Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln
behaupten, wir kümmern uns nicht um die Sache, weil nur Frauen davon betroffen sind. Und wenn sie jetzt feststellen, daß wir mit einer offenkundig fähigen und erfolgreichen Frau zusammenarbeiten, werden ihnen wohl die Argumente ausgehen, meinen Sie nicht?»
Banks lächelte in sich hinein. «Ich verstehe, was Sie meinen. Und wie sollen die Damen erfahren, daß wir Jenny Füller zu Rate gezogen haben? Das ist wohl kaum der richtige Stoff für Schlagzeilen.»
Gristhorpe legte den Finger an seine Hakennase. «Jenny Füller hat Kontakte zu den hiesigen Feministinnen und wird über alles, was hier vorgeht, Bericht erstatten.»
«Ist das denn in Ordnung?» grinste Banks. «Und ich soll also mit ihr zusammenarbeiten? Dann werd' ich wohl besser ein bißchen auf der Hut sein, wie?»
«Das dürfte Ihnen wohl nicht schwerfallen, oder?» bemerkte Gristhorpe und blickte unschuldsvoll wie ein neugeborenes Kind aus seinen blauen Augen. «Schließlich haben wir doch nichts zu verbergen, stimmt's? Wir wissen, daß wir immer unser Bestes tun, auch in diesem Fall, und ich will nur erreichen, daß auch andere das wissen, das ist alles. Abgesehen davon können solche Persönlichkeitsprofile in Fällen wie diesen sehr nützlich sein. Sie helfen uns dabei, bestimmte Muster aufzudecken, damit wir besser wissen, wonach wir suchen müssen. Und unserer Jenny wird wohl nicht viel entgehen, wie? Ein echtes Prunkstück für die Polizei, meinen Sie nicht auch?»
«Ohne Zweifel.»
«Nun denn», lächelte Gristhorpe und klatschte mit den Händen auf seinen Schreibtisch. «Keine Probleme also. Was tut sich eigentlich bei diesen Einbrüchen?»
«Das ist eine ziemlich merkwürdige Sache. Auch hier haben wir drei Vorfälle binnen eines Monats, allesamt bei älteren Frauen, die allein zu Hause waren. In einem Fall hat's sogar einen gebrochenen Arm gegeben, aber wir sind bisher nicht viel weiter gekommen als bei unserem Voyeur. Immerhin müssen wir uns nicht von irgendwelchen Seniorengruppen beschimpfen lassen, daß wir angeblich nichts tun, weil nur alte Leute betroffen sind.»
«So sind nun mal die Zeiten, Alan», meinte Gristhorpe. «Und Sie werden zugeben müssen, daß die Feministinnen durchaus Grund zur Klage haben, wenn auch nicht gerade in unserem Fall.»
«Ich weiß, aber es irritiert mich trotzdem, in aller Öffentlichkeit kritisiert zu werden, obwohl ich mein möglichstes tue.»
«Nun, dann haben Sie ja jetzt die Möglichkeit, diesen Eindruck zu korrigieren. Was ist übrigens mit diesem Hehler aus Leeds? Meinen Sie, er könnte uns bei diesen Einbrüchen weiterhelfen?»
«Möglicherweise», meinte Banks achselzuckend. «Kommt drauf an, wie gut Mister Crutchleys Gedächtnis ist. Das hängt von verschiedenen Voraussetzungen ab.»
«Zum Beispiel von dem Grad des Drucks, den Sie ausüben, ich verstehe. Aber ich könnte mir vorstellen, daß Joe Barnshaw da schon einige Vorarbeit geleistet hat. Er ist ein guter Mann. Warum wollen Sie die Sache nicht ihm überlassen, statt sich selbst damit zu belasten?»
«Es ist immerhin unser Fall. Ich will selbst mit Crutchley sprechen, auf diese Weise brauch' ich niemandem Vorwürfe zu machen, wenn etwas schiefläuft. Und vielleicht klingelt's ja irgendwo bei mir, wenn er seine Aussage macht. Ich werde Inspector Barnshaw bitten, ihm die Bilder erst später zu zeigen und einen Zeichner mitzunehmen, falls seine Beschreibung etwas hergibt.»
Gristhorpe nickte. «Klingt vernünftig. Nehmen Sie Sergeant Hatchley mit?»
«Nein, ich mache das allein und setze ihn auf unseren Voyeur an, bis ich wieder zurück bin.»
«Halten Sie das für sinnvoll?»
«Nun, er wird wohl kaum viel Schaden anrichten für die Dauer eines Nachmittags, nicht wahr? Und wenn doch, dann haben die Feministinnen wenigstens eine passende Zielscheibe für ihre Anwürfe.»
Gristhorpe lachte. «Schämen Sie sich, Alan! Ihren armen Sergeant einfach den Wölfen vorzuwerfen ...»
* 3
Es regnete in Strömen. Schützend hielt sich Hatchley eine Ausgabe der Sun über den Kopf, während er mit Banks über die Market Street zum Golden Grill spurtete. Obwohl die Straße ziemlich schmal war, war das Pin-up des Tages auf Seite drei völlig durchnäßt, als sie ankamen. Nachdem sie sich an einem Fensterplatz niedergelassen hatten, starrten sie schweigend durch die regennassen Scheiben auf die verschwommenen Fassaden der gegenüberliegenden Geschäfte und warteten,
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