Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt
Eltern geführt. Danach hatte sich sein Verhalten geändert. Einen Anwalt hatte er nicht verlangt. Noch nicht.
»Ja«, sagte er. »Aber erzählen Sie mir erst, was Sarah gesagt hat.«
»Du weißt genau, dass ich das nicht darf, Mick.«
Tatsächlich hatte Sarah Francis ihnen überhaupt nichts erzählt. Sie war genauso einsilbig, verschüchtert und mürrisch, wie sie in Ian Scotts Wohnung gewesen war. Aber das war unwichtig, da sie hauptsächlich als Druckmittel für Mick hergebracht worden war.
Banks, Winsome und Mick saßen im größten, angenehmsten Vernehmungsraum. Er war vor kurzem gestrichen worden, man roch noch die Farbe der behördengrünen Wände. Aus dem Labor war noch immer nichts über Samuel Gardners Wagen gekommen, aber das wusste Mick nicht. Er hatte gesagt, er wolle reden, doch wenn er sich wieder anstellen sollte, konnte Banks immer noch Andeutungen über Fingerabdrücke und Haare fallen lassen. Er war überzeugt, dass die Jugendlichen im Auto gewesen waren. Das hätte er schon viel früher prüfen lassen sollen, wo Ian Scott doch wegen Autodiebstahls aktenkundig war. In Anbetracht von Scotts zweiter Vorstrafe hatte Banks eine ziemlich genaue Vorstellung, was die vier vorgehabt hatten.
»Du möchtest also eine Aussage machen?«, fragte Banks. »Das muss festgehalten werden.«
»Ja.«
»Du bist über deine Rechte aufgeklärt worden?«
»Ja.«
»Also gut, Mick. Erzähl uns, was in der Nacht passiert ist.«
»Was Sie gestern gesagt haben, dass ich weniger Probleme haben würde ...?«
»Ja?«
»Das war doch ernst gemeint, oder? Ich meine, was Sarah erzählt hat... sie hat vielleicht gelogen, wissen Sie, um sich und Ian zu schützen.«
»Gerichte und Richter gehen nachsichtig mit Menschen um, die der Polizei helfen, Mick. Das ist so. Ich will ehrlich sein. Ich kann dir nicht genau sagen, wie es ausgehen wird - das hängt von vielen Variablen ab -, aber eins kann ich dir versichern: Ich werde mich für eine milde Strafe einsetzen, und das wird dir schon ein ganzes Stück weiterhelfen.«
Mick schluckte. Er war kurz davor, seine Freunde zu verraten. Banks hatte solche Momente schon erlebt und wusste, wie schwer es war, welch kontroverse Gefühle in Mick Blairs Seele um die Vorherrschaft rangen. Nach Banks' Erfahrung gewann meistens der Selbsterhaltungstrieb, manchmal aber auf Kosten der Selbstachtung. Ihm, dem Zuschauer, erging es ähnlich; er wollte die Informationen und hatte schon so manchen schwachen, sensiblen Verdächtigen zur Aussage überredet, aber sein Erfolg war ihm oft durch Abscheu vergällt worden.
Diesmal nicht, dachte Banks. Sein Wunsch, zu erfahren, was Leanne Wray zugestoßen war, überwog bei weitem sein Verständnis für Mick Blairs Unbehagen.
»Ihr habt das Auto gestohlen, Mick, stimmt's?«, begann Banks. »Wir haben schon jede Menge Haare und Fingerabdrücke gesammelt. Deine werden auch dabei sein, nicht? Und die von Ian, Sarah und Leanne.«
»Es war Ian«, sagte Blair. »Das war alles Ians Idee. Ich hab nichts damit zu tun gehabt. Ich kann ja noch nicht mal fahren.«
»Und Sarah?«
»Sarah? Die springt doch, wenn Ian ruft.«
»Und Leanne?«
»Leanne war sofort dabei. Sie war an dem Abend ziemlich heftig drauf. Warum, weiß ich nicht. Sie hat was über ihre Stiefmutter gebrabbelt, aber ich weiß nicht mehr, um was es ging. Ehrlich gesagt, war es mir scheißegal. Ich meine, ich hatte keinen Bock auf ihre Familienprobleme. Wir haben alle unsere Probleme, oder?«
Allerdings, dachte Banks.
»Du wolltest ihr also nur an die Wäsche?«, fragte Winsome.
Diese Frage von einer Frau, zudem von einer schönen Frau mit einem weichen jamaikanischen Akzent, schien Blair aus dem Konzept zu bringen.
»Nein! Ich meine, ich fand sie nett, ja. Aber ich hab es nicht bei ihr probiert, ehrlich nicht. Ich hab sie nicht irgendwie angemacht oder so.«
»Was ist passiert, Mick?«, fragte Banks.
»Ian meinte, warum schnappen wir uns nicht ein Auto, nehmen ein bisschen E, ziehen ein paar Tüten durch und fahren nach Darlington, machen einen kleinen Zug durch die Gemeinde.«
»Leanne musste doch pünktlich zu Hause sein.«
»Sie meinte, das wäre ihr scheißegal. Sie fand es eine super Idee. Wie schon gesagt, sie war ein bisschen hart drauf an dem Abend. Sie hatte etwas mehr getrunken. Nicht viel, nur ein paar Drinks, aber normalerweise hat sie nie was getrunken. Gerade so
Weitere Kostenlose Bücher