Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel
dass Sie uns, wenn Sie weiterhin lügen, zudem eine möglicherweise wichtige Aussage unterschlagen.«
Charters sagte nichts.
»Wohin sind Sie dann gegangen?«, wollte Banks wissen.
»Ich bin ein Stückchen die North Market Street entlanggegangen und dann über die Constance Avenue zurück zum Fluss und nach Hause.« Er schaute Rebecca an und schaute dann wieder weg. »Aber als ich hier angekommen bin, wollte ich ... ich wollte nicht reingehen ... nicht gleich. Also bin ich noch gut zehn Minuten oder so weitergelaufen, dann umgekehrt und nach Hause gekommen.«
»Das ist alles?«
»Ja.«
»Sind Sie auch auf dem Friedhof gewesen?«
»Nein. Leider nicht. Vielleicht hätte ich dann den Mord an dem armen Mädchen verhindern können.«
»Um wie viel Uhr ist denn nun Ihr Mann nach Hause gekommen, Mrs Charters?«
»Er war schon zu Hause, als ich vom Friedhof kam.«
»Und da war es ungefähr Viertel vor sieben?«
»Ja.«
»Und was haben Sie getan, nachdem Mr Charters Ihre Wohnung verlassen hat?«, wollte Banks von Metcalfe wissen.
»Nichts Besonderes. Ich habe mein Abendessen warm gemacht. Ich habe daran gedacht, hierher zu kommen und dieser lächerlichen Farce ein Ende zu machen, aber dann habe ich es mir anders überlegt.«
»Welcher lächerlichen Farce?«
Einen Moment lang schwiegen alle drei, als wäre schließlich jemand zu weit gegangen und sie würden nun überlegen, wie sie das Ganze vertuschen könnten. Doch dann ergriff Daniel Charters das Wort. »Ich wollte mit Metcalfe sprechen, um ihn davon zu überzeugen, sich nicht mehr mit meiner Frau zu treffen«, erklärte er.
Banks schaute Metcalfe an. »Stimmt das?«
»Ja.«
»Und wie lautete Ihre Antwort?«
Metcalfe sah Charters höhnisch an. »Ich sagte ihm, dass mich sein Gerede nicht interessiert, dass es zu spät ist. Rebecca und ich lieben uns und wir werden zusammen weggehen.«
Banks schaute zu Rebecca. Sie hatte ihren Kopf gesenkt, so dass er ihren Gesichtsausdruck nicht sehen konnte, sondern nur eine Wand aus rotbraunem Haar, das ihr bis zu den Knien reichte. Ihr Weinglas stand seit einigen Minuten unberührt auf dem Tisch.
»Sag es ihm«, drängte Metcalfe sie. »Los, Rebecca! Sag ihm, dass es die Wahrheit ist. Erzähle ihm, was für eine Heuchelei diese Ehe ist, wie sie dich erstickt und dein wahres Wesen zerstört. Sag ihm, dass du deinen Ehemann nicht mehr ...«
»Nein!«
»Was?«
Rebecca hob ihren Kopf und starrte Metcalfe an. Tränen der Wut funkelten in ihren dunklen Augen. »Ich sagte nein, Patrick.« Sie schien die Kontrolle über die Situation zu gewinnen, der Tränenfluss versiegte. Sie sprach mit leiser Stimme. »Ich habe bereits versucht, es dir zu erklären, aber du wolltest nicht zuhören. Du willst es nicht verstehen. Ich will mich gar nicht rechtfertigen. Was ich getan habe, war falsch. Furchtbar falsch.« Sie schaute ihren Mann an, der keine Regung zeigte, dann wieder Metcalfe. »Aber es ist allein meine Schuld, meine Sünde. Wenn ich nicht stark genug war, um zu meinem Mann zu halten, als er mich am meisten brauchte, wenn ich zugelassen habe, dass unsere Ehe durch Misstrauen und Argwohn vergiftet wird, dann ist das mein Fehler, meine Schuld. Aber ich werde sie nicht noch durch Lügen verschlimmern.«
Sie wandte sich an Banks. »Ja, Chief Inspector, ich hatte eine Affäre mit Patrick. Ich habe ihn Mitte des letzten Monats bei einer Abendgesellschaft kennen gelernt, die wir für das Kollegium und die Oberstufe der St.-Mary's-Schule veranstaltet haben. Er war charmant, interessant, leidenschaftlich und ich war von ihm begeistert. Daniel und ich steckten bereits in einer schwierigen Phase, wie Sie sich vielleicht vorstellen können, und während ich hätte stark sein müssen, war ich schwach. Ich bin nicht stolz auf mich; ich möchte nur, dass Sie wissen, dass ich Sie deshalb angelogen habe, weil ich befürchtete, zu viele Fragen würden genau zu einer solchen Situation führen, wie wir sie jetzt haben. Jetzt ist es passiert, und obwohl ich eine solche Situation unter allen Umständen vermeiden wollte, bin ich nun froh, glauben Sie mir. In letzter Zeit hat es in diesem Haus bereits viel zu viele Verdächtigungen gegeben. Ich kann nicht glauben, dass mein Mann etwas mit diesem Mord zu tun hat, und genauso wenig kann ich glauben, dass er zu dem fähig ist, was ihm dieser verleumderische Mann unterstellt.«
Sie wandte sich
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