschaften oder skandinavischen Briefkastenfirmen versteckt hatte. Die Sache kam allerdings ins Wanken, als die Gewerkschaften Mitte der 80er-Jahre in den Strudel des Skandals um die Neue Heimat gerieten. Über undurchsichtige Treuhand-Verträge wurden die Anteile an der Coop AG sukzessive durch die Gewerkschaftsholding BGAG auf die Coop selbst übertragen.
    An dieser Stelle setzte das Vorstands-Trio an und begann, über Stiftungen und Briefkastenfirmen ein unüberblickbares Netz von Gesellschaften um den Teilkonzern Coop zu spinnen. Und verborgen unter diesem Netz versuchten die drei Vorstände, alle Aktien der Gesellschaft in ihren eigenen Besitz zu bringen. Das ging so lange gut, bis der »Spiegel« im Oktober 1988 die ganze Sache in einem Artikel mit dem Titel »Umgebaut und ausgehöhlt« zum Platzen brachte.
    Den Ermittlern, die sich des Falles annahmen, bot sich ein schier undurchdringliches Geflecht von wirtschaftlichen Strukturen, deren einzige Bestimmung es war, Sachverhalte zu vertuschen und zu verschlüsseln. Man konnte zwar recht früh herausfinden, dass die Coop-Vorstände mehr als 100 Banken durch falsche Bilanzen um Kredite in Höhe von zwei Milliarden Mark betrogen hatten, aber allein die Sache so weit vorzubereiten, dass sie ordentlich vor Gericht hätte gebracht werden können, ließ viele Experten verzweifeln.
    Die Anklageschrift allein umfasste mehr als 300 Seiten und stieß – wie so häufig in komplexen Wirtschaftsstrafverfahren – die Richter geradezu vor den Kopf. Die Steuerfahndung Frankfurt hatte an der Seite des Bundeskriminalamtes in diesem Sumpf gewühlt, und da ein Großteil der Bankverbindungen und Stiftungen in der Schweiz zu finden war, hatten wir umfangreiche Auslandsermittlungen anzustellen. Dabei waren wir auf die Problematik des

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