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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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gewesen! Ich hätte mich schwarz ärgern können, es nicht früher geahnt zu haben. Natürlich brauchten sie keine Brücken und Straßen in der Wüste, sondern in der Dschungelwelt des Fernen Ostens.
     
    ***
     
    Die Fahrt nach Leeds war kürzer, als Annie erwartet hatte. Sie parkte nördlich des Zentrums und ging zu Fuß New Briggate bis zu The Headrow hinunter. Die Stadt war voll, Passanten schoben sich über die Bürgersteige, alle waren leicht und locker gekleidet, um die knisternde Hitze besser zu ertragen, die in der Stadt noch drückender wirkte als draußen in Harkside. Auf dem Dortmund Square gab ein Jongleur eine Kindervorstellung. Die Sonne blendete Annie, spiegelte sich in den Schaufenstern, so dass die Auslage nur schwer zu erkennen war. Annie setzte ihre Sonnenbrille auf und machte sich durch das Gedränge zur Cookridge Street auf. Nach ihrem Gespräch mit Ray hatte eine kurze Recherche ergeben, dass die Leeds City Art Gallery mehrere Werke von Michael Stanhope in ihrer Sammlung hatte, die sich Annie nun ansehen wollte.
      Im Gebäude angekommen, nahm sie sich am Empfang den Katalog. Die Stanhopes hingen im zweiten Stock. Vier Bilder. Sie ging die breite Steintreppe hinauf.
      Annie hatte Kunstgalerien mit ihrer vergeistigten Atmosphäre, den uniformierten Wachleuten und der erstickenden Aura des Schweigens noch nie gemocht. Zweifelsohne war diese Abneigung in erster Linie auf den Einfluss ihres Vaters zurückzuführen. Obwohl er die großen Künstler verehrte, war ihm die schmucklose Art und Weise verhasst, wie ihre Arbeiten zur Schau gestellt wurden. Er war der Meinung, große Kunst solle auf wechselnden Ausstellungen in Pubs, Büros, Trattorien, Cafés, Kirchen und Bingohallen gezeigt werden.
      Ihm gefielen die Plastiken von Henry Moore mitten in der Moorlandschaft von Yorkshire; ebenso die Faxe von David Hockney, seine Fotocollagen und Bühnenbilder. Annie war mit einer respektlosen Meinung über die etablierte Kunstwelt mit ihren stickigen Galerien, sonoren Stimmen und inflationären Preisen aufgewachsen. Aus diesem Grunde fühlte sie sich auf Ausstellungen immer beobachtet, so als hätte sie sich eingeschlichen. Möglicherweise litt sie ja unter Verfolgungswahn, aber sie hatte immer das Gefühl, die Aufseher beobachteten in jedem Raum nur sie, warteten darauf, dass sie die Hand ausstreckte, etwas berührte und den Alarm auslöste.
      Als sie die Stanhopes fand, war sie anfangs enttäuscht. Zwei waren ziemlich öde Landschaftsbilder, aber nicht Hobb's End, sondern andere Gegenden der Dales. Das dritte war etwas interessanter, eine Fernansicht von Hobb's End in seiner Senke, Rauch stieg aus den Schornsteinen, in Purpur und Violett ergoss sich die untergehende Sonne über den Himmel. Ein schöner Anblick, doch zeigte er Annie nichts, was sie nicht schon wusste.
      Das vierte Bild jedoch war eine Offenbarung.
      Dem Katalog zufolge Ruhender Akt betitelt, erinnerte Annie das Gemälde an Goyas Die nackte Maja, das sie sich mit Ray angesehen hatte, als es 1990 kurz in der National Gallery gezeigt wurde. Auch wenn er keine hohe Meinung von Museen hatte, ließ Ray doch keine Gelegenheit verstreichen, ein großes Kunstwerk zu betrachten.
      Eine Frau ruhte auf einem Bett in ungefähr derselben Pose wie Goyas Original, abgestützt mit einem Kissen, Hände hinter dem Kopf. Sie blickte dem Betrachter mit einer Aura erotischer Hochspannung direkt in die Augen. Das Bett unter ihr war zerwühlt. Wie bei Maja standen ihre runden Brüste weit auseinander und waren die Beine leicht angewinkelt, sie lagen in einem seltsamen Winkel, da die untere Hälfte ihres Körpers dem Betrachter leicht zugewandt war. Sie hatte eine dünne Taille und perfekt proportionierte Hüften. Zwischen ihren verschränkten Beinen war ein kleines dunkles Dreieck zu sehen, das mit dem Bauchnabel über eine kaum wahrnehmbare Linie feiner Härchen verbunden War.
      Doch es gab auch Unterschiede zu Goyas Maja. Stan-hopes Modell hatte kein schwarzes, sondern goldblondes Haar, ihre Nase war kürzer, die großen Augen von einem strahlenden Blau, die Lippen voller und roter. Dennoch war die Ähnlichkeit zu augenscheinlich, um zufällig entstanden zu sein, besonders die unverhüllte Erotik im Blick und die auf kürzlich genossene Freuden anspielende zerwühlte Bettdecke. Stanhope hatte sich von Goyas Original offenbar stark angesprochen gefühlt, und als er ein Modell mit derselben Sinnlichkeit entdeckte, erinnerte er sich an das

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