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Inspector Alan Banks 02 Eine respektable Leiche

Titel: Inspector Alan Banks 02 Eine respektable Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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erleichtern.
     
    * IV
     
    Später, als sie längst im Bett lag und auf den Schlaf wartete, kamen die Bilder wieder. All diese Bilder, die sie heimsuchten, seit Harold Steadman gestorben war. Die vielen Sommer, die so weit zurücklagen. Die so idyllisch gewesen waren und so unschuldig. Zumindest hatte alles so ausgesehen.
      Zehn Jahre war das her, und sie hatte nie einen Grund gesehen oder die Neigung verspürt, über diesen Lebensabschnitt nachzudenken. Es war wie ein Stück verklärter Kindheit, die man sich erst wieder zurückholte, wenn man alt war und dem Ende nahe. Ihr Leben war zu turbulent gewesen, zu aufregend, und als schließlich alles zusammengebrochen war, hatte sie alles andere als Sommeridyllen im Kopf gehabt. Dieses frühere Leben schien nicht ihr eigenes zu sein, sondern einer fremden Person anzugehören. Dann war sie zurückgekehrt, nach Helmthorpe, wo sie sich alle wiedergefunden hatten. Und nun war Harold tot, und dieser gräßliche Kripomensch schnüffelte überall herum, stellte lästige Fragen und wirbelte die Erinnerungen hoch wie die anbrandende Flut den Meeresgrund.
      Und so ließ sie alles wieder Revue passieren, sah sich erneut über den Pennine Way nach Wensleydale wandern oder in Harolds altem Morris 1100 sitzen auf der Fahrt nach Richmond oder zum Lake District. Die Bilder zogen vorbei wie in einem verblichenen Film, in dem sie Dinge erblickte, die sie nie zuvor bemerkt hatte - Nichtigkeiten, vage und verschwommen nur, aber doch seltsam beunruhigend. Und je mehr sie nachdachte, desto weniger gefiel ihr, was sie da sah...
      Ruhelos wälzte sie sich hin und her und versuchte, die Bilder aus ihrem Kopf zu verscheuchen. Es waren Träume, böse Träume, weiter nichts. Die Wahrheit war rein, so rein und keusch, wie sie sie in ihrer Erinnerung zurechtgebogen hatte. Ja, so mußte es gewesen sein. Das Problem war nur, daß diese Träume ihr mit einemmal so viel realer erschienen und sich einfach nicht abschütteln ließen. Sie mußte endlich zur Ruhe kommen, mußte herausfinden, was Wirklichkeit war und was Phantasie. Wie war es bloß möglich, daß die Vergangenheit, all diese Dinge, die doch wirklich passiert waren, plötzlich so diffus wurden, so anders?
      Während der Schlaf sie langsam davontrug, lag sie da und grübelte, was sie tun sollte, nun, da sich alles verändert hatte.
     
     

* KAPITEL 11
     
    * I
     
    Die zahllosen Wildbäche, die sich von den Höhen des Swainsdale in den Fluß stürzten, waren zu rauschenden Strömen angewachsen und schütteten das Regenwasser von den Highlands hinunter ins Tal. Unter den wärmenden Strahlen der Sonne stieg das Wasser aus den durchtränkten Böden der Talhänge und formte sich zu einem feinen Gespinst, zart wie Engelshaar. Die Farben strahlten wie frisch gewaschen, sattes Grün zog sich von der Straße hinauf zu den Höhen, und die Blütenköpfe des Heidekrauts, das die Bergspitzen säumte, leuchteten purpurrot durch den zarten Nebelschleier.
      Penny, die soeben mit Jack Barker über die High Street schlenderte, bemerkte als erste die kleine Menschenansammlung auf der Brücke, unter der sich eine Vielzahl von tosenden Bächen zu einem reißenden Strom gefunden hatte, um sich in rauschenden Kaskaden talwärts in den Swain zu ergießen.
      Eine Frau in einem ärmellosen gelben Kleid deutete nach oben auf den Hang, die anderen folgten ihrem Blick und beugten sich über die niedrige Steinbrüstung. Penny und Barker hatten die Gruppe bald erreicht und blieben stehen, um festzustellen, was es Aufregendes zu sehen gab. Die Stelle bot einen ungehinderten Blick auf den Talhang und den Lauf des Wildbachs, der sich an einer Reihe von blühenden Gärten entlangschlängelte und auf seinen schäumenden, tosenden Fluten einen Gegenstand mit sich führte, eine Art Stoffpuppe, die in einiger Entfernung auf den quirligen Wellen tanzte. Es hatte etwas seltsam Hypnotisches, fand Penny, auf dieses Ding zu starren, das da wie entfesselt auf und ab hüpfte, mit den Armen um sich schlug, sich an den Felsen verfing und von der reißenden Strömung wieder mitgerissen wurde bis zum nächsten Hindernis.
      Plötzlich riß die Frau mit dem gelben Kleid den Mund auf und stieß einen erstickten Laut aus. Penny, deren Fernsicht noch nie besonders gut gewesen war, folgte dem Beispiel der übrigen, beugte sich noch ein Stück weiter vor und kniff die Augen zusammen, konnte aber nichts erkennen, bis auch sie mit einemmal von der jähen Schockwelle erfaßt

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