Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt
Schule?«
»Würde ich nicht unbedingt sagen«, antwortete Hilary. »Sie hat das gemacht, was sie machen musste, um durchzukommen, aber sie war kein Streber.«
»War sie beliebt?«
»Sie kam mit den anderen zurecht. Jedenfalls hat sie sich nie beschwert.«
»Keine Hänseleien, nichts in der Richtung?«
»Also, da war mal so eine Sache mit einem Mädchen, aber das hat sich in Wohlgefallen aufgelöst«, sagte Clive.
»Hat das Mädchen Lucy das Leben schwer gemacht?«
»Nein. Das Mädchen hat sich beschwert, es würde von Lucy geärgert. Es hat behauptet, Lucy würde es bedrohen und Geld verlangen.«
»Und?«
»Nichts. Ihre Aussage stand gegen Lucys.«
»Und Sie haben Lucy geglaubt?«
»Ja.«
»Also ist nichts passiert?«
»Nein. Man konnte ihr ja nichts nachweisen.«
»Und so was ist nie wieder vorgekommen?«
»Nein.«
»Hat sie an außerschulischen Aktivitäten teilgenommen?«
»Für Sport hatte sie nie viel übrig, aber sie hat bei mehreren Theaterstücken mitgespielt. Das konnte sie sehr gut, nicht wahr, Liebes?«
Hilary Liversedge nickte.
»Schlug sie auch mal über die Stränge?«
»Sie konnte lebhaft sein, und wenn sie sich irgendwas in den Kopf gesetzt hatte, dann war sie nicht aufzuhalten, aber ich würde nicht sagen, dass sie unbedingt über die Stränge geschlagen hat.«
»Wie war es zu Hause mit ihr? Wie kamen Sie mit ihr zurecht?«
Wieder schauten sich die beiden an. Eigentlich nichts Besonderes, aber es störte Jenny irgendwie. »Gut. Man hat nichts von ihr gehört. Gab nie Ärger«, sagte Clive.
»Wann ist sie ausgezogen?«
»Mit achtzehn. Sie hat diese Stelle bei der Bank in Leeds bekommen. Wir wollten ihr nicht im Weg stehen.«
»Nicht dass wir es gekonnt hätten«, fügte Hilary hinzu.
»Haben Sie sie in letzter Zeit gesehen?«
Hilarys Gesichtsausdruck trübte sich. »Sie hat gesagt, sie könnte nicht so oft vorbeikommen, wie sie gerne wollte.«
»Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«
»Weihnachten«, antwortete Clive.
»Letztes Jahr Weihnachten?«
»Vorletztes Jahr.«
Wie Pat Mitchell gesagt hatte, Lucy hatte sich von ihren Eltern entfremdet. »Also vor siebzehn Monaten?«
»Kommt hin.«
»Ruft sie an oder schreibt sie?«
»Sie schreibt uns nette Briefe«, sagte Hilary.
»Was erzählt sie Ihnen über ihr Leben?«
»Sie schreibt über die Arbeit und über ihr Haus. Ganz normale Allerweltssachen.«
»Hat sie Ihnen erzählt, wie Terry in der Schule zurechtkam?«
Der Blick, den sie jetzt austauschten, sprach wirklich Bände. »Nein«, antwortete Clive. »Wir haben auch nicht danach gefragt.«
»Wir haben es nicht gutgeheißen, dass sie sich auf den erstbesten Mann eingelassen hat, den sie kennen lernte«, sagte Hilary.
»Hatte sie vor Terry keine anderen Freunde?«
»Nichts Ernsthaftes.«
»Aber Sie fanden, sie könnte was Besseres finden?«
»Wir sagen nicht, dass mit Terry was nicht stimmt. Er macht einen ganz netten Eindruck, und er hat eine ordentliche Arbeit, gute Berufsaussichten.«
»Aber?«
»Aber er schien sie irgendwie zu vereinnahmen, nicht wahr, Clive?«
»Ja, das war schon komisch.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Jenny.
»Uns kam es vor, als ob er nicht will, dass sie uns besucht.«
»Hat er oder sie das mal so gesagt?«
Hilary schüttelte den Kopf. Die lockere Haut schlackerte. »Nicht ausdrücklich. Ich hatte nur so ein Gefühl. Wir hatten so ein Gefühl.«
Jenny notierte es sich. Das Verhaltensmuster passte zu den verschiedenen Phasen einer sadistisch-masochistischen Beziehung, mit der sie sich in Quantico befasst hatte. Der Sadist, in diesem Fall Terry Payne, isoliert seine Partnerin langsam von der Familie. Pat Mitchell hatte ebenfalls angedeutet, Lucy habe sich zunehmend von ihren Freundinnen entfremdet.
»Sie sind halt gerne für sich«, sagte Clive.
»Wie fanden Sie Terry?«
»Er war irgendwie merkwürdig, aber das kann ich nicht genauer beschreiben.«
»Was für ein Mensch ist Lucy?«, fuhr Jenny fort. »Ist sie generell vertrauensselig? Naiv? Unselbstständig?«
»Mit diesen Begriffen würde ich sie eher nicht beschreiben, du, Hilary?«
»Nein«, sagte Hilary. »Zum einen ist sie sehr unabhängig. Hat einen starken Willen. Trifft ihre eigenen Entscheidungen und verfolgt sie konsequent.
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