Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln
unterhalten und feststellen, ob er sich irgendwie auffällig verhält, womöglich die Schule schwänzt oder sich mit irgendwelchen Rowdies herumtreibt. War noch etwas?» wandte sich Gristhorpe an Sergeant Hatchley. «Etwas, das uns weiterhelfen könnte, Sergeant?»
«Ich kann einfach kein bestimmtes Muster entdecken in der Vorgehensweise unseres Spanners, Sir», erklärte Hatchley. «Bis auf die Tatsache, daß er sich immer Blondinen aussucht.»
«Was meinen Sie?»
«Nun, ich meine ein bestimmtes Muster, nach dem er seine Opfer auswählt, sich an sie heranmacht und herausfindet, wem er folgen kann.»
«Es waren doch nicht nur alleinstehende Frauen, oder?» erkundigte sich Gristhorpe.
«Nein, Sir», antwortete Hatchley. «Bei der einen hat sogar der Ehemann im Bett gelegen und gedöst, während unser Knabe sich hinter dem Vorhang vergnügt hat.»
«Ich glaube, er sondiert vorher das Terrain», merkte Banks an. «Er scheint immer genau zu wissen, durch welches Fenster er gucken kann und wie die Räume in den Häusern verteilt sind. Er schafft es sogar, sich jeweils die beste Zeit auszusuchen.»
«Demnach wählt er seine Opfer also sehr sorgfältig aus?»
«Offenbar.»
«Die Frauen waren alle vorher in einem Pub gewesen», fügte Hatchley hinzu, «aber es gibt keine Hinweise darauf, daß sie dort beobachtet wurden.»
«Das wäre doch eine Erklärung, nicht wahr?» meinte Banks. «Wenn er vorher schon wußte, wen er ausspionieren will, hat er sich auch über die Gewohnheiten seiner Opfer informiert. Wenn er die Häuser, wo sie wohnen, vorher ausgekundschaftet hat, wird er auch gewußt haben, wann die Frauen üblicherweise aus dem Pub kommen und das Licht im Schlafzimmer anmachen. Außerdem hat er bestimmt auch gewußt, ob der Ehemann noch eine Weile unten blieb oder vielleicht in der Badewanne lag, während sie sich schon ausgezogen hat. Eine gewisse Vorarbeit wird wohl nötig gewesen sein.»
«Das klingt ziemlich einleuchtend, Alan», bestätigte Gristhorpe, «allerdings hilft es uns in der Sache wohl kaum weiter, oder?»
«Nun, wir könnten die Leute immerhin warnen, daß sie möglicherweise beobachtet werden, und ihnen empfehlen, auf irgendwelche Fremden zu achten, die sich in der Gegend herumtreiben.»
«Ja, ich denke, das könnten wir.» Gristhorpe seufzte und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. «Besser als gar nichts jedenfalls. Sergeant Hatchley - soweit ich weiß, haben Sie noch einmal mit den Opfern gesprochen?»
«Ja, Sir, allerdings hat sich nichts Neues dabei ergeben. Abgesehen von der Tatsache, daß die Damen in allen Fällen vorher aus gewesen waren.»
«Vielleicht hält er sie deshalb für sündig oder verworfen oder irgendwas in dieser Art», spekulierte Banks. «Möglicherweise braucht er solche Gefühle gegenüber seinen Opfern. Bekanntlich gibt es viele Männer, denen der Gedanke, daß Frauen rauchen oder allein in Lokale gehen, zuwider ist. In ihren Augen machen sich die Frauen damit selbst zu einer billigen Beute. Vielleicht empfindet er genauso und braucht die Vorstellung, daß sich seine Opfer vorher selbst erniedrigt und verunreinigt haben.»
Gristhorpe kratzte sich am Hals und meinte stirnrunzelnd: «Ich habe den Eindruck, daß Sie sich ein bißchen zu lange mit Dr. Füller unterhalten haben, Alan. Aber vielleicht liegen Sie ja auch richtig, auf jeden Fall sollten Sie diesen Punkt mit ihr bereden. Wann ist der nächste Termin?»
«Morgen.»
«Wieder am Abend?»
Banks spürte, wie er leicht errötete. «Wir haben beide tagsüber zu viel zu tun, Sir.»
Hatchley versuchte ein Lachen zu unterdrücken, indem er die untere Gesichtshälfte hinter einem riesigen, verschmutzten Taschentuch verschwinden ließ und sich kräftig schneuzte, während Richmond verlegen auf seinem Stuhl herumrutschte. Banks registrierte die Reaktionen der beiden Männer mit deutlicher Verstimmung und hatte das Bedürfnis, die Dinge richtigzustellen, ihnen zu sagen, daß es sich um Arbeit, nichts als verdammte Arbeit handelte. Aber er wußte nur zu gut, daß seine Proteste überzogen klingen würden, also blieb er stumm und behielt seinen Ärger für sich.
«Setzen Sie ihr diesen Punkt also auseinander», fügte Gristhorpe, den Zwischenfall ignorierend, hinzu, «und fragen Sie sie, ob sie möglicherweise einen Zusammenhang sieht zwischen unserem Voyeur und dem Tod von Alice Madock. Finden Sie heraus, ob es eine gewisse
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