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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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sich interessieren, sind wahr. Das müssen Sie mir einfach glauben, oder?«
     
    ***
     
    Der Tag, als es passierte, begann wie ein ganz gewöhnlicher Tag, soweit man einen Tag in dieser außergewöhnlichen Zeit'als gewöhnlich bezeichnen konnte. Ich öffnete das Geschäft, nahm Rationscoupons entgegen, entschuldigte mich für knappe Waren, bereitete Mutter Mittag- und Abendessen und machte es mir abends bei Buch und Radio gemütlich. Die Amerikaner veranstalteten oben am Stützpunkt eine Abschiedsparty, denn sie hatten gehört, dass sie innerhalb weniger Tage abgezogen würden. Wir waren eingeladen, aber weder Gloria noch ich hatten Lust gehabt hinzugehen. Irgendwie schien dieser Teil unseres Lebens vorbei zu sein. Charlie war tot, und nach ihrem letzten Stelldichein am Tag des Sieges hatte Gloria Brad deutlich gemacht, dass sie bei Matthew bleiben würde und es am besten sei, wenn sie sich nicht mehr träfen.
      Ich würde gern sagen, dass ich das Unglück in der Luft liegen spürte, dass ich eine Art böse Ahnung hatte, aber es war nicht so. Meine Gedanken schweiften ab, ich konnte mich nur schwer auf Trollopes The Last Chronicle of Barset konzentrieren, mir lag auch viel auf der Seele: Charlies Tod, Matthews Krankheit, Glorias Probleme, Mutter.
      Normalerweise wäre ich so spät am Abend nicht zum Bridge Cottage gegangen, doch hatte mir Cynthia Garmen auf dem Weg nach Harkside Fallschirmseide vorbeigebracht. Ich hatte Gloria seit zwei oder drei Tagen nicht gesehen und dachte, sie würde sich vielleicht über ein kleines Geschenk freuen; seit dem Tag des Sieges war sie abgespannt und deprimiert gewesen und hatte sich keine Mühe mehr mit ihrem Aussehen gegeben. Ich kann nicht behaupten, dass mir eine kleine Stimme sagte, ich solle gehen; auch kann ich mich an kein besonderes Gefühl der Beunruhigung erinnern, an keinen Schauder oder Klingeln in den Ohren. Ich konnte mich nicht auf das Buch konzentrieren, sondern musste an Gloria denken - mehr nicht.
      Hier ist mein Tagebuch zu Ende, aber wie sehr ich mich die ganzen Jahre auch bemüht habe, die Geschehnisse aus meinem Kopf zu verbannen, es ist mir nicht gelungen.
      Es war kurz nach zehn, Mutter war zu Bett gegangen. Geistesabwesend legte ich das Buch zur Seite und befühlte den seidigen Stoff. Ich dachte, die Aussicht auf ein neues Kleid könnte Gloria aufheitern. Auch fühlte ich mich wohl schuldig, den Revolver gestohlen zu haben, und ich wollte wissen, ob sie sein Fehlen schon bemerkt hatte. Wenn ja, hatte sie jedenfalls nichts gesagt.
      Ich nahm an, Matthew sei noch im Shoulder of Mutton, deshalb wollte ich zuerst dort vorbeigehen und ihn überreden, mich nach Hause zu begleiten. Auch wenn er sich nicht mitteilte, glaubte ich doch, dass er wusste, wer ich war und dass ich ihn liebte. Ich glaube auch, dass er sich bei mir wohl fühlte. Wie sich herausstellte, hatte man ihn kurz zuvor gebeten zu gehen, da er einen seiner kleinen Anfälle erlitten und ein Glas zerbrochen hatte.
      Ich lief die dunkle verlassene High Street hinunter zum Bridge Cottage. Von der anderen Seite des Flusses hörte ich Musik und Gelächter aus dem Duke of Wellington, wo die Feierlichkeiten zum Tag des Sieges offenbar länger als eine Woche anhielten. Mondlicht versilberte das dahinfließende Wasser, so dass es wie ein glänzendes schleichendes Tier aussah.
      Durch die Vorhänge von Bridge Cottage fiel Licht. Die Vorhänge waren neu, fiel mir auf, wir mussten ja nun nicht mehr auf die Verdunkelung Rücksicht nehmen. Ich klopfte an die Tür, doch niemand antwortete. Ich klopfte erneut.
      Ich glaubte nicht, dass Gloria unterwegs war. Sie ging abends nur selten aus, höchstens mit mir ins Kino. Auf keinen Fall würde sie ausgehen und das Licht anlassen. Außerdem musste Matthew da sein. Wo hätte er sonst hingehen sollen, nachdem er aus dem Shoulder of Mutton geworfen worden war?
      Ich klopfte abermals.
      Immer noch keine Antwort.
      Ich schob meinen Schlüssel ins Schloss, drehte ihn um und betrat das Haus, Glorias Namen rufend.
      Im Wohnzimmer war niemand, aber ich bemerkte einen scharfen Whiskeygeruch. Wieder rief ich Glorias Namen und glaubte dann eine Bewegung in der Küche wahrzunehmen. Verdutzt ging ich hinüber, und als ich auf der Schwelle stand, sah ich sie.
      Gloria lag auf den Steinfliesen, Arme und Beine in seltsamem Winkel vom Körper abgedreht, wie eine Lumpenpuppe, die ein schmollendes Kind fortgeworfen hatte. Eine ihrer kleinen Fäuste

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