Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln
Stimme zu Mick: «In Ordnung, wir kümmern uns darum. Bleiben Sie mit uns in Verbindung, wir halten Sie auf dem laufenden.»
«Ich will aber nicht mit euch reden, ihr Wichser!» schrie Mick zurück. «Ich kenn' doch eure Tricks. Seht zu, daß ihr die Kohle kriegt, und verpißt euch.» Die Waffe auf Jenny gerichtet, fügte er hinzu: «Na, los schon, zurück hinter die Bäume, damit ich euch nicht sehen muß - oder ich knall' die Alte ab.»
Widerstrebend zogen sich Gristhorpe, Hatchley und die beiden Uniformierten über die Straße zurück in die Grünanlagen.
«Gut so», rief ihnen Mick hinterher. «Und da bleibt ihr jetzt schön steh'n, verdammt, bis ihr mir was zu sagen habt.»
Banks wagte sich so nahe wie möglich an Mick und Jenny heran. «Mick», sagte er, «sie werden es nicht tun. Du hast keine Chance.»
«Sie tun's, antwortete Mick. «Garantiert. Die wollen sich doch nicht angucken, wie Ihr Hirn durch den ganzen Vorgarten spritzt. Oder das von der da.»
«Sie können es gar nicht tun, Mick», fuhr Banks geduldig fort. «Sie können solchen Forderungen nicht nachgeben. Sonst kommt womöglich jeder auf die Idee, sich Geiseln zu schnappen, um sich alle Wünsche zu erfüllen.»
Mick lachte. «Könnte vielleicht 'n neuer Trend werden, äh? Sie tun's, ganz bestimmt. Wär' jedenfalls besser für Sie. Und für die hier auch.»
Die Musik spielte leise, und durch die zerbrochene Fensterscheibe strömte die kühle Abendluft. Draußen quäkte von irgendwo ein Funkgerät in einem Wagen. Inzwischen hatte man zweifellos die Straße abgesperrt und die unmittelbaren Nachbarn evakuiert.
Mick leckte sich die Lippen und schaute seine beiden Geiseln abwechselnd an. «Also», meinte er, «wie wollen wir's machen, wenn der Transport kommt?» Seine Augen verweilten auf Jenny, die neben dem gekachelten Kamin stand. Banks ermahnte sich zur Ruhe und umklammerte die Tischkante.
«Mach' es nicht noch schlimmer, als es schon ist, Mick», sagte er. «Wenn du jetzt aufgibst, wird man das zu deinen Gunsten berücksichtigen, und du wirst noch glimpflich davonkommen. Aber wenn du jetzt noch mehr riskierst...»
«Sie wissen so gut wie ich», sagte Mick und wandte sich zu Banks um, «daß ich bis zum Hals drinstecke, tiefer geht's nicht.»
«Das stimmt nicht, Mick. Es gibt einen Weg da heraus.»
«Und was wird man dann mit mir machen?»
«Ich kann dir nichts versprechen, Mick, das weißt du. Aber es wird sich ganz bestimmt zu deinen Gunsten auswirken.»
«Yeah, Scheiß drauf, zu meinen Gunsten. Soll wohl heißen, daß sie mir nur vierundzwanzig statt der fünfundzwanzig Jahre aufbrummen, wie?»
«Wenn du jemanden verletzt, wirst du noch viel mehr kriegen, Mick. Bis jetzt ist niemand zu Schaden gekommen, vergiß das nicht.»
Mick drehte sich wieder zu Jenny um. «Was wir machen, ist folgendes», erklärte er. «Wenn der Wagen bereit ist, fahren Sie mit mir, und er bleibt hier. Er weiß genau, daß Sie dran glauben müssen, wenn seine lieben Kollegen versuchen sollten, uns aufzuhalten. Seine Jungs wissen's vielleicht nicht, aber er schon.»
«Nein», antwortete Jenny fest.
«Was soll das heißen, nein, du alte Schlampe? Was glaubst du wohl, was ich hier in der Hand habe, 'ne Spielzeugpistole oder was?»
Jenny schüttelte den Kopf. «Ich werde nirgendwo mit Ihnen hingehen. Und ich werde nicht zulassen, daß Sie mich anfassen mit Ihren dreckigen Pfoten!»
Mick errötete und glotzte entgeistert, offensichtlich hart am Rande seiner Geduld. Banks wußte, daß er im nächsten Augenblick durchdrehen konnte, aber Jenny war die Psychologin, sie hatte die Initiative übernommen, und er mußte ihr folgen. Während Mick sein Opfer finster anstarrte, packte Banks die leere Kassettenhülse und schmetterte sie durch die zerbrochene Fensterscheibe nach draußen.
Es gab ein klapperndes Geräusch auf dem Asphalt; Mick fuhr jäh herum und richtete die Waffe auf das Geräusch. Banks war auf dem Sprung, nahe genug, um sich auf Mick stürzen zu können, sobald er die Pistole aus dem Fenster hielt. Aber bevor er seine Bewegung noch ausführen konnte, hatte Mick bereits in den Garten gefeuert. Es gab einen dumpfen Knall, und sie hörten, wie Mick laut aufschrie. Langsam drehte er sich zu ihnen um, das Gesicht kreidebleich, Mund und Augen weit geöffnet in Schock und Schmerz. Von seiner Hand tropfte das Blut auf das helle Kiefernholz des Tisches.
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