Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln
auf, als sie das Wohnzimmer betraten, fuhr sich mit den Fingern über seinen Schnurrbart und gab ein verlegenes Räuspern von sich. Plötzlich erinnerte sich Banks, daß ihn der Sergeant zusammen mit Jenny im Oak gesehen und sicher den Eindruck gewonnen hatte, daß sie sich sehr nahestanden. Der Himmel mochte wissen, was er jetzt dachte!
«Na bitte, ich hab's Ihnen ja gesagt», meinte Richmond, zu Sandra gewandt. «Ich hab doch gewußt, daß ihm nichts passieren würde.» Er blickte zu Banks und nickte ihm zu, zum Zeichen, daß hier alles in Ordnung war. Banks begleitete ihn zur Tür. «Ich habe die Aussage Ihrer Frau aufgenommen, Sir», erklärte Richmond. «Klare Sache. Es war der gesuchte Voyeur, keine Frage.»
«Wie geht es ihm?»
«Das wissen wir noch nicht, Sir, aber es sah nicht besonders ernst aus. Man hat ihn ins Krankenhaus gebracht, vor einer halben Stunde etwa. Das wär's dann wohl, ja, Sir?»
Richmond hatte es offensichtlich eilig, von hier wegzukommen, und Banks konnte sich gut vorstellen, daß es dem jungen Sergeant äußerst peinlich war, in eine derart persönliche Angelegenheit seines Vorgesetzten verwickelt zu sein. «Ja, Sie können jetzt gehen», sagte er. «Und noch etwas, Detective Richmond ...»
«Bitte, Sir?»
«Ich danke Ihnen.»
Richmond errötete, murmelte ein vages «Keine Ursache» und verschwand mit gemessenen Schritten über den Fußweg.
Banks schloß die Tür und bemerkte, daß sich die beiden Frauen etwas ratlos musterten. Er wußte, daß es Sandra peinlich war, vor einer fremden Person ihre Gefühle gezeigt zu haben.
«Tut mir leid», entschuldigte er sich, leicht erschöpft, und fuhr sich mit den Fingern durch das kurzgeschorene Haar. «Ich habe wohl vergessen, die Damen miteinander bekannt zu machen.»
Nachdem er das Versäumte nachgeholt hatte, bot Sandra ihrem Gast einen Stuhl an, während sich Banks direkt zum Barschrank wandte mit der Bemerkung: «Ich nehme an, es darf wohl etwas Stärkeres sein als Tee - wie wär's mit einer Runde Scotch?»
«Ja, bitte», stimmten die beiden Frauen zu.
Es würde sicher nicht leicht werden, das Eis zu brechen, überlegte Banks, während er für jeden eine kräftige Portion Macallan Single Malt einschenkte. Schließlich konnte Jenny nicht einfach zu Sandra sagen: «Ich hörte, Sie hatten einen ziemlich schrecklichen Abend, meine Liebe», und es war wohl auch kaum damit zu rechnen, daß Sandra antworten würde: «Ja, wirklich furchtbar. Ich dachte, man würde mich vergewaltigen und sogar umbringen. Aber Ihnen soll es ja auch nicht gerade rosig ergangen sein, oder?» Also nippten alle drei stumm an ihrem Scotch, und Banks rauchte seine langersehnte Zigarette.
«Hören Sie, vielleicht ist es Ihnen lieber, wenn ich jetzt gehe», sagte Jenny schließlich. «Es geht mir wirklich wieder ganz gut.»
«Unsinn», sagte Sandra resolut, «Sie können unmöglich dahin zurück. Ich werde das Gästebett für Sie herrichten. Oh, Alan, es ist höchste Zeit, die Kinder abzuholen. Soll ich das machen?»
«Nein, du hast genug durchgemacht für heute», sagte Banks und legte seine Hand auf ihre Schulter. «Laß mich fahren. Es ist ja nur um die Ecke.»
«Sagst du's ihnen?»
«Ich werde ihnen sagen, daß man versucht hat, bei uns einzubrechen und daß du den Dieb gefangen hast. Dann werden sie dich für eine echte Heldin halten.»
«Aber es steht doch bestimmt später alles in der Zeitung, oder?»
«Wahrscheinlich, aber mit dem Problem werden wir uns befassen, wenn es soweit ist. Kann ich euch beide unbesorgt allein lassen?»
«Natürlich kannst du das», antwortete Sandra mit einem Lächeln zu Jenny. «Wir sind doch echte Helden, wie du sehr richtig festgestellt hast.»
«Ich dachte, ich hätte von Held innen gesprochen.»
Sandra schüttelte den Kopf. «Nein, das klingt irgendwie falsch. Ich finde, Heldinnen haben immer etwas von armen Opfern. Sie sind bleich und blutleer und machen eine Menge Getöse. Noch etwas Scotch, Jenny?»
Banks ging zu seinem Wagen. Auf dem Rückweg vom Gemeindesaal informierte er die Kinder, daß man über Nacht einen Gast im Hause habe, und bat sie, sich gut zu benehmen und friedlich zu Bett zu gehen, sobald sie ihren abendlichen Kakao getrunken hatten. Mehr zu erzählen, sah er keinen Grund.
Zu Hause angekommen, fanden sie Sandra und Jenny in angeregtem Gespräch vor. Die Kinder platzten sofort mit ihren Neuigkeiten
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