Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt
Sie habe eine Blue Jeans, weiße Turnschuhe, einen dicken Pullover mit Zopfmuster und eine dreiviertellange Wildlederjacke getragen.
Bei einer späteren Befragung sagten Kellys Freundinnen aus, dass sie während des Feuerwerks voneinander getrennt worden seien, sie sich deshalb aber keine großen Sorgen gemacht hätten. Schließlich waren um die tausend Partygäste unterwegs. Die Busse fuhren noch, Taxis waren unterwegs.
Adrian und Gillian Matthews waren nicht ausgesprochen reich, aber doch wohlhabend. Adrian betreute das Computersystem eines großen Einzelhandelsunternehmens, und Gillian war stellvertretende Geschäftsführerin einer Bausparkassenfiliale im Zentrum. Sie besaßen eine Doppelhaushälfte im georgianischen Stil unweit des Stausees von Eccup, ein Stadtteil im Norden Leeds, der näher an Parks, Golfplätzen und schöner Landschaft lag als an Fabriken, Lagerhallen und düsteren Reihenhäusern.
Nach Aussagen von Freunden und Lehrern war Kelly ein gescheites, sympathisches, verantwortungsbewusstes Mädchen. Sie hatte ausnahmslos gute Noten und würde mit Sicherheit an der Universität ihrer Wahl angenommen werden. Momentan favorisierte sie Cambridge, wo sie Jura studieren wollte. Außerdem war Kelly die beste Kurzstreckenläuferin der Schule. Sie hatte herrliches goldblondes Haar, das sie offen trug, und mochte modische Klamotten, Tanzen, Popmusik und Sport. Für Klassik hatte sie ebenfalls etwas übrig, sie spielte recht gut Klavier.
Dem ermittelnden Beamten wurde schnell klar, dass Kelly Matthews keine jugendliche Ausreißerin war. Er veranlasste die Durchsuchung des Parks. Drei Tage später wurde sie ergebnislos abgebrochen. Zwischenzeitlich hatte die Polizei Hunderte von Partybesuchern befragt, von denen einige glaubten, Kelly mit einem Mann gesehen zu haben, andere mit einer Frau. Auch Taxifahrer und Busfahrer wurden befragt, ebenfalls ohne Ergebnis.
Eine Woche nach Kellys Verschwinden fand man ihre Umhängetasche in einem Gebüsch in der Nähe des Parks; sie enthielt ihre Schlüssel, ein Tagebuch, Kosmetik, eine Bürste und ein Portemonnaie mit über 35 Pfund in Scheinen und etwas Kleingeld. Ihr Tagebuch lieferte keine Anhaltspunkte. Der letzte Eintrag vom 31. Dezember 1999 bestand aus einer kurzen Liste von Vorsätzen für das neue Jahr:
1. Mum mehr im Haushalt helfen
2. jeden Tag Klavier üben
3. netter zu meinen kleinen Schwestern sein
Banks streifte die Schutzkleidung ab, lehnte sich gegen sein Auto und zündete sich eine Zigarette an. Es würde ein heißer, sonniger Tag werden. Nur gelegentlich trieb der leichte Wind eine hohe Wolke über den blauen Himmel. Leider würde Banks den Tag hauptsächlich im Haus verbringen, entweder am Tatort oder in Millgarth. Er ignorierte die Leute auf der anderen Straßenseite, die stehen blieben und glotzten, und verschloss die Ohren vor dem Gehupe der sich stauenden Fahrzeuge. Inzwischen hatte die örtliche Verkehrspolizei die Straße vollkommen abgeriegelt. Die Presse war da; die Journalisten drängten sich vor der Absperrung.
Banks hatte gewusst, dass es so weit kommen würde. Jedenfalls hatte er mit etwas Ähnlichem gerechnet, seit er sich bereit erklärt hatte, den North-Yorkshire-Teil der Soko zu leiten, die sich aus der Kriminalpolizei zweier Grafschaften rekrutierte. Sie ermittelten im Fall der vermissten Mädchen: insgesamt fünf junge Frauen, drei aus West Yorkshire und zwei aus North Yorkshire. Oberster Verantwortlicher war der Assistant Chief Constable, der stellvertretende Polizeipräsident (Verbrechensbekämpfung) von West Yorkshire, aber der saß im Grafschaftspräsidium in Wakefield, so dass Banks und Blackstone ihn selten zu Gesicht bekamen. Sie waren dem Leiter der Kripo unterstellt, Area Commander Philip Hartnell in Millgarth in Leeds, dem offiziellen Ermittlungsleiter. Hartnell überließ es ihnen, ihre Arbeit zu tun. Der Besprechungsraum der Soko Chamäleon war ebenfalls in Millgarth eingerichtet worden.
Für Banks und Blackstone arbeiteten mehrere Detective Inspectors und eine ganze Reihe von Detective Constables und Sergeants, die sie aus der Grafschaftspolizei von West und North Yorkshire ausgewählt hatten. Des Weiteren standen der Soko fähige Zivilbeschäftigte zur Seite, dazu Tatort-Koordinator DS Stefan Nowak und als beratende Psychologin Dr. Jenny Füller. Sie hatte in Amerika am Nationalen Analysezentrum für Gewaltverbrechen der FBI-Akademie in Quantico (Virginia) Profiling studiert,
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