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Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt

Titel: Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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hinauswollen.«
      »Ach, kommen Sie, Margaret! Maggie werden Sie genannt, nicht wahr? Darf ich Sie Maggie nennen?«
      Maggie antwortete nicht. Warum legte sie nicht einfach auf?
      »Hören Sie, Maggie«, fuhr Lorraine Temple fort. »Geben Sie mir eine Chance! Ich muss auch von irgendwas leben. Waren Sie mit Lucy Payne befreundet, ist das der Grund? Wussten Sie mehr über sie? Was sonst keiner weiß?«
      »Ich kann nicht mit Ihnen sprechen«, sagte Maggie und legte auf. Aber Lorraine Temple hatte irgendwas gesagt, das ihr keine Ruhe ließ. Jetzt bereute Maggie, das Gespräch beendet zu haben. Banks hatte sie zwar gewarnt, aber wenn sie Lucys Freundin sein wollte, dann konnte sich die Presse als Verbündete erweisen statt als Gegner. Vielleicht sollte sich Maggie an die Öffentlichkeit wenden und sie zu Lucys Gunsten mobilisieren. Die Sympathie der Bevölkerung würde noch sehr wichtig werden. Dabei konnten ihr die Medien behilflich sein. Das hing natürlich davon ab, wie die Polizei den Fall handhabte. Wenn Banks glaubte, was Maggie ihm über die Misshandlungen erzählt hatte, und wenn Lucy es bestätigte, was sie sicherlich tun würde, dann würden alle schnell einsehen, dass sie in erster Linie Opfer war. Man würde sie laufen lassen, sobald es ihr wieder gut ging.
      Lorraine Temple war hartnäckig genug, um nach wenigen Minuten abermals anzurufen. »Bitte, Maggie«, sagte sie, »was schadet es denn?«
      »Na gut«, willigte Maggie ein. »Wir treffen uns auf ein Glas. In zehn Minuten. Ich weiß, wo Sie meinen. Der Pub heißt The Woodcutter. Am unteren Ende der Straße, stimmt's?«
      »Gut. In zehn Minuten. Ich bin da.«
      Maggie legte auf. Da sie noch am Telefon stand, schlug sie die gelben Seiten auf und suchte einen Blumenladen heraus. Sie bestellte einen Blumenstrauß, der Lucy ans Krankenbett geliefert werden sollte, dazu eine Karte mit Genesungswünschen.
      Ehe Maggie ging, warf sie einen letzten Blick auf ihren Entwurf. Ihr fiel auf, dass Rapunzel nicht das typische Gesicht einer Märchenprinzessin hatte, wie man es oft sah; nein, es war individuell, einzigartig, und Maggie war stolz darauf. Aber Rapunzels Gesicht, dem Betrachter halb zugewandt, hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit Claire Toth und sogar zwei Pickel am Kinn. Stirnrunzelnd griff Maggie zum Radiergummi und entfernte die Pickel. Dann brach sie zum Treffen mit Lorraine Temple von der Post auf.
     
    Krankenhäuser hasste Banks abgrundtief, und zwar seitdem man ihm mit neun Jahren die Mandeln herausgenommen hattte. Er hasste den Geruch, die Farben der Wände, die hallenden Flure, die weißen Kittel der Ärzte und die Uniformen der Krankenschwestern, er hasste die Betten, die Thermometer, die Spritzen, Stethoskope, Tropfe und die sonderbaren Apparaturen hinter angelehnten Türen. Einfach alles.
      Um ehrlich zu sein, hatte er Krankenhäuser schon vor seiner Mandeloperation gehasst. Als sein Bruder Roy geboren wurde, war Banks fünf Jahre alt, sieben Jahre zu jung, um zur Besuchszeit in ein Krankenhaus zu dürfen. Während der Schwangerschaft hatte seine Mutter Probleme gehabt - diese nicht näher erklärten Erwachsenenprobleme, über die die Großen immer tuschelten - und musste einen ganzen Monat im Krankenhaus liegen. Damals hatte man Frauen noch so lange im Bett behalten. Banks wurde zu Tante und Onkel nach Northampton geschickt und besuchte so lange die dortige Schule. Er gewöhnte sich nicht ein, und da er der Neue war, musste er sich ständig gegen Rüpel zur Wehr setzen.
      Er wusste noch, dass ihn sein Onkel an einem dunklen, kalten Winterabend zum Krankenhaus gefahren hatte, damit er seine Mutter sehen konnte. Der Onkel hatte ihn zum Fenster hochgehoben - Gott sei Dank war ihr Zimmer im Erdgeschoss. Banks hatte mit seinem wollenen Handschuh den Frost von der Scheibe gerieben, seine Mutter mit dem angeschwollenen Bauch in der Mitte des Saales erkannt und ihr zugewinkt. Er war unglaublich traurig. Es musste ein furchtbarer Ort sein, hatte er damals gedacht, der eine Mutter von ihrem Sohn trennt und in einem Zimmer voll fremder Menschen festhält, obwohl es ihr schlecht geht.
      Die Mandeloperation hatte nur bestätigt, was er eh gewusst hatte, und obwohl er jetzt erwachsen war, hatte er immer noch unheimlich Manschetten vor Krankenhäusern. Er sah in ihnen letzte Ruhestätten, Endpunkte, Orte, an die man sich zum Sterben begab. Das gut gemeinte Hantieren dort, das Bohren, Stechen, Schnippeln und all die

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