Inside Steuerfahndung: Ein Steuerfahnder verrät erstmals die Methoden und Geheimnisse der Behörde (German Edition)
Rudolf Schmenger beantragte daraufhin – er war schließlich von einem Verwaltungsgericht rehabilitiert worden – seine Rückversetzung in die Steuerfahndung – und erhielt eine Absage. Die Begründung der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main lautete:
»Wie Ihnen bekannt ist, werden offene Stellen ab der Besoldungsgruppe A 12 landesweit ausgeschrieben. Eine Versetzung außerhalb einer Ausschreibung kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht.«
Eines war nun spätestens in diesem Moment klar: Wer gegen die Verwaltung gewann, hatte am Ende verloren. Kaum einer konnte verstehen, was tatsächlich gespielt wurde und welche diffusen Mächte hinter all diesen fragwürdigen Personalentscheidungen standen. Worum ging es in dieser Sache eigentlich noch? Um Macht und Einfluss? Um verletzte Eitelkeiten? Oder gar um Politik?
Die in die Servicestelle Recht abservierten Kollegen bewarben sich auf ihre neu ausgeschriebenen ehemaligen Posten in der Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes Frankfurt V – und wurden natürlich abgelehnt. Dieser Affront brachte im November 2004 – nach fast einem Jahr in der Amtsdiaspora – sechs der gemobbten Beamten so weit, dass sie sich in einer Petition an den Hessischen Landtag wandten. Das Schreiben wurde im Wesentlichen von dem ehemaligen Steuerfahnder Dieter Reimann verfasst, und auch ich zählte zu den Unterzeichnern dieses Briefs, der mit den Worten »Wir, die Unterzeichner dieser Petition, sind allesamt Bedienstete der Hessischen Finanzverwaltung« begann.
In dem Brief wurde in aller Deutlichkeit auf sämtliche Missstände – und als solche hatten wir sie empfunden – in unserer Behörde hingewiesen. Unter anderem stand in der Petition zu lesen:
»Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass durch diese Entscheidung [in Bezug auf die vielen Versetzungen – Anm. d. Autoren] keine ›überzähligen‹ Steuerfahnder mit neuen Aufgaben betraut wurden, sondern diese Steuerfahnder dann bei der weiteren Wahrnehmung der Aufgaben der Steuerfahndung fehlen.
In dieser Auffassung werden wir auch von der Verwaltung selbst bestätigt, die noch nicht einmal vier Monate später genau diese von uns nicht mehr wahrgenommenen Steuerfahnderstellen ausgeschrieben hat. Die Ausschreibungen erfolgten dann jedoch derart, dass uns die Möglichkeit, uns auf diese Dienstposten zu bewerben, genommen wurde. Beim Finanzamt Frankfurt am Main I erfolgte die Ausschreibung intern, bezogen nur auf dieses Finanzamt. Beim Finanzamt Offenbach-Stadt wurde die Ausschreibung regional, u. a. auch mit dem Finanzamt Frankfurt/M. V-Höchst ... vorgenommen. Nachdem wir uns dort beworben hatten, wurde diese Ausschreibung aufgehoben und das Finanzamt Frankfurt/M. V-Höchst (neben den anderen Frankfurter Finanzämtern) in einer neuen Ausschreibung aus den Adressaten herausgenommen – angeblich sei von Beginn an stattdessen das Finanzamt Fulda als Adressat gemeint gewesen. Es erstaunt, dass wir als Bewerber nicht zugelassen werden, wo wir doch als für die Steuerfahndung ausgebildetes und eingearbeitetes Personal sofort einsatzfähig gewesen wären, wohingegen fachfremdes Personal mit erheblichen Kosten und Arbeitsaufwand zunächst mehrjährig ausgebildet und sodann eingearbeitet werden muss.«
Am Ende der Petition folgte ein Hilferuf, der durchaus als solcher ernst zu nehmen war:
»Abschließend bleibt festzuhalten, dass wir unter der Situation, die durch die mit dieser Petition angegriffenen Entscheidung entstanden ist, auch gerade wegen ihrer offensichtlichen Unsachlichkeit und Willkür alle psychisch und physisch leiden. Deshalb erhoffen wir uns mit dieser Petition eine sachliche Prüfung der getroffenen Entscheidung mit dem Ziel, den angesprochenen Problemen abzuhelfen.«
Keiner hatte es offiziell ausgesprochen und gleichwohl war es gewissermaßen verhängt: Die versetzten Steuerfahnder traf der Bannstrahl eines »Arbeitsverbotes«. Und man sollte sich vielleicht noch einmal daran erinnern, wie es zu dieser Maßnahme gekommen war: Erwachsene und erfahrene Beamten hatten selbstverantwortliches Denken hinsichtlich einer fragwürdigen Amtsverfügung unter Beweis gestellt. Man muss kein Anhänger unseriöser Verschwörungstheorien sein, um dieser Angelegenheit etwas – gelinde gesprochen – Merkwürdiges abzugewinnen.
Die sechs Unterzeichner der Petition versprachen sich letztlich nur, mit diesem Schreiben im Hessischen Landtag Gehör zu finden. In dem Haus lief schließlich ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss zu
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