Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer
Es gab zwei kleine Parkplätze, die durch eine hohe Hecke voneinander getrennt waren, die Person musste ihren Wagen also auf dem anderen abgestellt haben, sonst hätte An-nie sie früher bemerkt.
Sie steigerte ihre Geschwindigkeit noch einmal, doch als sie die Straße erreichte, sah sie nur noch die Rücklichter in der Ferne. Trotz des Mondlichts konnte sie nur erkennen, dass das Auto eine dunkle Farbe hatte. Sie beugte sich vor, die Hände auf die Knie gestützt, kam wieder zu Atem und fragte sich, wer um alles in der Welt sich so bemühte, nicht erkannt zu werden.
* 12
***
»Er hat um meine Hand angehalten«, wiederholte Gloria.
»Das glaube ich dir nicht«, erwiderte ich.
»Na, du kannst ihn ja selbst fragen. Es stimmt.«
Das neue Jahr, 1945, war noch nicht alt, und ich war eines Abends ins Bridge Cottage gegangen, um zu sehen, wie es Gloria ging. Über Weihnachten hatte sie eine schlimme Erkältung gehabt - sie hatte nicht einmal zu Alice Pooles Abschiedsparty kommen können -, und der Arzt sagte, sie hätte sich beinahe eine Lungenentzündung geholt. Obwohl sie schwach und blass war und etwas abgenommen hatte, schien sie auf dem Weg der Besserung zu sein.
»Du hättest mal meine Nase sehen sollen, als er seinen Antrag machte. Die war rot und wund.«
Ich lachte. Es war schön, über etwas lachen zu können. Weihnachten war eine trübe Angelegenheit gewesen, nicht nur weil es das kälteste Fest war, an das ich mich erinnern konnte, sondern weil der Vormarsch unserer Truppen, für die es bisher so gut gelaufen zu sein schien, in den Ardennen ins Stocken geraten war. Alice konnte sich nicht beklagen. Ihr Eric war dort verwundet und nach Hause geschickt worden. Aber wie lange wollte sich dieser erbärmliche Krieg noch hinziehen? Merkte denn keiner, dass wir alle längst genug hatten? Manchmal überkam mich das Gefühl, dass es nie ein Leben zu Friedenszeiten gegeben hatte.
»Was hast du geantwortet?«, fragte ich.
»Ich hab ihm gesagt, ich würde drüber nachdenken, aber dass er warten müsse, bis der Krieg vorbei ist, bis wir genau wissen, was mit Matt ist.«
»Liebst du ihn denn?«
»Irgendwie schon. Nicht... Ähm, ich meine, ich glaube eigentlich nicht, dass ich jemanden so lieben könnte, wie ich Matt geliebt habe, aber Brad und ich kommen gut miteinander zurecht, im Bett und auch sonst. Ich bin gern mit ihm zusammen. Und er behandelt mich gut. Wenn der Krieg vorbei ist, will er mich mit nach Hollywood nehmen.«
»Da fängst du ein ganz neues Leben an, was?«
»Ja.«
»Und ich hab dann jemanden, den ich da besuchen kann.«
»Genau.«
»Aber?«
»Wie meinst du das?«
»Ich spüre noch ein >Aber<. Du hast ihm nur gesagt, du würdest drüber nachdenken.«
»Ach, ich weiß nicht, Gwen. Du weißt ja, dass ich erstens mal gar nicht daran denken darf, wieder zu heiraten, bevor der Krieg vorbei ist. Aber ich werd's mir überlegen. Hier, sieh mal, was mir PX gebracht hat, als ich krank war. Ist er nicht süß?«
Es war eine Schachtel Pralinen. Eine ganze Schachtel voller Pralinen! Ich hatte seit Jahren keine einzige Praline mehr gesehen. Gloria hielt sie mir hin. »Hier, nimm eine. Ach, nimm sie alle. Die machen mich nur dick.«
»Und ich?«, fragte ich und griff nach dem Karamel.
»Du könntest auch ein bisschen Fleisch auf den Rippen vertragen.«
Ich warf mit dem zerknüllten Einwickelpapier nach ihr. »Frechdachs!«
»Stimmt doch. Was ist mit Charlie?«
»Och, der ist noch immer traurig, weil Glenn Miller verschwunden ist.«
»Das meine ich nicht, das weißt du ganz genau. Hat er dir schon einen Antrag gemacht?«
Ich bin sicher, dass ich rot anlief. »Nein«, antwortete ich. »Wir haben noch nicht übers Heiraten gesprochen.«
»Bücher, das ist alles, worüber ihr beiden reden könnt.«
»Das stimmt nicht.«
Sie lächelte. »Ich ziehe dich nur auf, Gwen. Es freut mich, dass du glücklich bist. Ehrlich.«
»Trotzdem haben wir noch nicht übers Heiraten gesprochen.«
»Na, es eilt ja auch nicht, oder? Aber er ist wirklich nicht schlecht. Ein Anwalt! Der wird mal reich, wart's nur ab!«
»Geld ist nicht alles.«
»Aber es hilft. Egal, dann kannst du auch nach Amerika ziehen und wirst die Frau eines reichen Anwalts. Wir können uns ständig treffen. Zusammen essen gehen.«
»Gloria, Boston ist meilenweit entfernt von Los
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