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Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt

Titel: Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Polizist, der wegen des Mädchens hier war, das vor ungefähr einem Monat verschwunden ist?«
      »Leanne Wray«, bestätigte Banks. »Ja, bin ich.«
      »Dachte ich mir doch. Ich hab Sie wiedererkannt. Ich hab zwar nicht mit Ihnen gesprochen, aber Sie waren hier. Haben Sie das Mädchen gefunden?«
      »Shannon, stimmt's?«
      Sie grinste. »Sie können sich an meinen Namen erinnern, obwohl Sie nie mit mir gesprochen haben. Ich bin beeindruckt.«
      In der von Winsome Jackman aufgenommenen Zeugenaussage hatte Banks gelesen, dass Shannon eine amerikanische Studentin war, die ein Jahr Auszeit genommen hatte. Sie hatte schon fast ganz Europa bereist und war durch Verwandte und, wie Banks vermutete, einen Freund in Yorkshire gelandet. Hier war sie mehrere Monate geblieben, da es ihr offenbar gefiel. Banks nahm an, dass sie im Old Ship arbeitete, weil der Inhaber es nicht so genau nahm mit Visum und Arbeitserlaubnis und bar auf die Hand bezahlte. Wohl nicht gerade viel.
      Banks zündete sich eine Zigarette an und schaute sich um. Zwei alte Männer saßen Pfeife rauchend am Fenster, sie sprachen nicht, schauten sich nicht einmal an. Sie machten den Eindruck, als säßen sie seit Eröffnung des Lokals im neunzehnten Jahrhundert an dem Platz. Der Boden bestand aus abgetretenen Steinplatten, die Tische waren aus unbehandeltem Holz und wackelten. Das Aquarell eines gewaltigen Segelschiffs hing schief an der Wand. An der gegenüberliegenden prangten gerahmte Kohlezeichnungen von Hochseeszenen, die für Banks' ungeübtes Auge recht gut waren.
      »Ich will nicht neugierig sein«, sagte Shannon. »Ich hab nur gefragt, weil ich Sie seitdem nicht mehr gesehen habe und weil ich von den Mädchen in Leeds gehört hab.« Sie erschauderte. »Es ist furchtbar. Ich weiß noch, damals in Milwaukee - da komme ich her, aus Milwaukee, Wisconsin -, diese Sache mit Jeffrey Dahmer. Ich war noch klein, aber ich hab genau gewusst, um was es ging, und wir hatten alle Angst und waren ganz durcheinander. Ich kann nicht verstehen, wie Menschen so was tun können. Sie?«
      Banks schaute sie an. Er sah die Unschuld, die Hoffnung und die Zuversicht, dass ihr Leben sich als lebenswert erweisen würde und dass die Welt nicht abgrundtief schlecht war, auch wenn sich schlimme Dinge ereigneten. »Nein«, sagte er. »Kann ich nicht.«
      »Sie haben sie also noch nicht gefunden? Diese Leanne?«
      »Nein.«
      »Ich hab sie ja nicht gekannt oder so. Hab sie nur einmal gesehen. Aber wenn so was passiert, na ja, wenn man denkt, man war vielleicht die Letzte, die sie gesehen hat, hm ...« Sie legte die Hand auf die Brust. »Das lässt einen irgendwie nicht los, wenn Sie wissen, was ich meine. Ich bekomm das Bild einfach nicht aus dem Kopf, wie sie da drüben neben dem Kamin gesessen hat.«
      Banks dachte an Claire Toth, die sich wegen Kimberley Myers' Tod quälte. Er wusste, dass jeder, der auch nur entfernt in Zusammenhang mit Paynes Taten stand, sich von ihnen besudelt fühlte. »Ich weiß, was Sie meinen«, entgegnete er.
      Einer der beiden Alten kam zur Theke und knallte Shannon sein kleines Bierglas hin. Shannon füllte es nach; der Alte bezahlte und kehrte zu seinem Stuhl zurück. Sie zog die Nase kraus. »Die sind jeden Tag hier. Man kann die Uhr nach ihnen stellen. Wenn einer von beiden nicht auftauchen würde, müsste ich den Krankenwagen rufen.«
      »Wenn Sie sagen, Sie bekommen Leannes Bild nicht aus dem Kopf, heißt das, dass Sie noch länger über den Abend nachgedacht haben?«
      »Eigentlich nicht«, sagte Shannon. »Ich meine, ich hab gedacht ... na ja, dass sie entführt wurde, wie die anderen Mädchen auch. Das haben ja alle geglaubt.«
      »Langsam denke ich, dass es vielleicht anders gelaufen ist«, entgegnete Banks und fasste damit zum ersten Mal seine Befürchtung in Worte. »Ich glaube sogar allmählich, dass wir die ganze Zeit auf dem Holzweg waren.«
      »Verstehe ich nicht.«
      »Egal«, fuhr Banks fort. »Ich dachte einfach, ich schau mal vorbei und gucke, ob Ihnen noch etwas einfällt, das Sie vorher nicht erwähnt haben, so in etwa. Ist ja schon eine Weile her.« Aus genau dem Grund wäre leider auch jede Spur, die Leanne möglicherweise hinterlassen hatte, inzwischen kalt geworden. Wenn sie es vermasselt hatten, weil sie den vorschnellen Schluss gezogen hatten, dass Leanne Wray von derselben Person oder denselben Personen entführt worden war wie Kelly Matthews und Samantha Foster, dann

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