Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer
brannte und fühlte sich zu groß an. Gloria schniefte, tupfte Sich mit ihrem Taschentuch die Augen und fuhr fort: »Francis lebt. Georges Schwester Ivy konnte selbst keine Kinder bekommen. Sie wohnen am Kanal. Ihr Mann John ist Schleusenwärter. Ich weiß, dass er nichts trinkt, und Ivy hab ich ein- oder zweimal getroffen. Es sind anständige Leute, nicht so wie die anderen. Sie haben's geschafft, sie haben sich verbessert. Sie meinten, sie würden sich um Francis kümmern. Ich wusste, dass er es bei ihnen besser haben würde.«
»Was sagte George dazu?«
»Er wusste schon, dass das, was zwischen uns gewesen war, vorbei war - auch wenn er es immer wieder versuchte -, aber er konnte nicht verstehen, dass ich nichts dagegen hatte, Francis zu Ivy und John zu geben. George ist ein einfacher Mann. Altmodisch. Er glaubt an die Familie. Er glaubt, dass eine Mutter ihr Kind lieben muss. Schlicht und einfach. Sicher, er war einverstanden. Er konnte Francis ja nicht allein großziehen. Er meinte, ich würde trotzdem seine Mutter bleiben, egal was passierte, ein Junge bräuchte eine echte Mutter, die er liebte. Als ich ohne weiteres einverstanden war und sagte, ich hätte nichts dagegen, wenn sie ihn für immer behielten, weigerte sich George, mir zu glauben. Das machte er immer, wenn ich eine von meinen >komischen Anwandlungen< hatte, wie er es nannte. Glaubte mir einfach nicht. Er war kein schlechter Mensch, Gwen, das will ich damit nicht sagen. Ich bin schlecht. Ich glaube, er liebte seinen Sohn mehr als ich. Er wollte so gerne Vater sein. Er wurde natürlich eingezogen, wie alle. Aber er dachte immer, ich würde es mir irgendwann anders überlegen. Er ist störrisch, manche Männer sind so. Er war sogar schon mit Francis hier bei mir. Er sagte, er würde mich immer noch lieben, und wollte, dass ich zurückkäme. Ich sagte ihm, ich wäre verheiratet, da stritten wir uns. Er ging wieder. Aber er kommt zurück, Gwen. Er gibt nicht so einfach auf.«
»Hast du Angst vor ihm?«
»Weiß nicht. Vielleicht ein bisschen. Er ist etwas hitzig, so wie sein Vater. Besonders wenn er was getrunken hat.«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
»Bitte, Gwen, sag, dass du mich nicht hasst! Ich könnte es nicht ertragen, wenn du mich hassen würdest! Du bist meine einzige richtige Freundin.«
»Natürlich hasse ich dich nicht. Ich verstehe es nur einfach nicht, das ist alles.«
»Ich weiß nicht mal, ob ich's selber verstehe, aber verstehst du, dass es der Grund ist, warum ich gar nicht gehen kann, auch wenn das Leben mit Matt noch so schlimm ist? Wegen dem, was ich vorher getan habe. Sicher, es gibt viele Ausreden: Ich war zu jung, es war ein Fehler, ich war nicht verliebt, ich dachte, ich wäre zu was Besserem bestimmt. Aber genau das sind es: Ausreden. Als es drauf ankam, war ich selbstsüchtig; ich war feige. Ich werde nicht noch einmal feige sein. Das ist meine Strafe, Gwen. Verstehst du das nicht? Matt ist meine Sühne.«
»Ich glaube, ja«, sagte ich.
Sie lächelte durch die Tränen. »Liebe alte Gwen. Ich schätze, es gibt nicht viele in Hobb's End, die so viel Vertrauen in mich haben, nicht? Ich hab schon gehört, wie sie sich das Maul zerreißen.« Sie ahmte unseren Akzent nach. »>Die ist bald weg<, sagen sie. >Die haut mit einem von den Amis ab, so schnell kann man gar nicht gucken, pass auf.< Aber, Gwen, das tué ich nicht. Die sollen reden. Aber ich gehe nicht.«
»Du und Brad, macht ihr noch ...«
»Manchmal. Sei nicht böse. Ich hab versucht, ihn nicht mehr zu treffen, als Matt zurückkam, wirklich, aber als ich merkte, dass er nicht... ich meine ... jetzt tröstet mich Brad von Zeit zu Zeit, und solange Matt es nicht weiß ... Aber um ehrlich zu sein, macht Brad im Moment mehr Ärger, als dass er nützt. Er fängt einfach immer wieder davon an, dass er mit mir durchbrennen will. Das wird alles eine zu große Belastung. Ich hab ihm gesagt, wenn er nicht mit der Drängelei aufhört, dann haue ich ab und lass alle im Stich, ihn eingeschlossen.«
Ich kann nicht behaupten, dass ich es guthieß, dass Gloria sich nach Matthews Rückkehr weiterhin mit Brad traf, aber ich sagte nichts. Ich fand es nicht gut, weil mir Matthew am Herzen lag, aber ich war keine Moralwächterin wie Betty Goodall. Wir lebten in ungewöhnlichen Zeiten und Gloria war eine ungewöhnliche Frau.
Sie lachte. »Ehrlich gesagt, ich wüsste gar nicht, was ich ohne PX täte. Es ist komisch, aber
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