Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt
mehr. Vielleicht ja.«
Sie hielt sich alle Türen offen. »Sind Sie überhaupt mal im Keller gewesen?«
»Das war Terrys Reich. Er hätte mich bestraft, wenn ich runtergegangen wäre. Er hat immer abgeschlossen.«
Interessant, dachte Banks. Ihr Gedächtnis funktionierte gut genug, dass sie sich von dem distanzieren konnte, was man im Keller gefunden hatte. Wusste sie Bescheid? Die Forensiker würden gewiss herausfinden, ob sie die Wahrheit sagte und tatsächlich nie unten gewesen war. Bei Tatorten galt der Grundsatz, wohin auch immer man ging, hinterließ man etwas und nahm etwas mit.
»Was hat er da unten gemacht?«, wollte Banks wissen.
»Keine Ahnung. Das war sein Hobbykeller.«
»Sie sind also nie unten gewesen?«
»Nein. Ich hab mich nicht getraut.«
»Was glauben Sie denn, was er da unten gemacht hat?«
»Keine Ahnung. Videos geguckt, Bücher gelesen.«
»Allein?«
»Männer müssen hin und wieder allein sein. Hat Terry immer gesagt.«
»Und das haben Sie akzeptiert?«
»Ja.«
»Was ist mit dem Poster an der Tür? Kennen Sie das?«
»Nur oben von der Treppe aus, wenn ich aus der Garage gekommen bin.«
»Ist ziemlich drastisch, oder? Wie gefiel es Ihnen?«
Lucy brachte ein schmales Lächeln zustande. »Männer ... Männer sind halt so, oder? Sie finden so was gut.«
»Es hat Sie also nicht gestört?«
Der Bewegung ihrer Lippen war zu entnehmen, dass dem nicht" so war.
»Superintendent«, mischte sich Dr. Landsberg ein, »ich finde, Sie sollten zum Ende kommen und meine Patientin ruhen lassen.«
»Noch ein, zwei Fragen, mehr nicht. Lucy, können Sie sich daran erinnern, wer Sie verletzt hat?«
»Ich ... ich ... das muss Terry gewesen sein. Sonst war ja keiner da, oder?«
»Hat Terry Sie vorher schon mal geschlagen?«
Sie drehte den Kopf zur Seite, so dass Banks nur die bandagierte Hälfte sah.
»Sie regen die Frau auf, Superintendent. Ich muss darauf bestehen ...«
»Lucy, haben Sie mal Kimberley Myers bei Terry gesehen? Sie wissen doch, wer Kimberley Myers ist, oder?«
Lucy schaute ihn wieder an. »Ja. Das ist das arme Mädchen, das vermisst wird.«
»Stimmt. Haben Sie sie bei Terry gesehen?«
»Weiß ich nicht mehr.«
»Sie war Schülerin auf Silverhill, wo Terry unterrichtet. Hat er mal von ihr gesprochen?«
»Ich glaube nicht... ich ...«
»Sie wissen es nicht mehr.«
»Nein. Tut mir Leid. Was ist passiert? Was ist hier los? Kann ich Terry sehen?«
»Es tut mir Leid, aber das geht momentan nicht«, entgegnete Dr. Landsberg. Zu Banks gewandt, sagte sie: »Ich muss Sie jetzt bitten zu gehen, Superintendent. Sie sehen doch, wie sehr Lucy sich aufregt.«
»Wann kann ich wieder mit ihr sprechen?«
»Ich sage Ihnen Bescheid. Bald. Bitte!« Sie griff nach Banks' Arm.
Banks wusste, wenn nichts mehr zu holen war. Die Befragung führte eh zu nichts. Er konnte nicht beurteilen, ob Lucy die Wahrheit sagte und sie sich wirklich nicht erinnern konnte oder ob sie von den Medikamenten verwirrt war.
»Ruhen Sie sich aus, Lucy«, sagte Dr. Landsberg, als sie das Zimmer verließ.
»Mr. Banks? Superintendent?« sagte Lucy mit ihrer dünnen, schweren, schleppenden Stimme. Ihr obsidianschwarzes Auge fixierte ihn.
»Ja?«
»Wann kann ich nach Hause?«
Vor Banks' innerem Auge erschien das Bild ihres Hauses, wie es im Moment aussah und wohl noch einen Monat lang aussehen würde. Eine Baustelle. »Das weiß ich nicht«, sagte er. »Ich melde mich.«
Draußen im Gang sprach Banks Dr. Landsberg an. »Könnten Sie mir behilflich sein, Frau Doktor?«
»Vielleicht.«
»Dass sie sich an nichts erinnert, ist das ein Symptom?«
Dr. Landsberg rieb sich die Augen. Sie sah aus, als bekäme sie genauso wenig Schlaf wie Banks. Über die Lautsprecheranlage wurde ein Dr. Thorsen ausgerufen. »Kann sein«, sagte sie. »In solchen Fällen gibt es oft ein posttraumatisches Stresssyndrom, und eine mögliche Folge davon ist retrograde Amnesie.«
»Glauben Sie, dass das bei Lucy der Fall ist?«
»Um das zu beurteilen, ist es noch zu früh, und ich bin kein Fachmann auf dem Gebiet. Da müssten Sie mit einem Neurologen sprechen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ihr Gehirn mit ziemlicher Sicherheit nicht beschädigt wurde, aber emotionaler Stress kann natürlich auch Erinnerungen löschen.«
»Kann so ein
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