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Inside WikiLeaks

Titel: Inside WikiLeaks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Domscheit-Berg
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zurückzuführen. Nicht nur die Handschrift eines Autors, auch wiederkehrende Stilelemente, Worte oder sein Satzbau machten ihn als Urheber unterschiedlichster Texte unverwechselbar.
    Ich stupste Julian mit dem Fuß an. Wir guckten einander an und mussten beide laut loslachen. Hätte jemand unsere Dokumente mit einem solchen Programm analysiert, hätte er festgestellt, dass hinter der Vielzahl von Pressemeldungen, Dokumenten-Analysen und Korrespondenzen oft die gleichen Leute standen, die sich mit einem bunten Strauß an Identitäten schmückten.
    Auch die Zahlen über unsere freiwilligen Helfer waren, vorsichtig ausgedrückt, stark übertrieben. Schon am Anfang sagten wir, es gebe mehrere tausend Freiwillige und hunderte aktive Helfer, die uns bei der Arbeit unterstützten. Wir haben dabei nicht direkt gelogen, denn wir zählten einfach alle Leute mit, die sich bei uns auf einer Mailing-Liste eingetragen hatten. Diese Menschen hatten sich in der Tat irgendwann einmal gemeldet und angekündigt, das Projekt unterstützen zu wollen. Die allermeisten wurden nie aktiv, das waren nur Namen.
    In meinen ersten Monaten bei WL war mir das nicht gleich klar. Ich wunderte mich gelegentlich, außer Julian so selten jemanden zu treffen, kaum von jemandem zu hören, der außer uns beiden eine Aufgabe erledigte. Die anderen Mailschreiber bedienten sich zudem des gleichen WL -Accounts wie Julian. Als ich merkte, wie wenig Leute tatsächlich beteiligt waren, steigerte das nur mein Gefühl, unverzichtbar zu sein. Und der Eindruck, mit so wenigen Leuten so viel zu bewegen, war sehr motivierend.
    Unsere Bären-Veröffentlichung rief auch einen gewissen Ralf Schneider* auf den Plan. Schneider* war ein deutscher Architekt und in den Zusatzinformationen des Whistleblowers als einer der Steuerhinterzieher benannt. Er schrieb uns eine Mail. Er hätte zwar gerne mehrere Millionen, um sie in der Schweiz in Sicherheit zu bringen, es müsse sich aber um eine Verwechslung handeln. Ich war erschrocken.
    Die Informationen zu den Personen kamen von unserer Quelle. Und wer auch immer es war, der uns die Dokumente zugespielt hatte, er hatte auch einige Informationen zu den Kunden recherchiert und sie den Dokumenten beigefügt – in der Hoffnung, uns beim Verstehen der Papiere zu helfen. Ausgerechnet bei diesem Namen war ihm ein Fehler unterlaufen. Er hatte den deutschen Architekten Ralf Schneider* mit dem wahren Übeltäter ähnlichen Namens verwechselt, nämlich mit einem Schweizer Berufskollegen namens Rolf Schneider*. Genauso wie wir bereits alle Hinweise der Quelle mitveröffentlicht hatten, trugen wir jetzt auch die Informationen zu dem Irrtum nach. So hieß es auf der Seite zunächst: »Dieses Dokument, die Beschreibung und einige Kommentare sind laut drei unabhängigen Quellen abgesehen von Julius Bär falsch oder verfälschend. WikiLeaks untersucht die Sache.«
    Drei unabhängige Quellen? Das klang gut. War aber leider ausgedacht.
    Warum hatten wir den Namen nicht gleich gelöscht, wenn die Information doch einen Unschuldigen in Schwierigkeiten brachte? Wir entschieden uns dagegen, weil es keineswegs unüblich war, dass sich Menschen, die ihre Namen in negativen Zusammenhängen publiziert sahen, mit der Bitte an uns wandten, den Eintrag umgehend von der Seite zu tilgen. Wir wollten die Informationen erst prüfen, bevor wir sie korrigierten.
    Schneider* war zu Recht aufgebracht. Wenn Kunden »Ralf Schneider, Architekt« mit Google suchten, stießen sie auf der ersten Seite auf den Treffer, der ihn in Zusammenhang mit den Finanzbetrügereien brachte. Er konnte uns gegenüber aber nachweisen, dass die anderen Informationen aus den Dokumenten nicht zu seinem Profil passten. »Ich habe und hatte zu der Bank Julius Bär zu keinem Zeitpunkt eine Bankverbindung«, schrieb er uns. »Ich habe kein Haus in Mallorca, keine Bankverbindung auf Cayman und lebe auch nicht im Ausland. Meinen Rechtsanwalt habe ich bereits beauftragt, Strafanzeige wegen Verleumdung bei der Staatsanwaltschaft in […] zu stellen.«
    Eigentlich wollten wir an den Originalaussagen der Quelle nichts verändern und behalfen uns lieber mit weiteren Erläuterungen. Aber als sich Schneider* nach einem Jahr noch einmal meldete, weil die Google-Suche nach seinem Namen immer noch zu uns führte, kümmerte ich mich darum, dass die Seiten im Archiv der Suchmaschine aktualisiert wurden.
    Schneider* ist zu Unrecht verdächtigt worden. Soweit ich weiß, war er in der ganzen Geschichte von WL

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