Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer
Angeles.«
»Ja? Na ja, wenigstens sind wir im selben Land.«
Und so plapperten wir über Liebe und Hochzeit und was die Zukunft uns bringen würde. Gloria war schon bald wieder bei voller Gesundheit und die bunte Folge von Tanz, Kino und Abenden im Pub begann von neuem. Der Februar brachte die Aussicht auf den Sieg näher, und langsam glaubte auch ich, dass wir den letzten Kriegsfrühling vor uns hatten.
Alles änderte sich an einem grauen Nachmittag im März, als ein großer, hagerer Fremder auf der High Street auf mich zukam, gegen den Wind ankämpfend.
***
Banks musste letzte Nacht wirklich herumgesumpft haben, dachte Annie, schürzte die Lippen und klopfte sich mit dem Stift auf den Oberschenkel. Es war neun Uhr durch und er war noch nicht in seinem Büro. War er immer noch in Leeds? Hatte er mit seinem Freund vielleicht Frauen aufgerissen?
Sie kämpfte gegen die brennende Eifersucht an, die sich in ihrem Magen zusammenballte. Eifersucht und Argwohn hatten schon früher ihre Beziehungen zerstört. Kurz bevor Rob starb, hatte sie ihn verdächtigt, eine Affäre zu haben, und ihn deshalb schlecht behandelt. Sie war der Meinung, ihre Gefühle mittlerweile im Griff zu haben, innere Distanz gelernt zu haben, aber vielleicht hatte sie ihre Unsicherheit nur für eine Weile auf Eis gelegt, so wie alles andere auch, seit sie nach North Yorkshire gezogen war. Das war eine beängstigende Vorstellung. Bis sie Banks kennen lernte, hatte sie sich eingebildet, alles unter Kontrolle zu haben und gut zurechtzukommen.
Annie fiel wieder ein, dass sie die Verbindung von Gwen Shackleton zu Vivian Elmsley prüfen sollte. Als Erstes rief sie Ruby Kettering an, die ihr - wie erwartet - sagte, es sei so lange her, dass sie sich nicht mal mehr erinnern könne, wie Gwen ausgesehen und gesprochen hätte. Außerdem sei Gwen damals erst fünfzehn gewesen. Elizabeth Goodall sagte Annie, sie wisse überhaupt nicht, wer Vivian Elmsley sein solle, und Alice Poole sagte, bei ihren schlechten Augen könne man ihr noch nicht einmal glauben, wenn sie Königin Elizabeth und Prinz Charles auseinander halten solle.
Als Nächstes rief Annie in Millgarth an und ließ sich mit Inspector Blackstone verbinden. Er sagte ihr, Banks sei auf dem Heimweg nach Eastvale. Sie hätte schwören können, dass er sich das Lachen verkniff, als er das sagte. Bestimmt hatten die beiden Männer über sie geredet; die Vorstellung, wie Banks seinem Kumpel nach ein paar Bieren alles bis ins kleinste Detail schilderte, ließ sie rot anlaufen, ihre Kehle schnürte sich zu. Plötzlich war ihre Vorfreude verflogen, ihm von ihrem Erfolg bei der amerikanischen Luftwaffe in Ramstein zu berichten.
Männer, dachte Annie. Nichts als große Jungen, wenn man es sich genau überlegte. Und das war noch eine sehr höfliche Umschreibung.
Das Fax sprang summend an. Annie eilte hinüber, um zu sehen, ob es sich um die Nachricht von Mattie aus St. Louis handelte. So war es: eine Aufstellung des Personals der 448. Bombergruppe auf dem amerikanischen Fliegerhorst in Rowan Woods zwischen dem 19. Dezember 1943 und dem 17. Mai 1945, dem Tag der Abreise. Es waren viele Namen. Zu viele.
Während sie die Liste überflog, dachte Annie wieder an den Vorfall in Hobb's End in der vergangenen Nacht. Er hatte sie mehr beschäftigt, als ihr anfangs klar gewesen war. Sie hatte Schwierigkeiten gehabt einzuschlafen. Sie wusste nicht, warum sie sich davon so mitgenommen fühlte, abgesehen von dem verzerrten roten Mond, der gruseligen Stimmung und den Ruinen, die sie verführt hatten, wieder an Geister, Kobolde und andere Wesen zu glauben, die nachts zum Leben erwachten. Aber Geister und Kobolde liefen nicht davon und flüchteten nicht mit Autos. Jetzt, bei Tageslicht, grübelte sie am meisten darüber, warum sich jemand überhaupt vor ihr verstecken und dann, als sie die Verfolgung aufnahm, weglaufen sollte, als sei der Leibhaftige hinter ihm her.
Sicher mochte es eine einfache Erklärung geben. Wer es auch gewesen war, hatte möglicherweise mehr Angst vor ihr als umgekehrt - vielleicht ein schelmischer Jugendlicher. Doch angesichts all der anderen Dinge, die sie herausgefunden hatten, seit Adam Kelly das Skelett von Hobb's End entdeckt hatte, schien Annie mehr Argwohn angeraten zu sein.
Aber ihr wollte keine Antwort einfallen. Am Tatort war nichts zurückgeblieben, die Spurensicherung hatte sehr gründlich gearbeitet. Vielleicht glaubte jemand, dass
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