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Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)

Titel: Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wehrheim , Michael Gösele
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Opposition im Hessischen Landtag erhob die Forderung nach einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss. In dem sollte geklärt werden, ob die Landesregierung durch die Amtsverfügung 2001/18 und aufgrund ihrer Personalpolitik die steuerrechtliche Verfolgung von Steuerhinterziehung vereitelt oder der »Vereitelung Vorschub geleistet hat«. Weiterhin wollte man prüfen, ob durch diese Verfügung im Zusammenhang mit den Bankenverfahren »dem Land Hessen ein finanzieller Schaden entstanden ist« und ob Finanzminister Weimar in einer Haushaltsausschusssitzung vom August 2003 die Abgeordneten »vollständig, umfassend und wahrheitsgemäß informiert hat«.
    Auch wenn der Ausschuss später kläglich scheitern sollte – es brodelte zu jener Zeit von allen Seiten, und der große Knall lag eigentlich schon längst in der Luft.
    Das Imperium schlägt zurück
    Nur sechs Wochen, nachdem ich mich in meiner Eigenschaft als Schwerbehindertenvertreter in der Sache Schmenger an den Vorsteher des Finanzamtes Frankfurt V gewandt hatte, rollte der nächste Kopf. Es war meiner.
    Einen Monat vor dem geplanten Umzug in das neue Dienstgebäude wurde am 1. Dezember 2003 zu einer Besprechung geladen. Dort wurde lapidar verkündet, dass elf Mitarbeiter nicht in das Amt I wechseln würden: der Oberamtsrat Frank Wehrheim und weitere zehn Kollegen – fast alle gehörten zu den letzten 15 Unterzeichnern des nicht verschickten Brandbriefes an den Ministerpräsidenten Roland Koch.
    Eine Begründung für diese Versetzungen wurde auch schnell abgegeben. Es hieß, der Landesrechnungshof hätte kritisiert, dass es in Frankfurt zu viele offene Fälle von Steuerzahlern gäbe, die Rechtsmittel eingelegt hätten. Und diese müssten nun schleunigst von Experten abgearbeitet werden, die nach Auffassung des Ministeriums in der Steuerfahndung zu finden seien, dort gäbe es schließlich – nach der Amtsverfügung 2001/18 – genügend qualifizierte Arbeitskräfte. Auch einen Namen für diese neue Abteilung hatte man schon gefunden: »Servicestelle Recht«. Ein Mitglied des Personalrates wandte sich zu mir und sagte schlicht: »Das Imperium schlägt zurück!«
    Die Führungsspitze des Finanzamtes hatte aus der Sicht vieler Steuerfahnder keine neue Abteilung geschaffen, sondern – wie einige munkelten – ein Straflager aufgebaut, das intern umgehend einen neuen Namen erhielt: Archipel Gulag. Um die 7000 sogenannte »Rechtsmittel« hätten sich im Laufe der Zeit in Frankfurt aufgestaut, die man fortan abarbeiten müsse, hieß es. Die Dringlichkeit dieser neuen Aufgabe wurde den in die Servicestelle versetzten Steuerfahndern dann auch schnell klar: Jeder bekam umgehend einen Fall zugewiesen, und dann kam über einen Zeitraum von mehreren Monaten nichts mehr nach.
    In der »Servicestelle Recht« spielten sich fortan skurrile Szenen ab, die jede Amtskomödie mit ausreichend Filmstoff hätte versorgen können. In dem einen Zimmer saß eine hochqualifizierte ehemalige Steuerfahnderin, die Stimmübungen machte, weil sie in einem Gospelchor sang. Daneben saß ein Ex-Ermittler und sortierte seine alte Briefmarkensammlung oder beschäftigte sich mit langweiligen Computerspielen. Ich selbst hatte einen hochbrisanten Kirchensteuerfall zu bearbeiten, bei dem um 70 Euro gestritten wurde. Kurz: Diese Dienststelle entwickelte sich zu einer Geisterabteilung, in der gut ausgebildete Beamte mürbe gemacht werden sollten. Und während die Fahnder abgeschoben in der »Servicestelle Recht« vor sich hin dämmerten, mussten sie zu allem Überfluss auch noch erleben, dass ihre frei gewordenen Stellen in der Steuerfahndung neu ausgeschrieben worden waren.
    Zwischenzeitlich erstritt sich der in die Konzernprüfung abgeschobene ehemalige Steuerfahnder Schmenger ein Urteil vor der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main. Schmenger hatte gegen die Missbilligung geklagt, die gegen ihn ausgesprochen wurde, nachdem aus der disziplinarrechtlichen Vorermittlung nur noch eines von fünf angeblichen Dienstvergehen übrig geblieben war. Zunächst hatte man dem kritischen Beamten einen kruden Deal vorgeschlagen: Er sollte die Missbilligung im Sinne seines weiteren Karriereverlaufs annehmen – schließlich habe man mit ihm als potenzielle Führungspersönlichkeit noch viel vor. Schmenger ließ sich auf diesen Kuhhandel nicht ein – und er bekam am 7. April 2004 recht: Die Missbilligung wurde aufgehoben, die Kosten des Verfahrens hatte der Dienstherr zu tragen.
    Der Amtsrat

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