Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt
vorbei.«
»Ich gebe den wachhabenden Kollegen Bescheid«, sagte Banks. »Wir können zusammen hinfahren, wenn du willst. Ich muss noch einmal mit Lucy Payne sprechen, bevor sie weg ist.«
»Wird sie aus dem Krankenhaus entlassen?«
»Hab ich gehört. Sie ist nur leicht verletzt. Außerdem brauchen die das Bett.«
Annie schwieg, dann sagte sie: »Ich würde lieber allein hinfahren.«
»Gut. Wie du willst.«
»Ach, guck doch nicht so beleidigt, Alan. Das ist nichts Persönliches. Es käme einfach nicht gut. Man würde uns zusammen sehen, auch wenn du das nicht glauben willst.«
»Du hast Recht«, stimmte Banks zu. »Hör mal, wenn du Samstagabend ein bisschen Zeit hast, wie wär's dann mit Essen und ...«
Annies Mundwinkel zogen sich nach oben, und ihre dunklen Augen begannen zu leuchten. »Essen und was?«
»Du weißt schon.«
»Nein, weiß ich nicht. Sag's mir!«
Banks schaute sich prüfend um, ob jemand lauschte, und beugte sich vor. Doch ehe er etwas sagen konnte, gingen die Türen auf, und Detective Constable Winsome Jackman kam herein-. Alle Köpfe drehten sich zu ihr um, zum einen weil sie schwarz war, zum anderen, weil sie eine wunderschöne, gut gebaute Frau war. Winsome hatte Dienst. Banks und Annie hatten ihr gesagt, wo sie zu finden waren.
»Tut mir Leid, Sie zu stören, Sir«, sagte Winsome und zog sich einen Stuhl heran.
»Schon gut«, entgegnete Banks. »Was gibt's denn?«
»Gerade hat Karen Hodgkins von der Soko angerufen.«
»Und?«
Winsome schaute Annie an. »Es geht um Terence Payne«, sagte sie. »Er ist vor einer Stunde im Krankenhaus gestorben, ohne noch einmal das Bewusstsein zu erlangen.«
»Oh, Scheiße«, sagte Annie.
»Hm, jetzt wird es richtig interessant«, bemerkte Banks und zündete sich die nächste Zigarette an.
»Erzähl mir von den sieben Alderthorpe-Kindern«, sagte Banks später am Abend zu Hause ins Telefon. Er hatte es sich gerade mit Duke Ellingtons Black, Brown and Beige, der neuesten Gramophone und zwei Fingerbreit Laphroaig gemütlich gemacht, als Jenny anrief. Banks stellte die Musik leiser und griff nach den Zigaretten. »Ich meine«, fügte er hinzu, »ich kann mich vage erinnern, damals davon gehört zu haben, aber ich weiß nichts Genaues mehr.«
»So viel hab ich auch nicht«, gestand Jenny. »Nur das, was die Liversedges mir erzählt haben.«
»Schieß los!«
Am anderen Ende raschelte Papier. »Am 11. Februar 1990«, begann Jenny, »stürmten Polizei und Sozialarbeiter im Morgengrauen das Dorf Alderthorpe in der Nähe von Spurn Head an der Küste von East Yorkshire. Sie gingen der Behauptung nach, dort würden Kinder bei satanischen Ritualen misshandelt. Außerdem ermittelten sie im Fall eines vermissten Kindes.«
»Von wem kam der Hinweis?«, wollte Banks wissen.
»Weiß ich nicht«, antwortete Jenny. »Hab ich nicht gefragt.«
Banks notierte es sich für später. »Gut. Erzähl weiter!«
»Ich bin kein Polizist, Alan. Ich hab keine Ahnung, was ich für Fragen stellen muss.«
»Du hast es bestimmt toll gemacht. Erzähl weiter!«
»Sechs Kinder aus zwei Haushalten wurden in staatliche Obhut genommen.«
»Was genau soll da passiert sein?«
»Zuerst war das nicht klar. Ich zitiere: >Obszönes, lüsternes Verhalten. Rituelle Musik, Tänze und Kostüme<.«
»Hört sich an wie samstagabends auf dem Revier. Noch was?«
»Nun, jetzt wird es langsam interessant. Und pervers. Es sieht aus, als ob das einer der wenigen Fälle wäre, in dem die Behörden eingegriffen haben und die Schuldigen verurteilt wurden. Die Liversedges wollten mir nur sagen, dass von Folter die Rede war, dass die Kinder gezwungen wurden, Urin zu trinken und ... Mensch, ich bin nicht zimperlich, Alan, aber dabei dreht sich mir echt der Magen um.«
»Schon gut. Immer mit der Ruhe.«
»Die Kinder wurden gedemütigt«, fuhr Jenny fort. »Manchmal auch verletzt, tagelang ohne Essen in Käfige gesperrt, bei satanischen Ritualen als Objekte sexueller Befriedigung benutzt. Ein Kind, ein Mädchen namens Kathleen Murray, wurde tot aufgefunden. Die Leiche wies Zeichen von Folter und sexuellfem Missbrauch auf.«
»Woran starb sie?«
»Sie wurde erdrosselt. Außerdem war sie misshandelt und ausgehungert worden. Die Polizei wurde verständigt, als sie länger nicht zur Schule kam.«
»Und das konnte vor Gericht bewiesen
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