Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab
Gegend.«
»Sie erwähnten die falschen Kreise. Gab es einen Freund?«
»Nichts Ernsthaftes.«
»Sein Name könnte trotzdem hilfreich sein.«
Rosalind sah zu ihrem Mann, der sagte: »Banks, ich habe Ihnen schon gesagt, dass ich keine offizielle Ermittlung will. Wenn Sie sich an Emilys alte Freunde wenden und hier in der Gegend Fragen stellen, was glauben Sie, wie lange die Sache dann unter Verschluss bleibt? Sie ist nach London gegangen. Dort werden Sie sie finden.«
Banks seufzte. Es sah so aus, als müsste er die Ermittlung mit gebundenen Händen durchführen. »Kennt sie denn jemanden in London?«, fragte er. »Jemand, an den sie sich um Hilfe wenden könnte?«
Riddle schüttelte den Kopf. »Meine Zeit bei der Metropolitan Police liegt Jahre zurück. Sie war noch ein kleines Mädchen, als wir da weggezogen sind.«
»Ich weiß, dass es schwierig für Sie ist«, sagte Banks, »aber könnte ich wohl einen Blick auf die Website werfen?«
»Ros?«
Rosalind Riddle warf ihrem Mann einen finsteren Blick zu und sagte: »Kommen Sie mit.«
Banks musste sich unter einem niedrigen Balken durchbücken und folgte ihr in ein Arbeitszimmer voller Bücherregale. Auf dem Schreibtisch am Fenster stand ein orangefarbener iMac. Wind ratterte an den Scheiben hinter den schweren Vorhängen, und hin und wieder klang es, als schüttete jemand einen Eimer Wasser gegen die Fenster. Rosalind setzte sich und bog die Finger, aber bevor sie eine Taste berührte oder mit der Maus klickte, drehte sie ihren Stuhl um und schaute zu Banks auf. Er konnte ihren Gesichtsausdruck nicht deuten.
»Sie mögen uns nicht, stimmt's?«, fragte sie.
»Uns?«
»Leute wie uns. Leute, die ... na ja, wohlhabend sind, erfolgreich und ehrgeizig.«
»Ich kann nicht sagen, dass ich viel darüber nachdenke.«
»Oh doch, das tun Sie. Da irren Sie sich.« Ihre Augen wurden schmal. »Sie sind neidisch. Sie haben einen riesigen Komplex. Sie halten sich für besser als wir - irgendwie reiner -, nicht wahr?«
»Mrs. Riddle«, sagte Banks mit einem Seufzer, »ersparen Sie mir diesen Schwachsinn. Ich bin durch Wind und Wetter hierher gefahren, obwohl ich viel lieber bei Musik und einem guten Buch zu Hause sitzen würde. Wenn wir die Sache durchziehen wollen, dann machen wir bitte weiter, oder soll ich einfach nach Hause fahren und ins Bett gehen?«
Sie musterte ihn kühl. »Da hab ich wohl einen Nerv getroffen.«
»Was wollen Sie von mir, Mrs. Riddle?«
»Er denkt daran, in die Politik zu gehen, wissen Sie.«
»Davon hab ich gehört.«
»Jede Andeutung eines Familienskandals würde alles ruinieren, wofür wir jahrelang hart gearbeitet haben.«
»Das kann ich mir gut vorstellen. Am besten kommt man erst zu Amt und Würden und hat dann den Skandal.«
»Das ist zynisch.«
»Aber wahr. Lesen Sie die Zeitung.«
»Er sagt, Sie hätten die Tendenz, Wellen zu schlagen.«
»Ich gehe den Dingen gerne auf den Grund. Manchmal kommen dabei ein paar Boote ins Wanken. Je teurer die Boote, desto mehr Krach scheint es zu machen, wenn sie ins Wanken geraten.«
Rosalind lächelte. »Ich wünschte, ich könnte mir solche hehren Prinzipien leisten. Diese Aufgabe erfordert äußerste Diskretion.«
»Ich werde es mir merken. Falls ich die Aufgabe übernehme.« Banks hielt ihrem Blick stand, bis sie blinzelte und ihren Stuhl wieder zum Bildschirm umdrehte.
»Ich wollte das nur geklärt haben, bevor Sie sich Nacktfotos von meiner Tochter ansehen«, sagte sie, ohne ihn anzuschauen.
Er sah über ihre Schulter, während sie mit Tastatur und Maus arbeitete. Schließlich erschien eine Reihe daumennagelgroßer Fotos auf dem Schirm. Rosalind klickte eines an, und eine weitere Seite mit etwa fünf ebenso großen Fotos begann sich aufzubauen. Über den Fotos stand, der Name des Models sei Louisa Gamine und sie sei eine achtzehnjährige Biologiestudentin. Den Fotos nach war das durchaus glaubwürdig.
»Warum Louisa Gamine?«, fragte Banks.
»Keine Ahnung. Louisa ist ihr zweiter Vorname. Eigentlich Louise. Emily Louise Riddle. Wahrscheinlich denkt sie, Louisa klänge exotischer. Vielleicht fand sie, dass sie nach ihrem Verschwinden eine neue Identität brauchte?«
Das konnte Banks verstehen. Als er jünger war, hatte er immer bedauert, dass ihm seine Eltern keinen zweiten Vornamen gegeben hatten. Ja, er hatte sich sogar selbst einen ausgedacht: Davy,
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