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Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall

Titel: Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Chopin, Balzac, Proust, Edith Piaf, Colette. Auf dem Bild steht Luke am Grab von Jim Morrison. Kennen Sie Jim Morrison?«
      »Hab von ihm gehört«, sagte Annie, denn sie erinnerte sich, dass Freunde ihres Vaters noch Jahre nach Morrisons Tod lautstark die Platten der Doors gespielt hatten. Insbesondere »Light My Fire« und »The End« hatten sich tief in ihr Gedächtnis eingegraben.
      »Es ist komisch«, sagte Robin, »aber die meisten Leute, die zu diesem Grab pilgern, waren noch nicht mal geboren, als Morrison seine große Zeit hatte. Selbst ich war noch ein kleines Mädchen, als die Doors zum ersten Mal groß rauskamen.«
      Demnach war Robin Armitage Anfang vierzig, aber sie war immer noch eine beeindruckende Erscheinung, fand Annie. Die goldenen Locken fielen ihr auf die schmalen Schultern und glänzten im wirklichen Leben genauso schön wie in der Shampoowerbung. Trotz ersichtlicher Sorge und Anspannung beeinträchtigte kaum ein Fältchen ihren glatten, blassen Teint. Robin war zwar kleiner, als Annie erwartet hatte, aber ihre Figur war so schlank wie auf den Werbeplakaten. Robins Lippen, die vor einigen Jahren in einer berühmten Fernsehwerbung so verführerisch kalorienarmes Eis vom Löffel geschleckt hatten, hatten nichts von ihrer Fülle und Farbe eingebüßt. Selbst der Schönheitsfleck im Mundwinkel, den Annie immer für aufgemalt gehalten hatte, war offensichtlich echt.
      Ja, Robin Armitage war so schön wie vor zwanzig Jahren.
      Eigentlich hätte die Frau Annie auf Anhieb unsympathisch sein müssen, aber das war sie nicht. Es war nicht allein der vermisste Sohn, sondern das Menschliche, Verletzliche, das Annie hinter der teuren Modelfassade spürte.
      »Das ist in Ordnung«, sagte Annie und schob das Bild in ihre Aktentasche. »Ich lasse es sofort verteilen, wenn ich zurück bin. Wie ist er angezogen?«
      »Wie immer«, sagte Robin. »Schwarzes T-Shirt und schwarze Jeans.«
      »Wieso wie immer? Soll das heißen, dass er immer schwarz trägt?«
      »Das ist eine Phase«, sagte Martin Armitage. »Behauptet jedenfalls seine Mutter.«
      »Ist es auch, Martin. Wart's ab, irgendwann ist es vorbei. Wenn wir ihn noch mal wiedersehen.«
      »Machen Sie sich keine Sorgen, Mrs. Armitage. Er taucht schon wieder auf. Bis dahin hätte ich gerne noch mehr Informationen über Luke, alles, was Sie über seine Freunde, seine Hobbys, seine Bekannten wissen und das uns helfen kann herauszufinden, wo er sich aufhält. Zuerst mal: Haben Sie ein gutes Verhältnis zu ihm? Hat es in letzter Zeit Auseinandersetzungen gegeben?«
      »Nicht, dass ich wüsste«, erwiderte Robin. »Ich meine, nichts Ernstes. Wir haben ein gutes Verhältnis. Luke hat alles, was er braucht.«
      »Ich habe die Erfahrung gemacht«, versuchte es Annie, »dass niemand alles hat, was er braucht, selbst wenn die, die ihn innig lieben, davon überzeugt sind. Die Bedürfnisse der Menschen sind vielfältig und manchmal sehr schwer zu erahnen.«
      »Ich meinte damit nicht nur das Materielle«, sagte Robin. »Es ist nämlich so, dass Luke sich nicht sonderlich für Geld interessiert, höchstens um sich Computerprogramme oder Bücher zu kaufen.« Tränen stiegen Robin in die blauen Augen mit den langen Wimpern. »Ich meinte damit, dass wir ihm all unsere Liebe geben.«
      »Daran zweifle ich nicht«, sagte Annie. »Woran ich gedacht habe, war eher, dass er vielleicht etwas machen wollte, was er von Ihrer Seite her nicht durfte.«
      »Zum Beispiel?«, fragte Robin.
      »Zum Beispiel etwas, das Ihnen nicht recht war. Ein Konzert besuchen. Freunde haben, die Ihnen nicht gefallen. Solche Sachen.«
      »Ah, jetzt verstehe ich. Aber da wüsste ich nichts. Du, Liebling?«
      Martin Armitage schüttelte den Kopf. »Verglichen mit anderen Eltern, sind wir wohl eher liberal«, sagte er. »Uns ist klar, dass Kinder heutzutage schnell groß werden. Ich bin selbst schnell groß geworden. Und Luke ist ein kluger Junge. Mir fällt kein Film ein, den ich ihm verboten hätte, außer natürlich einen Porno. Im Übrigen ist er eher still und schüchtern, nicht besonders kontaktfreudig. Er ist ziemlich verschlossen.«
      »Er ist sehr kreativ«, fügte Robin hinzu. »Er liest viel und schreibt Geschichten und Gedichte. Als wir in Frankreich waren, ging es immer nur um Rimbaud, Verlaine und Baudelaire.«
      Von ihrem Vater kannte Annie die Namen dieser Dichter, einige hatte sie sogar gelesen. Für einen Fünfzehnjährigen

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