Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt
unterschätzt deine Berühmtheit! Du bist nicht nur im Globe und in der Post, du bist auch in der Sun und im Star. In der Sun ist sogar ein Bild von dir, wenn auch kein besonders gutes, es sei denn, du hast dich verdammt stark verändert. Hier wurde ausführlich über den Chamäleon-Fall berichtet, wie er genannt wird, man vergleicht ihn mit Bernardo und Homolka, klar, und du steckst scheinbar mittendrin.«
»Was willst du?«
»Was ich will? Ich? Nichts.«
»Wie hast du mich gefunden?«
»Nach den Berichten in der Zeitung war das kein Problem mehr. Du hast hier ein altes Adressbuch liegen gelassen. Da stehen alle deine Freunde drin. The Hill Nummer 32, Leeds. Stimmt's?«
»Was willst du von mir?«
»Nichts. Im Moment jedenfalls nicht. Ich wollte dich nur wissen lassen, dass ich weiß, wo du bist, und dass ich an dich denke. Muss wirklich spannend gewesen sein, gegenüber von einem Mörder zu wohnen. Wie ist denn Karla so?«
»Sie heißt Lucy. Lass mich in Ruhe.«
»Das ist aber nicht nett. Wir waren mal verheiratet, hast du das vergessen?«
»Wie sollte ich!«
Bill lachte. »Egal, ich muss aufpassen, sonst wird die Telefonrechnung der Firma zu hoch. Hab in letzter Zeit wirklich viel gearbeitet, selbst mein Chef meint, ich hätte dringend einen Urlaub verdient. Ich wollte dir einfach nur kurz Bescheid sagen, dass ich vielleicht bald nach England komme. Weiß noch nicht, wann. Vielleicht nächste Woche, vielleicht nächsten Monat. Aber es wär doch schön, wenn wir uns zum Essen treffen könnten oder so, findest du nicht?«
»Du bist krank«, sagte Maggie und hörte Bill kichern, als sie auflegte.
* 15
Banks war schon immer der Meinung gewesen, dass sich der Sonntagmorgen hervorragend eignete, um einem arglosen Schurken ein bisschen auf den Zahn zu fühlen. Der Sonntagnachmittag war auch nicht schlecht. Dann hatten Zeitung, Pub und der Braten mit Yorkshire Pudding den Ganoven milde gestimmt, und er hielt, Zeitung überm Kopf, ein kleines Nickerchen im Sessel. Aber am Sonntagmorgen waren die Leute, die nicht besonders religiös waren, entweder gut drauf und entschlossen, ihren freien Tag zu genießen, oder sie hatten einen dicken Kopf. Beides war einer kleinen Unterhaltung durchaus zuträglich.
Ian Scott hatte auf jeden Fall einen Kater.
Sein fettiges schwarzes Haar stand oben vom Kopf ab und klebte an den Schläfen. Auf einer Seite seines käsigen Gesichts prangten Abdrücke des Kopfkissens. Seine Augen waren blutunterlaufen, er trug nur ein schmuddeliges Unterhemd und Unterhose.
»Kann ich reinkommen, Ian?«, fragte Banks und schob sich an ihm vorbei, ohne eine Antwort abzuwarten. »Dauert nicht lange.«
Die Wohnung stank nach dem Marihuana der vergangenen Nacht und abgestandenem Bier. In den Aschenbechern lagen noch die Stummel der Joints. Banks ging zum Fenster und riss es auf. »Schäm dich, Ian«, sagte er. »So ein schöner Frühlingsmorgen, da macht man doch einen Spaziergang am Fluss oder versucht es mal mit Fremlington Edge.«
»Am Arsch«, gab Ian zurück und kratzte sich besagtes Körperteil.
Sarah Francis stolperte aus dem Schlafzimmer, schob sich das zerzauste Haar aus dem Gesicht und blinzelte mit vom Schlaf verquollenen Augen. Sie trug ein weißes T-Shirt mit Donald-Duck-Aufdruck, sonst nichts. Das T-Shirt reichte ihr nur bis zur Hüfte.
»Scheiße«, sagte sie, bedeckte sich mit den Händen, so gut sie konnte, und flitzte ins Schlafzimmer zurück.
»Nette kleine Gratisshow?«, fragte Ian.
»Nicht unbedingt.« Banks warf einen Berg Klamotten vom Stuhl am Fenster und setzte sich. Ian machte Musik an, zu laut, und Banks stand auf und schaltete sie wieder aus. Ian nahm Platz und schmollte, Sarah kam in einer Jeans zurück. »Du hättest mich ruhig warnen können, du Arsch«, brummte sie Ian an.
»Halt's Maul, dumme Fotze«, sagte er.
Sarah setzte sich und schmollte ebenfalls.
»Gut«, sagte Banks. »Sitzen wir alle bequem? Kann ich anfangen?«
»Ich weiß nicht, was Sie schon wieder wollen«, entgegnete Ian. »Wir haben Ihnen alles erzählt, was passiert ist.«
»Na, dann ist es ja nicht schlimm, wenn wir es noch mal durchkauen, oder?«
Ian stöhnte. »Mir geht's nicht gut. Mir ist schlecht.«
»Du solltest deinen Körper mit mehr Respekt behandeln«, sagte Banks. »Er ist ein Tempel Gottes.«
»Was wollen Sie wissen? Los! Fangen Sie an!«
»Zuerst
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