Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer
nickte und warf Banks einen verwirrten Blick zu. »Glaub nicht, dass sie das selbst geschrieben haben.«
Banks lächelte sie an. »Bob Dylan«, sagte er.
»Ah, ja. Stimmt. Hab ich mir gedacht.«
Danach stimmte die Band eins von Brians Liedern an, mitreißender Rock über Rassenprobleme. Dann war der erste Teil vorbei. Die Musiker verbeugten sich, und Brian kam zu Banks an den Tisch. Banks holte noch zwei Bier. Das Pärchen bat Banks, ihren Platz freizuhalten, dann gingen die beiden zu Freunden auf der anderen Seite des Raumes.
»Das war super«, sagte Banks. »Ich wusste gar nicht, dass du Dylan magst.«
»Tu ich eigentlich auch nicht. Ich hör lieber die Wall-flowers. Als Kind bin ich immer wahnsinnig geworden, weil du ihn ständig gespielt hast. Diese weinerliche Stimme und diese ätzende Mundharmonika. Das Lied hat eine schön einfache Struktur, kann man gut auseinander nehmen.«
Banks war enttäuscht, zeigte es aber nicht. »Deine Sachen haben mir auch gut gefallen«, sagte er.
Brian sah zur Seite. »Danke.«
Es gab keinen Grund, es noch länger vor sich herzuschieben, dachte Banks und holte tief Luft. Gleich würde die Band wieder loslegen, und er wusste nicht, wann sich die nächste Möglichkeit ergeben würde, mit seinem Sohn zu sprechen. »Hör mal«, sagte er, »was ich letztens am Telefon gesagt habe. Ich bin enttäuscht, sicher, aber es ist dein Leben. Wenn du glaubst, dass du es ernsthaft hiermit versuchen willst, stehe ich dir dabei bestimmt nicht im Weg.«
Brian blickte auf, und Banks glaubte, in den Augen seines Sohnes Erleichterung zu sehen. Also war seine Zustimmung doch wichtig. Er fühlte sich seltsam beschwingt.
»Meinst du das ehrlich?«
Banks nickte.
»Es war einfach so langweilig, Dad. Du hast Recht: Ich hab's verbockt, und es tut mir Leid, wenn ich dir Kummer gemacht habe. Aber es lag nur teilweise an der Musik. Ich hab im letzten Jahr nicht mehr genug getan, weil ich die ganze Angelegenheit so scheißlangweilig fand. Ich kann von Glück sagen, noch einen Abschluss dritter Klasse bekommen zu haben.«
Genauso hatte sich Banks damals bei der Betriebswirtschaftslehre gefühlt - gelangweilt -, er konnte sich wohl kaum aufs hohe Ross der Moral setzen. Doch, könnte er schon, aber es gelang ihm gerade noch rechtzeitig, die Stimme seiner Eltern zu unterdrücken. »Hast du's deiner Mutter schon gesagt?«
Brian sah zur Seite und schüttelte den Kopf.
»Du musst es ihr sagen.«
»Ich hab ihr auf Band gesprochen. Sie ist nie da.«
»Sie muss arbeiten. Warum gehst du nicht bei ihr vorbei? Sie wohnt doch nicht weit weg.«
Brian sagte eine Weile gar nichts. Er schwenkte das Bier im Glas und schob das Haar nach hinten. Der Pub war laut und überfüllt. Banks gelang es, sich zu konzentrieren und Gelächter und laute Unterhaltungen auszublenden. Nur sie beide im Flutlicht auf einer Insel, der Rest der Welt ein Summen in der Ferne.
»Brian, stimmt irgendwas nicht?«
»Nee, eigentlich nicht.«
»Los, sag schon.«
Brian nahm einen Schluck Bier und zuckte mit den Achseln. »Ist nichts. Nur Sean, sonst nichts.«
Banks fühlte ein Kribbeln im Nacken. »Was ist mit dem?«
»Das ist ein Scheißkerl. Behandelt mich wie ein Kind. Wenn ich mal vorbeigehe, kann er es gar nicht erwarten, mich wieder los zu sein. Und er kann einfach nicht die Hände von Mum lassen. Dad, warum könnt ihr beiden nicht wieder zusammenkommen? Warum kann es nicht mehr so sein wie früher?« Er sah Banks mit gerunzelter Stirn an, Tränen der Wut und des Schmerzes in den Augen. Nicht mehr der coole, selbstsichere junge Mann, sondern einen Moment lang das verängstigte kleine Kind, das seine Eltern und den einzig sicheren, verlässlichen Zufluchtsort verloren hatte.
Banks schluckte und griff wieder zu den Zigaretten. »So einfach ist das nicht«, sagte er. »Glaubst du etwa, ich hätte das nicht versucht?«
»Und jetzt?«
»Es hat sich viel geändert.«
»Soll das heißen, du hast eine neue Freundin?«
Giftiger konnte man das Wort nicht aussprechen, dachte Banks. »Darum geht es nicht«, sagte er. »Deine Mutter hat mir immer wieder ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, dass sie nicht wieder mit mir zusammen sein will. Ich hab's versucht. Zuerst hatte ich noch Hoffnung, aber ... Was soll ich da noch tun?«
»Es wieder versuchen.«
Banks schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Dazu braucht man
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