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Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt

Titel: Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Zeit lang verloren.«
      »Wie meinen Sie das?«
      »Das ist so, als würde man etwas irgendwo ablegen, wo man es bestimmt wiederfindet, aber dann kann man sich nicht mehr erinnern, wo man es hingetan hat«, erklärte Keith.
      Jenny verstand; das ging ihr ständig so.
      »Oder man hat etwas in der Hand, und plötzlich fällt einem irgendwas ein, dann legt man das Teil zur Seite und weiß hinterher nicht mehr, wo es ist«, ergänzte Laura.
      »Sie haben gesagt, Sie waren dabei?«
      »Ja«, sagte Keith. »Wir waren im gleichen Zimmer. Wir haben es gesehen.«
      »Und Sie haben die ganzen Jahre nichts gesagt?«
      Laura und Keith sahen Jenny stumm an, und sie verstand, dass sie nicht hatten reden können. Wie auch? Sie waren ans Schweigen gewöhnt. Warum sollten sie reden? Sie alle waren Opfer der Godwins und Murrays. Warum sollte Linda als Einzige noch mehr Leid ertragen?
      »Saß sie deshalb im Käfig, als die Polizei kam?«
      »Nein. Linda war im Käfig, weil sie ihre Periode bekommen hatte«, sagte Keith. Laura errötete und wandte sich ab. »Tom war bei ihr im Käfig, weil sie dachten, er wäre es gewesen. Linda haben sie nicht verdächtigt.«
      »Aber warum?«, fragte Jenny.
      »Weil Kathleen es einfach nicht mehr ertragen hat«, antwortete Laura. »Sie war so schwach, ihr Geist war schon fast weg. Linda hat sie getötet, um sie zu r-r-retten. Sie wusste, wie es sich anfühlte, und sie wusste, dass Kathleen es nicht mehr lange aushalten würde. Sie hat Kathleen getötet, um ihr noch mehr Leid zu ersparen.«
      »Ganz bestimmt?«, hakte Jenny nach.
      »Was soll das heißen?«
      »Sind Sie sicher, dass Linda sie deshalb getötet hat?«
      »Warum sonst?«
      »Kam Ihnen nicht in den Sinn, dass sie es vielleicht aus Eifersucht getan hat? Weil Kathleen ihren Platz eingenommen hatte?«
      »Nein!«, rief Linda und stieß den Stuhl nach hinten. »Das ist gemein! Wie können Sie so etwas sagen! Sie hat sie getötet, um ihr noch mehr Leid zu ersparen. Sie hat sie aus L-L-Liebe getötet.«
      Einige Gäste im Café hatten Lauras Gefühlsausbruch mitbekommen und schauten neugierig zu den dreien hinüber.
      »Schon gut«, sagte Jenny. »Tut mir Leid. Ich wollte Sie nicht aufregen.«
      Laura sah sie an. In ihre Stimme schlich sich trotzige Verzweiflung. »Sie konnte wirklich lieb sein, wissen Sie. Linda konnte wirklich lieb sein.«
     
    Das alte Haus machte tatsächlich alle möglichen Geräusche, dachte Maggie. Inzwischen zuckte sie bei so gut wie jedem zusammen: wenn das Holz knarrte, weil es nach Einbruch der Dämmerung kälter wurde, wenn ein Windstoß an den Fenstern rüttelte, wenn Teller beim Trocknen im Geschirrständer verrutschten. Das lag natürlich an Bills Anruf, sagte sie sich und versuchte, sich mit den üblichen Maßnahmen zu beruhigen - tief durchatmen, positiv denken -, aber das Knarren und Krächzen des Hauses lenkten sie trotzdem von der Arbeit ab.
      Sie legte einen CD-Sampler mit Barockmusik in die Anlage, die Ruth in ihrem Atelier aufgestellt hatte. Die Musik übertönte zum einen die beunruhigenden Geräusche und half ihr andererseits, sich zu entspannen.
      Es war spät, und Maggie arbeitete noch an Entwürfen für »Hänsel und Gretel«, weil sie am nächsten Morgen einen Termin mit der Grafikchefin des Verlages in London hatte, um den bisherigen Verlauf des Projekts zu besprechen. Außerdem hatte sie ein Interview im Broadcasting House, eine Sendung auf Radio Four über Gewalt in der Ehe natürlich. Langsam fand sich Maggie in die Rolle der Wortführerin hinein, und wenn das, was sie sagte, irgendjemandem half, dann war es den Ärger wert, beispielsweise ahnungslose Moderatoren und provokante Gäste.
      Bill wusste bereits, wo sie war, sie musste sich also nicht mehr hüten, ihren Aufenthaltsort zu verraten. Sie würde nicht davonlaufen. Nicht noch einmal. Trotz seines Anrufs und ihrer Verunsicherung war sie fest entschlossen, ihre neue Rolle weiterzuspielen.
      In London wollte sie außerdem versuchen, eine Eintrittskarte für ein Theaterstück im West End zu ergattern, das sie gern sehen wollte. Anschließend wollte sie in dem bescheidenen kleinen Hotel übernachten, das ihr die Grafikchefin vor einiger Zeit empfohlen hatte. Dass London nur wenige Stunden von Leeds entfernt war, gehörte zu den Vorzügen eines Landes mit vernünftigen Zugverbindungen, dachte Maggie. Und diese wenigen Stunden konnte man relativ behaglich hinter sich

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