Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab
einen Drink verzichten. Er wünschte nur, sie würden endlich zur Sache kommen.
»Es geht um unsere Tochter«, setzte Rosalind Riddle an und knetete ihre Hände im Schoß. »Sie ist mit sechzehn ausgezogen.«
»Sie ist weggelaufen, Ros«, verbesserte Riddle, die Stimme dick vor Wut. »Machen wir uns doch nichts vor.«
»Wie lange ist das her?«, fragte Banks.
Riddle antwortete ihm. »Sechs Monate.«
»Das tut mir Leid«, sagte Banks, »aber ich weiß nicht ...«
»Unser Sohn Benjamin hat heute am frühen Abend am Computer gespielt«, warf Rosalind ein. »Zufällig ist er dabei auf Bilder auf einer dieser Sexseiten gestoßen.«
Banks wusste, dass es leicht genug war, Zugang zu Pornoseiten zu bekommen. Man brauchte zum Beispiel nur »Spice Girls« auf einer Suchmaschine einzugeben und konnte ohne weiteres bei »Spicy Girls« landen.
»Einige der Fotos ...«, fuhr Rosalind fort. »Naja, sie waren von Emily, unserer Tochter. Benjamin ist erst acht. Er begreift noch nicht, was das wirklich bedeutet. Wir haben ihn ins Bett gebracht und ihm gesagt, er solle nicht darüber reden.«
»Sind Sie sicher, dass es Ihre Tochter war?«, fragte Banks. »Man kann diese Bilder manipulieren, wissen Sie. Köpfe und Körper austauschen.«
»Sie war es«, antwortete Rosalind. »Glauben Sie mir. Sie hat ein unverwechselbares Muttermal.«
»Das ist sicher alles sehr bestürzend«, meinte Banks. »Und Sie haben mein Mitgefühl. Aber was soll ich dabei tun?«
»Ich möchte, dass Sie sie finden«, sagte Riddle.
»Warum haben Sie das nicht selbst versucht?«
Riddle sah seine Frau an. Der Blick, den sie wechselten, sprach Bände. Uneinigkeit und gegenseitige Beschuldigungen standen zwischen ihnen. »Das hab ich«, sagte Riddle. »Aber ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte. Offizielle Kanäle konnte ich nicht einschalten. Ich meine, es war ja nicht so, als sei ein Verbrechen passiert. Sie hatte kein Gesetz gebrochen. Und je weniger Leute davon wussten, desto besser.«
»Sie fürchteten um Ihren Ruf?«
Riddle hob die Stimme. »Ich weiß, was Sie denken, Banks, aber diese Dinge sind wichtig. Wenn Sie das nur begreifen würden, hätten Sie sicherlich mehr aus sich machen können.«
»Wichtiger als das Wohlergehen Ihrer Tochter?«
»Auf unseren Ruf zu achten, bedeutet nicht, dass meinem Mann oder mir unsere Tochter egal ist, Mr. Banks«, sagte Rosalind. »Und als ihre Mutter nehme ich diese Andeutung übel.«
»Dann entschuldige ich mich.«
Riddle übernahm wieder das Wort. »Schauen Sie, ich will damit sagen, Banks, dass ich vor dem heutigen Abend keinen wirklichen Grund sah, beunruhigt zu sein - Emily ist ein intelligentes und selbstständiges Mädchen, wenn vielleicht auch ein bisschen zu dickköpfig und rebellisch -, aber jetzt glaube ich, dass etwas Greifbares vorliegt, worüber ich mir Sorgen machen muss. Und das hat nicht nur mit Ambitionen und gutem Ruf zu tun, egal, was Sie denken.«
»Warum versuchen Sie nicht selbst, sie zu finden?«
»Seien Sie doch realistisch, Banks. Erstens kann ich mir nicht erlauben, auf eine Art private Rettungsmission zu gehen.«
»Und ich kann das?«
»Sie stehen nicht so sehr im Rampenlicht wie ich. Man könnte mich erkennen. Ich kann Sie von hier aus decken, falls Sie sich darum Sorgen machen. Schließlich bin ich der Polizeipräsident. Und ich komme auch für alle Ausgaben auf, solange sie sich in vernünftigem Rahmen halten. Aber Sie werden auf sich gestellt sein. Polizeiquellen und Ähnliches können Sie nicht benutzen. Ich möchte, dass die Sache unter uns bleibt. Eine Familienangelegenheit.«
»Sie meinen, Ihre Karriere ist wichtig und meine kann geopfert werden?«
»Vielleicht betrachten Sie es mal von einer anderen Warte. Für Sie könnte dabei durchaus auch etwas rausspringen.«
»Ach ja?«
»Sehen Sie es mal so. Wenn Sie erfolgreich sind, haben Sie meine Dankbarkeit gewonnen. Egal, was Sie von mir halten, ich bin ein Ehrenmann, ein Mann, der sein Wort hält, und ich verspreche Ihnen, dass Ihre Karriere in Eastvale nur davon profitieren kann, wenn Sie meiner Bitte nachkommen. Auch wenn Sie nichts erreichen.«
»Und der andere Grund?«
Riddle seufzte. »Falls Emily erfährt, dass ich nach ihr suche, wird sie sich sofort verdrücken, befürchte ich. Sie gibt mir die Schuld an all ihren Problemen. Daran hat sie in den Monaten vor ihrem Verschwinden keinen
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