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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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und verbrannte sie im Kamin. Ich weinte, als ich zusah, wie all die schönen Stoffe Feuer fingen. Das schwarz-rot-weiß karierte Dorville-Kleid, das sie in London gekauft hatte, das schwarze Samtkleid mit dem V-Aus-schnitt, den Puffärmeln, den breiten, gepolsterten Schultern und der roten Filzrose, das sie bei unserem ersten Tanzabend mit den Amerikanern in Rowan Woods getragen hatte, ihre hübsche Unterwäsche. Ich sah zu, wie alles loderte, schrumpfte und zu Asche zusammenfiel. Ihre übrigen Habseligkeiten entsorgte ich in Leeds, als ich das nächste Mal geschäftlich dort zu tun hatte. Ich stand auf der Leeds Bridge unter Briggate und warf einen Gegenstand nach dem anderen in den Aire.
      Wie ich erwartet hatte, machte mir Brad die meisten Schwierigkeiten. An seinem letzten Tag in Rowan Woods kam er im Laden vorbei und belagerte mich mit Fragen. Er wollte einfach nicht glauben, dass Gloria ohne ein Wort zu sagen verschwunden war. Wenn sie hätte gehen wollen, argumentierte er, warum hatte sie ihm dann nicht Bescheid gesagt? Er hatte es ihr oft genug angeboten. Ich sagte ihm, meiner Meinung nach hatte sie vor allen fliehen wollen; sie wollte einen völligen Neuanfang. Er meinte, den hätte sie in Kalifornien haben können. Ich gab zurück, dass ihr ein Leben mit ihm in Los Angeles immer frevelhaft vorgekommen wäre, weil es unter diesen Umständen zustande gekommen wäre. Trotz allem wäre sie doch Matthews Frau geblieben.
      Es traf ihn sehr, und ich tat es ungern, aber schließlich musste er akzeptieren, was ich sagte. Immerhin hatte sie ihm am Tag des Sieges mitgeteilt, ihn nicht mehr wiedersehen zu wollen. Niemand vermutete auch nur entfernt etwas, das der Wahrheit nahe kam. Die 448. Bombergruppe wurde aus Rowan Woods abgezogen und ich hörte nichts mehr von Brad. Es war vorbei.
      Michael Stanhope drückte seinen Kummer aus, dass ein so wunderbarer Geist unsere Gemeinschaft verlassen hatte. Er sagte etwas in der Richtung, dass Hobb's End kurz geglänzt hätte und dann wieder in Dunkelheit versunken wäre. Er konnte sein Aktbild nun verkaufen, doch sah oder hörte ich nie wieder davon. Vielleicht war es doch nicht so gut, wie er gedacht hatte.
      Was Matthew anging, so ließ er nie mit einem Zeichen erkennen, dass sich etwas geändert hatte. Er zog sich vielleicht noch mehr in sich zurück, aber er trank und starrte weiterhin ins Leere, genau wie zuvor. Ich konnte ihn natürlich nicht mehr zu Dr. Jennings gehen lassen. Wer wusste denn, was die Narkosynthese aus Matthew herausholen würde, wenn sie funktionierte. Obwohl der Arzt protestierte, glaube ich doch, dass er erleichtert war. Ärzte mögen keine Mißerfolge und Dr. Jennings war bei Matthew nicht vorangekommen.
      Bald hörten wir Gerüchte, dass das Dorf verkauft und an seiner Stelle ein Stausee gebaut werden sollte, und als ich mich umsah, überraschte es mich nicht.
      Hobb's End war zu einem Geisterdorf geworden.
      Ich hatte die Entwicklung aus anderen Gründen nicht wahrgenommen, aber es lebte kaum noch jemand dort. Wer aus dem Krieg zurückgekommen war, hatte Geschmack an interessanteren Orten gefunden oder war in Berufen ausgebildet, die nur in Städten ausgeübt werden konnten. Selbst die Frauen, die, was das Geldverdienen anging, vielleicht den größten Schritt nach vorn gemacht hatten, zog es in die Fabriken von Leeds und Bradford. Die Mühle wurde stillgelegt. Häuser verfielen. Alte Menschen starben. Schließlich war niemand mehr übrig.
      Bevor wir nach Leeds aufbrachen, geschah noch etwas Sonderbares, obwohl Gloria es auf gewisse Weise vorhergesagt hatte. Eines Tages kam ein Mann in einem ausrangierten braunen Anzug mit einem kleinen Jungen von ungefähr acht oder neun Jahren in den Laden und fragte nach Gloria.
      Ich wusste auf der Stelle, wer sie waren, wollte es ihnen aber nicht zeigen.
      »Sind Sie ein Verwandter?«, fragte ich ihn.
      »Nein«, erwiderte er. »Nichts in der Richtung. Nur ein alter Freund, mehr nicht. Ich kam gerade hier vorbei, deshalb dachte ich, ich besuche sie mal.« Er klang ziemlich traurig, und ich bemerkte den Londoner Cockney-Akzent, den auch Gloria besessen hatte, wenn sie nicht aufpasste. Und natürlich kam niemand mal einfach so in Hobb's End vorbei.
      Ich stellte noch einige Fragen, um höflich und freundlich zu wirken, konnte aber nichts weiter aus ihm herausbekommen. Ich hoffte inständig, dass er sich mit meiner Erklärung zu Glorias Verschwinden zufriedengab; ich wollte auf

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