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Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln

Titel: Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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weiterer Wagen fuhr an den Bordstein heran, und Superintendent Gristhorpe kletterte heraus. Mit seinem zerzausten, im Abendwind flatternden Haar und den buschigen, zusammengewachsenen Augenbrauen wirkte er mehr denn je wie ein zerstreuter Professor.
      Banks trat zu ihm und gab ihm einen kurzen Überblick über die Situation.
      «Warum hat er nach Ihnen verlangt?» fragte Gristhorpe.
      «Keine Ahnung.»
      «Haben Sie ihm gesagt, daß Sie da sind?»
      «Noch nicht.»
      «Dann tun Sie's besser, Alan. Sonst verliert er womöglich die Geduld.»
      «Haben wir vielleicht ein Megaphon?» wollte Banks wissen.
      Gristhorpe lächelte gequält. «Also, wirklich, Alan, woher sollen wir denn, verdammt noch mal, ein Megaphon haben?»
      Banks nahm die Bemerkung ungerührt zur Kenntnis, wandte sich zu dem zerbrochenen Fenster hin und rief mit lauter Stimme:
      «Mick! Mick Webster! Hier ist Inspector Banks. Ich bin da!»
      Aus dem Innern des Raums ertönte ein Art Schlurfen und Schleifen, dann erschien Webster am Fenster, die Mündung seiner Waffe auf Jennys Schläfe gerichtet.
      «Was wollen Sie?» fragte Banks. «Warum haben Sie mich kommen lassen?»
      «Ich will, daß Sie hier reinkommen», rief Mick.
      «Warum wollen Sie mich? Sie haben doch schon die Frau.»
      «Tun Sie, was ich Ihnen sage. Kommen Sie rein - und keine Tricks!»
      «Mick, lassen Sie die Frau gehen. Schicken Sie sie raus, dann können Sie mich haben.»
      «Nichts da. Kommen Sie endlich - oder ich puste ihr die verdammte Birne ab!»
      «Hören Sie, Mick, seien Sie fair, und lassen Sie das Mädchen gehen. Machen wir einen Handel. Wir kommen Ihnen einen Schritt entgegen und Sie uns. Schicken Sie sie nach draußen, dann komm' ich zu Ihnen rein.»
      «Ich hab' Sie gewarnt, Banks! Entweder Sie kommen jetzt sofort rein, oder sie ist tot. Ich gebe Ihnen dreißig Sekunden.»
      «Besser, Sie tun, was er sagt», meinte Gristhorpe besorgt. «Er ist nicht bei Sinnen und nicht zugänglich für Argumente. Haben Sie so was schon mal gemacht?»
      «Ja», entgegnete Banks, «hin und wieder. Allerdings waren das meistens Profis.»
      «Aber Sie kennen sich aus damit?»
      Banks nickte.
      «Ich werde versuchen, ihn zum Reden zu bringen», erklärte Gristhorpe. «Um die Verhandlungen offen zu halten.»
      «Ihre Zeit läuft ab, Banks!» schrie Mick.
      «In Ordnung, ich komme schon, Mick», antwortete Banks, kletterte die Stufen zum Eingang hoch und dachte bei jedem Schritt an Sandra.
     
    * 5
     
    Mick Webster war tatsächlich in einer höchst labilen und gefährlichen Verfassung, wie Banks sofort bemerkte, während er sich gehorsam Micks Anordnungen fügte und seine Taschen ausleerte. Der Junge war völlig überreizt, er schwitzte, kratzte sich ständig, zappelte herum, trat von einem Bein aufs andere, und es dauerte nicht lange, bis Banks begriffen hatte, daß die Zeichen auf einen Amphetaminsüchtigen hindeuteten.
      Jenny machte einen leidlich gefaßten Eindruck. Ihre linke Wange war flammend rot wie von einem Schlag, aber der Blick ihrer Augen schien sagen zu wollen, daß ansonsten alles in Ordnung war und daß sie nun, da er hier war, gemeinsam dafür sorgen konnten, heil aus dieser Situation herauszukommen. Sie war eine geistesgegenwärtige Person, das wußte Banks, und er fühlte, daß sie binnen Sekunden eine Art intuitiver Brücke zueinander geschlagen hatten. Wenn sich eine günstige Gelegenheit ergeben sollte, würden sie sich zweifellos auch ohne Worte verständigen können. Blieb nur abzuwarten, wer die Initiative übernehmen würde.
      Micks Stimmungen wechselten von Minute zu Minute. Eben noch zu Scherzen aufgelegt, war er im nächsten Moment schon völlig niedergedrückt und erklärte, er habe nichts mehr zu verlieren. Dazu kam sein rastloses Herumwandern, das ständige Gezappel, das Banks ganz verrückt machte. Im Hintergrund lief immer noch Tosca - der zweite Akt neigte sich bereits dem Ende zu -, die leere Kassette lag auf einem Kiefernholztisch neben dem eingeschlagenen Fenster.
      «Also, Mick», begann Banks in ruhigem Ton. «Was verlangen Sie von mir?»
      «Na, was schon?» schnaubte Mick. «Ich will raus hier!» Er stolzierte ans Fenster und brüllte nach draußen: «Ich will zehntausend Mäuse und freien Abzug aus dem Land - oder die Frau und der Bulle sind tot! Klar?»
      Draußen, in der kalten Abendluft, sagte Gristhorpe leise zu Hatchley «Keine Chance» und mit lauter

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