Inspector Alan Banks 02 Eine respektable Leiche
ich hätte bestimmt immer an Sally denken müssen, an ihren verstümmelten Körper...»
«Das kann ich verstehen. Aber warum, glaubst du, daß du's hinterher bereut hättest?»
«Aus vielen Gründen», erwiderte Penny achselzuckend. «Es ist eine Menge passiert in letzter Zeit, und es wäre mir zu schnell gegangen, zu unvermittelt. Im Grunde wär es ziemlich einfach, mit dir ins Bett zu hüpfen, du bist schließlich ein gutaussehender Mann, aber ich will mehr, Jack. Ich habe keine Lust, eins von deinen schnellen Abenteuern zu sein, wie diese Flittchen, mit denen du herumschläfst, wenn du nach London fährst und deine Bücher unters Volk wirfst.»
«Das tu ich nicht, und so würd ich dich nie behandeln.»
«Egal, mein Bedarf an Enttäuschungen ist jedenfalls gedeckt, und ich wünsche mir etwas mehr Beständigkeit. Ich weiß, das klingt spießig und sentimental, aber ich möchte gern ein ganz normales, geregeltes Leben führen, und es ist wahrscheinlich besser, wenn ich allein bleibe. Ich gehöre nicht zu den Frauen, die sich einfach auf einen Mann verlassen.»
«Um so besser, ich bin nämlich nicht besonders verläßlich», meinte Barker, zündete sich eine Zigarette an und begann zu husten. «Hör zu, Penny», fuhr er schließlich fort, «es kümmert mich nicht, ob das der richtige Ort oder der angemessene Zeitpunkt ist - aber ich liebe dich. Das ist es, worauf ich die ganze Zeit hinauswollte. Nicht, ob du mit mir ins Bett gehst oder es bleiben läßt, nein. Also bitte, nun ist es heraus, und ich werde wohl damit leben müssen, wenn ich mich zum Narren gemacht habe.»
Penny betrachtete ihn lange und eindringlich und meinte schließlich: «Ich weiß nicht, ob ich umgehen kann mit so was wie Liebe.»
«Dann versuch's», schlug Barker vor, beugte sich zu ihr und streichelte ihr Haar. «Man kann nie wissen, vielleicht gefällt's dir.»
Sie wandte den Blick ab, und er rückte näher, um sie in den Arm zu nehmen. Penny verkrampfte sich ein wenig, ließ ihn aber gewähren.
Nach einer Weile löste sie sich von ihm und schaute ihm mit großem Ernst in die Augen. «Du darfst nicht zuviel von mir erwarten», erklärte sie. «Ich bin es gewöhnt, mich allein durchzuschlagen - und ich mag es so.»
«Wir haben beide so lange allein gelebt», stellte Jack fest, «daß uns der Gedanke an eine Änderung natürlich angst machen muß. Aber wozu die Eile? Lassen wir's einfach langsam angehen.»
Aus der Küche ertönte ein Klingeln.
«Ah, der Wecker - das Curry ist fertig!» verkündete Penny und stand auf.
Barker folgte ihr zur Küche, lehnte sich gegen den Türrahmen und beobachtete, wie sie in der pikanten Sauce rührte. «Weißt du», sagte er, «mir ist eigentlich erst durch diesen Scheißbullen, wie du immer sagst, so richtig klargeworden, daß ich tatsächlich eifersüchtig war auf Harry und dich. Ich hab mich immer gefragt, warum du für ihn so viel übrig hattest und für mich so wenig.»
«Das ist nicht fair, Jack», wehrte sich Penny und drehte sich mit verärgerter Miene um. «Das darfst du nicht sagen. Du redest genau wie dieser Banks.»
«Tut mir leid», entschuldigte sich Barker, «ich hab gar nichts Besonderes gemeint.»
«Ach, vergiß es.»
«Man kann die Vergangenheit nicht einfach ignorieren, Penny», meinte Barker. «Es gibt eine Menge Dinge, die einer Erklärung bedürfen.»
«Zum Beispiel?» erkundigte sich Penny mißtrauisch, während sie den Topf vom Feuer nahm.
«Darüber weißt du sicher mehr als ich.»
«Worüber soll ich mehr wissen?»
«Über das, was hier passiert ist. Komm schon, Penny, willst du mir etwa erzählen, du hättest dir keine Gedanken gemacht? Ich bin sicher, daß du mehr weißt über diese Angelegenheit, als du zugibst.»
«Und warum glaubst du das?»
«Ich weiß nicht», antwortete Barker, «du gibst dich nur immer so schrecklich geheimnisvoll und empfindlich, wenn's um diese Dinge geht.»
Penny wandte sich wortlos ihrem Curry zu.
«Nun?» drängte Barker.
«Was, nun?»
«Ist es so?»
«Ist es wie?»
«Ach, hör schon auf, du hast mich ganz gut verstanden. Also, weißt du was, was ich nicht weiß?»
«Keine Ahnung, was du weißt.»
«Gar nichts. Und du?»
«Ich auch nicht, natürlich nicht», erklärte Penny und häufte das Curry auf die Teller. «Du hast einfach nur eine blühende Phantasie, Jack. Typisch Schriftsteller! Meinst du
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