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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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ihm alles sinnlos erschien.
      Als er dann das Cottage kaufte und sich zunehmend mehr zusammenriss oder wenigstens etwas Abstand zu seinem Schmerz gewann, zog er einen Berufswechsel ernsthaft in Erwägung, aber ihm fiel nichts ein, wozu er geeignet gewesen wäre oder was ihm überhaupt Spaß gemacht hätte. Um in Pension zu gehen, war er zu jung, und er verspürte nicht das geringste Bedürfnis, für eine Sicherheitsfirma oder Detektei zu arbeiten. Die meisten anderen Möglichkeiten blieben ihm verschlossen, weil es ihm an entsprechenden akademischen Abschlüssen mangelte.
      So blieb er dabei. Jetzt jedoch bekam Banks endlich wieder langsam eine gewisse Vorstellung davon, warum er damals überhaupt zur Kripo gegangen war, und das lag teilweise an diesem in Jimmy Riddles Augen hässlichen, sinnlosen, ausweglosen Fall. Wenn eine Beschäftigung zur Routine wird, wenn man sie nur noch mechanisch ausführt, muss man in sich gehen und sich zu erinnern versuchen, was einem anfänglich so gut daran gefiel. Was zog einen an? Was fand man daran fesselnd? Dementsprechend musste man handeln, alles andere war für die Katz.
      In den letzten Monaten hatte Banks oft die Gedanken schweifen lassen und über diese Fragen nachgedacht. Dabei ging es nicht einfach darum, warum er damals ins Rekrutierungszentrum gegangen war, um Informationen gebeten und sich eine Woche später wieder gemeldet hatte. Teilweise hatte er das getan, weil ihm die Künstlerszene nach Jems Tod enttäuscht hatte, teilweise, weil er Betriebswirtschaftslehre verabscheute, und teilweise, um seine Eltern zu ärgern. Sandra und er wussten damals bereits, dass es ihnen ernst miteinander war; sie wollten heiraten und eine Familie gründen, da brauchte er einen sicheren Posten.
      Für Banks ging es nicht um ein abstraktes Verständnis von Gerechtigkeit oder darum, auf der Seite der Guten zu stehen und die Bösen einzulochen. Er war auch nicht so naiv zu glauben, alle Polizisten seien gut und alle Verbrecher böse. Manche Menschen gerieten durch Verzweiflung unterschiedlichster Art auf die schiefe Bahn; andere waren innerlich so kaputt, dass sie zu einer freien Entscheidung gar nicht fähig waren. Wenn man es auf einen einfachen Nenner brachte, vertrat Banks die Auffassung, die meisten gewalttätigen Verbrecher seien Menschenschinder, und die hatte er schon als Kind verabscheut. In der Schule hatte er sich immer für die Schwachen eingesetzt, auch wenn er nicht besonders groß und robust war. Dafür hatte er sich des Öfteren ein blaues Auge oder eine blutige Nase eingehandelt.
      Aus irgendeinem Grund gab Mick Slack den Ausschlag, ein Schülerschinder aus der elften Klasse, der zwei Jahre älter und fünfzehn Zentimeter größer war als Banks. Eines Tages fing Slack ohne ersichtlichen Grund an, einen Schüler namens Graham Marshall auf dem Schulhof herumzustoßen und zu schubsen. Marshall war in Banks' Klasse - ein intelligenter, stiller, schüchterner Junge, den die anderen mit Schimpfwörtern wie »Waschlappen« und »Schwuli« hänselten -, meistens aber in Ruhe ließen. Als Banks sich einmischte, stürzte sich Slack auf ihn und es entstand eine Rangelei. Auf seine wendige, verstohlene Art gelang es Banks, Slack herumzudrehen und zu Boden zu werfen, bevor der Lehrer herauskam und ihnen Einhalt gebot. Slack schwor Rache, bekam aber keine Gelegenheit dazu. Zwei Tage später kam er auf dem Weg zu einem Spiel für seine Rugbymannschaft ums Leben, weil sein Motorrad direkt in eine Backsteinmauer raste.
      Das Seltsamste war aber, dass Graham Marshall ungefähr sechs Monate später verschwand und nie wieder gesehen wurde. Kriminalbeamte befragten die gesamte Klasse, wollten wissen, ob jemand Fremde in der Nähe der Schule gesehen habe oder ob Graham von einem verdächtigen Menschen erzählt habe, der ihn vielleicht belästigte. Keiner wusste etwas. Banks kam sich unglaublich machtlos vor, weil er der Polizei so wenig nutzen konnte, und Jahre später erinnerte er sich an das Gefühl, als er auf der anderen Seite des Vernehmungstisches saß und zusah, wie sich Zeugen bei dem Versuch, sich an Einzelheiten zu erinnern, das Gehirn zermarterten.
      Man nahm an, dass Graham von einem Kinderschänder entführt und seine Leiche weiter entfernt in einem Wald vergraben worden sei. Zusammen mit Phil Simpkins, der auf ein spitzes Eisengitter gestürzt war, waren das drei Todesfälle, die Banks in seiner Jugend erlebt hatte, doch war es das geheimnisvolle,

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