Inspector Alan Banks 14 Kein Rauch ohne Feuer
zitternd da, geschüttelt von Weinkrämpfen.
Die Tür ging auf, und der Constable schob den Kopf um die Ecke. Banks gab ihm ein Zeichen zu verschwinden. Lange stand Mark einfach da, den Rücken Banks zugewandt, den Kopf gesenkt, die Fäuste geballt. Sein Körper bebte. Banks ließ ihn in Ruhe. Leise lief die Musik im Hintergrund, und jetzt glaubte Banks das Adagio aus einem späten Streichquartett von Beethoven zu erkennen. Schließlich wischte Mark sich mit dem Arm übers Gesicht, stellte den Stuhl wieder hin und setzte sich. Auf seine Knie starrend, murmelte er: »'tschuldigung.«
»Schon in Ordnung«, sagte Banks.
»Ist bloß ... ich wusste es eigentlich längst. Ich hab's sofort gewusst, als ich zum Boot kam. Sie konnte gar nicht runterkommen.«
»Immerhin sieht es aus, als hätte sie nicht gelitten, wenn Sie das irgendwie beruhigt.«
Mark fuhr sich mit dem Handrücken über die laufende Nase. Banks reichte ihm eine Packung Taschentücher, die seit seiner Erkältung im Dezember auf dem Schreibtisch lag.
»Tja, wenigstens muss sie jetzt nicht mehr leiden«, meinte Mark schniefend. Er schaute Banks ins Gesicht. »Sind Sie sicher, dass sie nicht gelitten hat? Ich hab schreckliche Sachen über Feuer gehört.«
»So wie es aussieht«, erwiderte Banks, »starb sie wahrscheinlich im Schlaf an einer Rauchvergiftung, ohne dass sie überhaupt gemerkt hat, dass es brannte.« Banks hoffte, dass er die Wahrheit sagte. »Sehen Sie, Mark, wir stehen noch am Anfang. Falls Sie mir noch irgendwas zu sagen haben, dann tun Sie das am besten jetzt.«
Mark warf ihm einen Blick zu. »Gibt nichts zu sagen. Ich hab nicht gelogen, als ich gesagt hab, wo ich war. Auch wenn ich mir deswegen in den Arsch beißen könnte.«
»Sie waren also von halb elf bis vier Uhr morgens unterwegs?«
»So ungefähr, ja. Hören Sie, diese Tests werden doch bestimmt -«
»Ich muss das von Ihnen selbst hören.« Der Junge tat Banks Leid, aber er musste sich an die Vorschriften halten. »Wir haben es hier mit einem Mord zu tun«, sagte er, »sogar mit zwei Morden. Ich brauche noch eine Menge Informationen von Ihnen.«
»Tina ist ermordet worden? Wer sollte denn so was tun?« Wieder füllten sich Marks Augen mit Tränen.
»Wahrscheinlich war ihr Tod gar nicht beabsichtigt, aber es läuft ja auf dasselbe hinaus.«
»Es ging um Tom?«
»Sieht so aus, ja. Aber da wäre noch was, eine weitere Straftat.«
Mark wischte sich über die Augen. »Was denn?«
»Sind Sie drogenabhängig, Mark?«
»Was?«
»Ob Sie drogenkrank sind. Ein Junkie?«
»Ich habe Sie schon verstanden.«
»Ja, und?«
»Nein.«
»Und Tina?«
»Tina war ...«
»Was?«
»Ach, nichts.«
»Hören Sie, Mark, wir haben auf dem Boot eine Spritze neben ihr gefunden. Ich werde Ihnen deswegen keinen Ärger machen, aber Sie müssen mir die Wahrheit sagen. Es könnte wichtig sein.«
Mark schaute auf seine Schuhe.
»Mark«, drängte Banks.
Schließlich seufzte Mark tief und sagte: »Sie war nicht abhängig. Sie hatte es unter Kontrolle.«
»Aber sie nahm regelmäßig was?«
»Ja.«
»Und was genau?«
»Alles. Wenn was da war, Heroin. Morphium, Methadon, Demerol, Valium, Beruhigungsmittel. Hauptsache, sie konnte entspannen. Aufputschmittel nie. Sie meinte, davon würde sie aufgedreht, und das würde sie nur paranoid machen. Von Joints, LSD und Ecstasy hat sie immer die Finger gelassen. Da sah sie Sachen, die sie nicht sehen wollte. Sie müssen wissen, Tina war vollkommen unselbstständig. Sie kam allein nicht klar. Ich hätte bei ihr bleiben sollen. Sie hatte solche Angst.«
»Wovor?«
»Vor allem. Vor dem Leben, vor der Dunkelheit, vor Männern. Sie hat einiges durchgemacht. Deshalb hat sie ... es war so was wie eine Flucht für sie.«
»Hatte Tina etwas da, als Sie gingen?«
»Heroin. Sie machte es grade fertig.« Wieder begann Mark zu weinen. Er ballte die Hände zu Fäusten. Banks sah, dass seine Finger tätowiert waren. Darauf stand jedoch nicht LOVE und HATE wie bei Robert Mitchum in Die Nacht des Jägers, sondern links TINA und rechts MARK.
»Woher hatte sie das Heroin?«
»Von 'nem Dealer in Eastvale.«
»Und wie heißt der?«
Mark schwieg. Banks spürte, dass er zögerte, jemanden zu verpfeifen, selbst wenn es ein Dealer war. Der innere Kampf stand ihm ins Gesicht geschrieben. Schließlich gewannen
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