Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt
präziser darlegen, wenn Sie wünschen.«
»Bitte sehr.«
Dr. Mogabe erhob sich und begann, hinter seinem Tisch auf- und abzuschreiten, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, als halte er eine Vorlesung. Immer wenn er ein Schädelteil benannte, zeigte er auf die betreffende Stelle an seinem Kopf. »Das menschliche Gehirn besteht, vereinfacht betrachtet, aus Großhirn, Kleinhirn und Stammhirn. Das Großhirn ist das oberste und wird von einer tiefen Furche in zwei Hemisphären geteilt, die man, wie Sie wahrscheinlich schon einmal gehört haben, als rechte und linke Gehirnhälfte bezeichnet. Können Sie mir folgen?«
»Ich denke schon.«
»Prägnante Furchen unterteilen jede Hemisphäre in kleinere Lappen. Der Stirnlappen, Lobus frontalis, ist der größte. Außerdem gibt es den Scheitel-, den Schläfen- und den Hinterhauptlappen. Das Kleinhirn befindet sich an der Schädelbasis hinter dem Stammhirn.«
Dr. Mogabe setzte sich wieder und schaute enorm selbstzufrieden drein.
»Wie viele Schläge waren es?«, wollte Annie wissen.
»Das ist zu diesem Zeitpunkt schwer zu sagen«, entgegnete der Arzt. »Ich habe mich bisher bemüht, das Leben des Mannes zu retten, verstehen Sie, ich habe keine Autopsie durchgeführt, aber schätzungsweise würde ich sagen, zwei Schläge auf die linke Schläfe, vielleicht drei. Das hat schon einen enormen Schaden verursacht, unter anderem das Hämatom und die Schädelsplitter. Es gibt auch Anzeichen für ein oder zwei Schläge oben auf das Kranium, die den Schädelknochen eingedellt haben.«
»Oben auf den Kopf?«
»Das Kranium ist der Teil des Kopfes, der nicht das Gesicht bildet, ja.«
»Heftige Schläge? Als ob jemand gezielt zugeschlagen hätte?«
»Kann sein. Aber das kann ich nicht beurteilen. Die Verletzungen haben ihn außer Gefecht gesetzt, waren aber nicht lebensbedrohlich. Der obere Teil des Kraniums ist hart, und auch wenn der Schädelknochen dort eingedellt und angebrochen ist, zerbricht er nicht so schnell, wie gesagt.«
Annie machte sich Notizen.
»Aber das waren nicht die gefährlichsten Verletzungen«, fügte Dr. Mogabe hinzu.
»Nein?«
»Nein, die schlimmste Verletzung wurde von einem oder mehreren Schlägen auf den Hinterkopf verursacht, auf das Stammhirn. Verstehen Sie, dort befindet sich die Medulla oblongata. Sie ifet Herz, Blutbahn und Atemzentrum des Gehirns. Jede größere Verletzung dort kann tödlich sein.«
»Aber Mr. Payne lebt noch.«
»So gerade.«
»Besteht das Risiko, dass er einen permanenten Hirnschaden davonträgt?«
»Er hat bereits einen permanenten Hirnschaden. Wenn Mr. Payne sich erholen sollte, wird er wohl den Rest seines Lebens im Rollstuhl verbringen und rund um die Uhr betreut werden müssen. Das einzig Gute ist, dass er es kaum merken wird.«
»Diese Verletzung der Medulla: Kann die entstanden sein, als Mr. Payne gegen die Wand fiel?«
Dr. Mogabe rieb sich das Kinn. »Ich sage es noch einmal, Detectjve Inspector. Es ist nicht meine Aufgabe, der Polizei beziehungsweise den Gerichtsmedizinern die Arbeit abzunehmen. Ich begnüge mich mit dem Hinweis, dass diese Wunden meiner Meinung nach auf denselben stumpfen Gegenstand zurückzuführen sind wie die anderen. Daraus können Sie schließen, was Sie wollen.« Er beugte sich vor. »Allgemeinverständlich ausgedrückt, diesem Mann wurde ganz übel auf den Kopf geschlagen, Detective Inspector. Ganz übel. Ich hoffe, Sie sind mit mir einer Meinung, dass der Täter vor Gericht gebracht werden muss.«
Scheiße, dachte Annie und verstaute ihren Block. »Aber sicher, Herr Doktor«, sagte sie und steuerte auf die Tür zu. »Sie halten mich auf dem Laufenden, ja?«
»Darauf können Sie sich verlassen.«
Annie schaute auf die Uhr. Es war Zeit, zurück nach Eastvale zu fahren und den täglichen Bericht für Detective Superintendent Chambers zu schreiben.
Nach dem Mittagessen mit Tracy bummelte Banks benommen durch das Zentrum von Leeds und grübelte über die Neuigkeit nach, die er von seiner Tochter erfahren hatte. Die Nachricht von Sandras Schwangerschaft hatte ihn stärker getroffen, als er nach so langer Trennung erwartet hätte. Er stand auf der Briggate vor dem Schaufenster von Curry's und schaute hinein, nahm die Computer, Videorekorder und Stereoanlagen in der Auslage indes kaum wahr. Zum letzten Mal hatte er Sandra im vergangenen November in London getroffen, als er dort nach
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