Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)
Sozialgesetzbuch war die Versetzung eines schwerbehinderten Beschäftigten mit größeren Schwierigkeiten verbunden als bei sogenannten »gesunden« Mitarbeitern. In jedem Fall war laut Gesetz der Arbeitgeber dazu verpflichtet, in diesen Fällen die Schwerbehindertenvertretung mit in die Entscheidungen einzubeziehen. Das war bei der Versetzung von Rudolf Schmenger aus der Steuerfahndung nicht geschehen.
Von der Einleitung disziplinarrechtlicher Vorermittlungen gegen den Amtsrat Schmenger war nach seiner Gegenwehr nicht mehr viel übrig geblieben. Vier der fünf Vorwürfe wurden schnell wieder fallen gelassen, am Ende blieb nur die Sache mit dem angeblich nicht ordentlich ausgefüllten Wochenplan, was schließlich zu einer sogenannten »Missbilligung« durch den Vorsteher des Finanzamtes führte. Gleichwohl, die Sanktionen blieben – der Mann wurde nach seiner vorläufigen Versetzung endgültig aus der Steuerfahndung entfernt.
Am 6. Oktober 2003 wies ich den Vorsteher in meiner Eigenschaft als Schwerbehindertenvertreter auf die Versäumnisse des Amtes hin und regte in einem dreiseitigen Brief die »Zurückversetzung des schwerbehinderten Bediensteten in die Steuerfahndungsstelle« an.
Seit der »Spiegel« im August unter der Überschrift »Amnestie durch die Hintertür« auch über die hausinternen Auswirkungen der umstrittenen Amtsverfügung berichtet hatte, war die Stimmungslage im Amt auf einem vorläufigen Tiefpunkt angelangt. In dem Artikel war zu lesen:
»Es geht den Ermittlern um dreistellige Millionenbeträge, die dem Fiskus durch die Lappen gegangen sein sollen – und um viele tausend mutmaßliche Steuerhinterzieher, die ungeschoren davonkommen werden. Denn mit einer internen Dienstanweisung haben hessische Spitzenbeamte in Abstimmung mit der Regierung Koch ihre Fahnder an die Kette gelegt. Und wer von den Ermittlern aufmuckt, wird seither kaltgestellt. ...
Auch drei Konten einer Privatbank, über die nach Angaben von Fahndern Prominente Transfers abgewickelt haben sollen, wurden nicht mehr erfasst und ausgewertet. ›Da liegt das Beweismaterial vor, und der Fiskus wirft es auf den Müll‹, schimpft ein Staatsanwalt.«
Und der »Spiegel« berichtet weiter:
»Vergangene Woche stellte die Oberfinanzdirektion Frankfurt dann eine ›Neustrukturierung der Finanzämter‹ im Rhein/Main-Gebiet vor. Und wenn auch die Verantwortlichen jedweden Zusammenhang leugnen, gibt es einen unschönen Nebeneffekt für die rebellischen Ermittler: Die Frankfurter Steuerfahndung wird teilweise zerschlagen, und Beschäftigte werden auf andere Dienststellen verteilt.«
Diese Maßnahme stand also auch noch an. Spätestens nach diesem Bericht war das Klima im Finanzamt Frankfurt V vollkommen vergiftet. Nun wurde es schmutzig.
Die Umstrukturierung besagte, dass die Steuerfahndung Frankfurt mit ihren etwa 70 Stellen gesprengt werden sollte. Ein Teil der Ermittler sollte nach Wiesbaden, ein anderer Teil nach Offenbach versetzt werden, ein Rest von rund 40 Beamten sollte in Frankfurt bleiben dürfen. Hierfür sollten wir jedoch zum 1. Januar 2004 vom Amt V zu Amt I wechseln, was nicht viel mehr als der Umzug in ein anderes Gebäude bedeutete. Ich selbst wusste schon frühzeitig, welche Zimmernummer ich in Amt I bekommen würde, und machte mir über den Ortswechsel zunächst keine weiteren Gedanken.
Der öffentliche Druck auf das Frankfurter Finanzamt nahm nach einem weiteren »Spiegel«-Artikel im September 2003 zu. Auf den ersten Bericht des Magazins mit dem Titel »Amnestie durch die Hintertür« war im Hessischen Landtag von den Oppositionsparteien SPD und Grüne eine außerplanmäßige Sitzung einberufen worden, in der sich Finanzminister Karlheinz Weimar zu verantworten hatte. »Dummes Zeug«, hielt der Staatsminister den Abgeordneten entgegen. In dem Bericht »Oase Frankfurt« warf das Hamburger Magazin dann dem hessischen Finanzminister vor, die Unwahrheit gesagt zu haben, und stellte am Ende des Artikels eine interessante Rechnung auf:
»... Schließlich sind durch die Verfahren gegen Banken, die ihren Kunden beim Transfer geholfen hatten, bis 2002 allein in Hessen 595 Millionen Euro Steuernachzahlungen zusammengekommen. Was der Minister freilich verschwieg: Seit der Knebelung der Steuerfahndung durch die Verfügung 2001/18 waren es nach internen Berechnungen des Frankfurter Finanzamtes V gerade mal noch 13,8 Millionen Euro.«
Ob die Bedenken einiger kritischer Steuerfahnder tatsächlich so falsch waren?
Die
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