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Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel

Titel: Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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hatte, was eigentlich dahinter stand. Allmählich fühlte er sich immer mehr wie Joseph K. in Franz Kafkas Prozess und rutschte nervös auf dem Sofa umher. »Warum wollen Sie das alles wissen?«, fragte er erneut. »Sie wollten mir doch sagen, worum es geht.«
      »Wollte ich das? Gut, würden Sie uns zuerst einmal erlauben, schnell einen Blick auf die restliche Wohnung zu werfen? Dann müssen wir vielleicht nicht wiederkommen.«
      »Bitte«, sagte Owen und begleitete sie, als sie sich an die Arbeit machten. Es war keine gründliche Durchsuchung, und Owen hatte das Gefühl, dass er sich, indem er ihnen die Erlaubnis gegeben hatte, eine Menge Ärger erspart hatte. Im Fernsehen hatte er gesehen, was Durchsuchungsteams in einer Wohnung anrichten konnten. In die Schlafzimmer, von denen eines vollständig leer stand, warfen sie nur einen flüchtigen Blick und schauten in seiner Kommode und im Kleiderschrank nach. Im Arbeitszimmer bewunderte Stott das Aquarium mit den Tropenfischen, während Hatchley natürlich durch Owens Fotoarchiv stöberte und die schwarz-weißen Aktstudien von Michelle fand. Er zeigte sie Stott, der die Stirn runzelte.
      »Wer ist das?«, wollte Stott wissen.
      Owen zuckte mit den Achseln. »Nur ein Modell.«
      »Wie ist ihr Name?«
      »Tut mir Leid, daran kann ich mich nicht erinnern.«
      »Sie sieht sehr jung aus.«
      »Sie war zweiundzwanzig, als die Fotos gemacht wurden.«
      »Mmmh, nicht jünger?«, murmelte Stott und reichte die Fotos zurück an Hatchley. »Wahrscheinlich künstlerische Freiheit. Entdecken Sie eine Ähnlichkeit, Sergeant?«, fragte er Hatchley.
      »Ja, Sir, tue ich.«
      »Ähnlichkeit mit wem?«
      »Was dagegen, wenn wir diese Fotos auch mitnehmen?«, fragte Stott.
      »Ja, ich habe etwas dagegen. Das sind die einzigen Abzüge, die ich besitze, und die Negative habe ich verloren.«
      »Verstehe, Sir. Sie wollen sie aus sentimentalen Gründen behalten. Wir werden gut auf die Bilder aufpassen. Aber Sekunde ... sagten Sie nicht gerade, sie wäre nur ein Modell gewesen?«
      »Ja, das sagte ich. Und ich sagte nicht, dass ich sie aus sentimentalen Gründen behalten will. Sie gehören in meine Mappe. Für Ausstellungen und solche Zwecke.«
      »Aha, verstehe. Dürften wir dann vielleicht wenigstens ein Bild davon mitnehmen?«
      »Meinetwegen. Wenn es sein muss.«
      Hatchley blätterte durch ein paar weitere Kunstbände, die auf einem Regal über dem Archivschrank standen. Einer von ihnen widmete sich erotischer Kunst aus Japan, und auf der Seite, die er aufschlug, war eine Kohlezeichnung von zwei jungen, eng umschlungen auf einem Bett liegenden Mädchen zu sehen. Die beiden hatten sich entweder das Schamhaar rasiert oder sie waren so jung, dass ihnen noch keines gewachsen war. Schwer zu sagen. Er hielt Stott das Bild unter die Nase.
      »So ähnlich wie die Bücher in dem anderen Zimmer, Sir«, sagte er.
      Stott rümpfte die Nase.
      »Und einige von den Romanen, die er liest, standen mal auf dem Index«, fuhr Hatchley fort. »Lady Chatterley, Naked Lunch, Ulysses, Das Venusdelta, ein bisschen was von De Sade ...«
      »Gott im Himmel!«, unterbrach ihn Owen. »Ich glaube es nicht. Ich bin Englischlehrer, Sie verdammter Ignorant! Davon lebe ich.«
      »Jetzt hören Sie mir mal zu, Kumpel«, sagte Hatchley und baute sich vor ihm auf. »Der letzte Kerl, der so mit mir geredet hat, hatte einen hässlichen Unfall im Treppenhaus des Polizeireviers.«
      »Wollen Sie mir drohen?«
      Hatchley schob sein Kinn vor. »Das können Sie verstehen, wie Sie wollen.«
      »Hören Sie auf, Sergeant!«, schaltete sich Stott ein. »Ich werde nicht zulassen, dass Sie auf diese Weise mit einem Mitglied der Öffentlichkeit reden. Entschuldigen Sie sich auf der Stelle bei Mr Pierce.«
      »Ja, Sir«, erwiderte Hatchley. Er schaute Pierce an und sagte: »Entschuldigen Sie, Sir.«
      »Wenn Sie mich fragen«, sagte Owen, »sind Sie beide diejenigen, die hier pervers sind. Wie Hexenjäger, die überall das Werk des Teufels sehen.«
      »Vielleicht ist es auch überall«, entgegnete Stott ruhig. »Haben Sie jemals darüber nachgedacht?«
      »Es ist nur schwer zu glauben, dass heutzutage immer noch jemand glaubt, Lady Chatterley und Ulysses seien anstößige Bücher.«
      Sie nahmen wieder im Wohnzimmer Platz. »Warum erzählen Sie mir jetzt nicht einfach alles, was Sie gestern Abend in St. Mary's getan haben«, sagte Stott.

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