Inspector Alan Banks 09 Das blutige Erbe
Tasse Tee ein und machte sich an die Arbeit.
Da ihre Wohnung recht klein war, stand der Computer in ihrem Schlafzimmer. Das war das Zimmer, in dem sie noch nie Besucher empfangen hatte. Bisher jedenfalls. Doch in diesem Moment wollte sie den Gedanken an Detective Constable Gavin Richards nicht aufkommen lassen.
Mit einer dampfenden, nach Apfel und Zimt duftenden Tasse Tee neben sich und dem aus dem Wohnzimmer herüberschallenden Song »Don't cry for me, Argentina« verschränkte Susan die Beine unter ihrem Schreibtischstuhl und logte sich ins Internet ein. Dann tippte sie die Adresse des Pamphlets ein und klickte auf ihre Maus.
Während die verschiedenen Datenfragmente des Dokuments über die Telefonleitung übermittelt und zusammengefügt wurden, blieb der Bildschirm lange leer, bis er plötzlich schwarz wurde.
Als Nächstes baute sich auf dem Monitor von oben nach unten, Linie für Linie, ein mehrfarbiges Bild auf und bald war das Emblem der Albion-Liga, ein Hakenkreuz aus brennenden goldenen Pfeilen, vollständig zu sehen. Wahrscheinlich, dachte Susan, sich an Superintendent Gristhorpes Worte und an das Lied von Blake erinnernd, handelte es sich um eine Art Visualisierung von Blakes »Pfeile der Sehnsucht«.
Über dem Hakenkreuz bogen sich in einem Halbkreis aus gotischen Großbuchstaben die Worte DIE ALBION-LIGA.
Es dauerte noch ein paar Minuten, bis auch der Rest des Dokuments übermittelt wurde. Als es vollständig war, begann Susan durch die Website zu browsen. Aus dem Wohnzimmer ertönte »Memory«.
Anders als die Seiten eines Buches haben Websites eine zusätzliche Dimension, erreichbar über Hypertextlinks, hervorgehobene Worte oder Piktogramme, die man anklicken kann, um zu einer anderen, verwandten Seite zu gelangen. Zuerst ignorierte Susan diese Links und konzentrierte sich darauf, den Text der Homepage zu lesen. Es war so ziemlich der gleiche Text wie der, den sie auf dem Pamphlet gesehen hatte; er war nur länger und ausführlicher.
Der erste Absatz begrüßte den Leser auf der Seite und erklärte, dass die Albion-Liga eine schnell wachsende Gruppe engagierter Bürger sei, die sich der ethnischen Reinheit, der Redefreiheit, Recht und Ordnung und der Wiederherstellung eines wahren englischen »Heimatlandes« verschrieben habe.
Danach folgten eine Reihe Links. Manche waren eng verwandte Websites, wie die Homepages der Britischen Nationalpartei oder der von Combat 18, andere stammten aus den USA oder Kanada und trugen Namen wie Sturmfront, Ariernation und Das Erbe. Die Bandbreite variierte von einigermaßen niveauvoll bis schlichtweg unlesbar, doch manche der Grafiken waren einfallsreich gestaltet. Susan hatte Mitglieder von Nazigruppen nie für besonders kreativ oder intelligent gehalten. Andererseits musste man heutzutage auch kein Einstein sein, um mit einem Computer umzugehen. Beinahe jedes Kind kannte sich damit aus.
Sie entschied sich für die »News«-Seite der Liga und wurde bald mit einer Reihe Geschichten aus der beschränkten, einseitigen Sichtweise der Albion-Liga konfrontiert.
Der erste Artikel betraf die Menge der öffentlichen Gelder, die in den Bau der riesigen, neuen Moschee zwischen Leeds und Bradford gesteckt wurden, und stellte diesem Sachverhalt den schockierenden Zustand der Baufälligkeit gegenüber, in dem sich die meisten britischen Kirchen befanden.
Der zweite behauptete, ein führender Wissenschaftler habe »bewiesen«, dass der heutige Mensch in Wirklichkeit von bleichhäutigen, nördlichen Stämmen abstamme statt von »haarigen Afrikanern«.
Und in diesem Stil ging es weiter: Ein Tory-Abgeordneter, bekannt für sein Eintreten für Moral und Familienwerte, war bei einer Polizeirazzia in einem homosexuellen Puff erwischt worden, nur mit einer blonden Perücke und einem Tutu bekleidet; der Stadtrat von Leeds hatte dafür gestimmt, eine der Straßen der Stadt nach einem schwarzen revolutionären »Dreckskerl« umzubenennen ... Ein Artikel nach dem anderen Beispiel für die Heuchelei der Regierung und den Zerfall der Kultur.
Eine Geschichte widmete sich einem weißen Schüler, der direkt vor den Türen einer Bradforder Gesamtschule von drei Mitgliedern einer asiatischen Gang niedergestochen worden war. Der Vorfall war traurig genug - und Susan erinnerte sich, vor ein paar Wochen darüber in der Yorkshire Post gelesen zu haben -, doch laut der Albion-Liga war es nur deshalb dazu gekommen, weil der örtliche
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