Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln
Zähne zu einer Art grimmigem Lächeln. «Ich hab' Arbeit für dich.»
Banks und Jenny brachen auf. Überraschenderweise verzichtete Banks darauf, seinem Ärger über Jennys Unbotmäßigkeit Luft zu machen. Ohne ein Wort zu sagen, fuhren sie durch die Nacht und unterbrachen das Schweigen nur für einen kurzen Moment, um für die nächste Woche einen neuen Gesprächstermin auszumachen. Nachdem sie Banks vor seiner Tür abgesetzt hatte, machte sich Jenny auch auf den Heimweg, müde und doch außerstande, die Erinnerung an Alice Matlocks toten Körper loszuwerden.
* 3
Detective Constable Richmond war mindestens genauso angetan von seiner jüngst erfolgten Beförderung zur Kriminalpolizei wie von dem Schnurrbart, mit dem er sich neuerdings schmückte. Letzterer ließ ihn älter und würdiger aussehen, ersteres verlieh ihm - was weit wichtiger war - ein Flair von Erfolg. Jahrelang hatte er seinen Streifendienst versehen, sich mit den Fiat Pandas herumgeschlagen oder sich die Füße abgelaufen in ganz Eastvale, mit dem Ergebnis, daß er über eine genaue Kenntnis sämtlicher Straßen, Hinterhöfe und Schlupfwinkel der Stadt verfügte. Die heimlichen Plätze der Liebespärchen waren ihm ebenso vertraut wie die Ganoventreffs und die Pubs, in denen die umherziehenden Schlägertrupps aus dem Catterick-Camp gelegentlich zur Polizeistunde die letzten Gäste aufmischten.
Auch bei den alten Cottages von Gallows View, am äußersten westlichen Stadtrand, kannte er sich aus. Die Stadtsanierer hatten die Häuser abreißen wollen - zumal man gerade die Neubausiedlung Leaview in Angriff genommen hatte - schließlich hatte sich der Stadtrat jedoch dem Druck der Denkmalschützer beugen müssen und widerstrebend zugelassen, daß die betagten Bauten bleiben durften. Alles in allem waren es ohnehin nur noch fünf Cottages, von denen die beiden äußeren, am westlichen Ende der Straße gelegen, zusammengelegt worden waren zu einem Geschäft mit angrenzendem Wohnhaus. Richmond hatte selbst als kleiner Junge seine Karamellen, Lakritzschnecken und Wundertüten dort gekauft und war dann später zu Zigaretten übergegangen, die ihm der Ladeninhaber oft gegen ein paar Marken von Mutters Lebensmittelkarte überlassen hatte, mit ein paar Drops zu Threepence obendrauf.
Gedankenverloren stand Richmond auf der Straße, zog den Regenumhang etwas enger, um sich die nasse Kälte vom Leibe zu halten, und wünschte Hatchley, diesen verdammten Sklaventreiber, zum Teufel. Garantiert saß der Bastard immer noch gemütlich in dem Haus der toten Frau, süffelte ihren Brandy aus und ließ seinen jüngeren Kollegen ungerührt durch den Regen von Haus zu Haus marschieren. Na schön, er kann mich mal, dachte Richmond, aber wehe er versucht, die Lorbeeren einzustecken, wenn ich was herausfinde.
Resigniert klopfte er an die Tür Nummer vier. Fast im gleichen Augenblick öffnete eine attraktive junge Frau, die sich die Kragenzipfel ihres Morgenrocks dicht vor den Hals hielt. Richmond zeigte stolz seinen Ausweis, strich gewichtig seinen Schnurrbart und folgte der Frau ins Innere des Hauses. Für 'ne alte Hütte, dachte er, haben die das Ding aber verdammt auf Vordermann gebracht: Doppelfenster, Zentralheizung, stuckverzierte Wände mit nettgerahmten Bildern - ein bißchen zu modern für seinen Geschmack, aber immerhin nicht dieser billige Woolworth-Kitsch -, zwei breite Fernsehsessel mit bequemen Kissen und dazwischen einer von diesen Couchtischen mit einer Glasplatte.
Dankend akzeptierte er das Angebot, eine Tasse Kaffee zu trinken - das würde ihn wenigstens wach halten -, fragte sich dann aber doch, was die Frau so lange in der Küche trieb und mit welchen Geräten sie diese seltsamen, sirrenden Geräusche zustande brachte. Als er den Kaffee endlich kosten durfte, wußte er Bescheid - er war aus frischgemahlenen Bohnen zubereitet, von Hand gefiltert und schmeckte einfach köstlich. Die Frau stellte das Tablett - ein Bambusgestänge mit zwei runden Glasplatten, dazwischen die gepreßten Blüten von wildem Klee, wie Richmond messerscharf feststellte - auf dem Tisch vor ihm ab, so daß der Detective endlich zur Sache kommen konnte.
Der Name der Frau war Andrea Rigby, und sie lebte in diesem Haus mit ihrem Mann, einem Systemanalytiker, der werktags oft außer Haus war, um in London oder Bristol an irgendwelchen größeren Projekten zu arbeiten. Vor drei Jahren war das Paar in das Haus in Gallows View gezogen, seit der Ehemann den
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